Interessantes aus KW 13/2018

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Die HSH Nordbank wurde von Hamburg und Schleswig-Holstein verkauft, was vom neuen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als Erfolg hingestellt wurde. Doch wenn man ein bisschen hinter die Kulissen schaut, wie es ein etwa neunminütiger Bericht der ARD-Sendung Panorama macht, dann sieht man, dass Scholz als Bürgermeister von Hamburg zwar nicht das Desaster ursächlich zu verantworten hat, allerdings bei der Abwicklung federführend war. Und das dürfte den Steuerzahler etliche Milliarden kosten – und Scholz hat kein Problem damit, sich seine Sicht der Dinge auch öffentlich zurechtzulügen. Wie schäbig! [Karl]

2. Nicht wirklich überraschend, dass nach dem Putsch von Brasilien im Jahr 2016 nun versucht wird, unliebsame Stimmen und Kandidaten zum Schweigen zu bringen. Ein Artikel auf amerika21 berichtet, wie der ehemalige Präsident Lula de Silva gerade in einem recht fragwürdigen Prozess zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. Noch drastischere Konsequenzen bekam laut einem Artikel von der Freitag Marielle Franco zu spüren: Die linke Politikerin aus Rio de Janeiro, die sich vor allem für die Belange der Armen starkmachte, wurde aller Voraussicht nach genau deswegen vor Kurzem erschossen. Ob es etwas mit der strikt neoliberalen Ausrichtung der Temer-Regierung zu tun hat, dass über solche Vorfälle kaum in deutschen Medien berichtet wird? [Karl]

3. Über den Fall Oury Jalloh, der 2005 in Dessau in einer Zelle der Polizeistation verbrannte, haben wir ja schon ausführlicher berichtet. Nun findet sich auf der Website von MDR Kultur ein Interview mit dem Toxikologen Prof. Gerold Kauert, der einer der Gutachter bei diesem Fall war. Dessen Aussagen sind ziemlich eindeutig: Oury Jalloh war zum Zeitpunkt des Brandausbruchs nicht bei Bewusstsein und muss insofern von jemand anderem angezündet worden sein. Dass die Justiz Ermittlungen in diese Richtungen nach wie vor blockiert und behindert, findet Kauert ausgesprochen befremdlich. [Karl]

4. „Putin strafen, Erdogan schmieren“ – mit diesem Titel seines Kommentars in der taz fasst Eric Bonse die Doppelzüngigkeit der derzeitigen EU-Außenpolitik sehr treffend zusammen. Es mutet in der Tat wie Hohn an, dass die Ausweisung russischer Diplomaten aus 14 EU-Staaten von EU-Ratspräsident Tusk ausgerechnet bei einem Treffen mit dem türkischen Despoten im bulgarischen Warna verkündet wurde. Tatsächlich und nachweislich begangene Menschenrechtsverletzungen scheinen also weniger wichtig zu sein, wenn „Freunde“ sie begehen, als nicht bewiesene Schuldvermutungen gegenüber „Feinden“. Was für ein außenpolitischer Irrsinn! [Karl]

5. In einem Artikel auf Telepolis beschreibt der niedersächsische Polizeibeamte Michal Schütte am Beispiel der momentanen Demonstrationen von Kurden in Deutschland gegen den Angriffskrieg der Türkei in Nordsyrien, wie Proteste diskreditiert und auch kriminalisiert werden – im Zusammenspiel von Politik, Medien und Polizei. Gerade im Hinblick auf die überall drohenden Verschärfungen der Landespolizeigesetze eine ausgesprochen bedenkliche Entwicklung, die Grundrechte wie das Demonstrationsrecht und die Versammlungsfreiheit beschneidet. [Karl]

6. Jens Berger beschäftigt sich in einem Artikel auf den NachDenkSeiten mit Europa – und kommt nicht umhin festzustellen, dass von der ursprüngliche Idee eines gemeinschaftlichen und freundschaftlichen Europas kaum noch etwas übrig ist. Vielmehr wird Europa heutzutage nur nach als Scheinargument ins Feld geführt, wenn es darum geht, rabiaten Marktradikalismus oder militärische Aggressivität zu legitimieren. Und wenn man das kritisiert und den integrativen Aspekt der europäischen Einigung betont, dann gilt man schnell als Antieuropäer – absurd! [Karl]

7. Es lohnt sich, ab und zu mal einen Blick zu unseren „Freunden“, den „lupenreinen Demokraten“ in der Ukraine zu werfen, wie es ein Interview mit dem ukrainischen Rechtsanwalt Vitalii Serdiuk in der jungen Welt tut. Daraus geht hervor, dass es mit der Rechtsstaatlichkeit nach wie vor nicht weit her ist unter dem Poroschenko-Regime, denn Anwälte, die Regimekritiker oder -gegner vertreten, haben mit Repressionen bis hin zu Mordanschlägen zu rechnen. Und die Schüsse auf dem Kiewer Maidan, bei denen 2014 zwölf Menschen starben und Hunderte verletzt wurden, sollen anscheinend auch nicht aufgeklärt werden. [Karl]

8. Letzte Woche gab es eine neue Folge von Die Anstalt im ZDF. Zusammen mit ihren Gästen Ulan & Bator, Lisa Eckhart und Till Reiners nahmen sich Claus von Wagner und Max Uthoff dieses Mal die deutsche Rüstungsindustrie vor. Natürlich ging es dabei dann auch um die politischen Entscheidungen, die Rüstungsexporte überhaupt erst ermöglichen – und wie man Ausfuhrbeschränkungen umgehen kann, oftmals mit diensteifriger Hilfe der Politik. Ein schmutziges Thema, das zwar wie immer pointiert aufbereitet wurde, aber einen doch eher nicht so gut gelaunt zurücklässt. [Karl]

9. In Frankfurt/Oder ist der von den Linken und den Grünen gemeinsam aufgestellte René Wilke zum Oberbürgermeister gewählt worden. In einem Artikel in der taz wird nun nicht nur Wilke selbst vorgestellt, sondern auch beleuchtet, was in Frankfurt in den letzten Jahren politisch anders gemacht wurde (und wohl auch zukünftig weiterhin anders gemacht wird), sodass dort Rechtspopulismus und AfD bei Weitem nicht so stark sind wie in anderen brandenburgischen Städten, die ähnliche Probleme aufweisen. Mit Bürgernähe und Bürgerbeteiligung kann man also dem generellen politischen Trend schon ein Stück weit entgegenwirken. [Karl]

10. Die Sendung exakt (MDR) beschäftigt sich in einem (für meinen Geschmack etwas zu einseitig beleuchteten) siebenminütigen Bericht mit der Langzeitarbeitslosigkeit. Die Zahlen und Sichtweise sind mir etwas zu sehr an der Sicht der Ämter orientiert, aber die psychologische Arbeit mit den Betroffenen ist eine sinnvolle und langfristig wirkende Investition (weit sinniger, als diese stumpfen Maßnahmen, in die Leute teilweise gesteckt werden). Zwiespalt, aber durchaus sehenswert. [Dirk]

11. Auch diese Woche kann ich den 59-minütigen Beitrag von scobel (3sat) nur wärmstens empfehlen: „Die Macht der Lobbyisten“ beschäftigt sich mit der politischen Beeinflussung von Konzernen und Interessenverbänden. Wie funktionieren diese Mechanismen und was kann man zur Stärkung der Demokratie dagegen tun? Mit einem Volkswirt und zwei Rechtswissenschaftlern diskutiert Gert Scobel das Thema ausführlich, und dennoch könnte die Sendung auch zwei Stunden länger laufen. Komplexer Sachverhalt mit einem Meer von Vorschlägen zur Verbesserung … [Dirk]

12. Wie kümmerlich es mit dem Recycling in Deutschland steht, deckt die Doku-Reihe ZDFzoom in einem 28-minütigen Beitrag auf. Wie in so vielen Bereichen werden Gesetze zur Beruhigung der Bürger gemacht, aber diese sind eben gern mehr Schein als Sein. So scheint es auch mit dem Recycling in Deutschland zu sein, denn die oberste Direktive „Müllvermeidung“ hat bisher einzig und allein die Plastiktüte ins Exil geschickt (wofür ich schon sehr dankbar bin!). [Dirk]

13. In einem Artikel auf der foodwatch-Website werden die positiven Auswirkungen eines Gesetzes in Großbritannien beschrieben, das Süßgetränke mit einem Wert von mehr als 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter höher besteuert. Zwar ist dabei noch nicht alles Gold was glänzt, aber viele Hersteller haben den Zuckergehalt ihrer Produkte gesenkt, und zwar stärker als erwartet. In Deutschland ist so was leider nicht zu erwarten, da die zuständigen Bundesministerien von Julia Klöckner (CDU, Landwirtschaft und Ernährung) und Olaf Scholz (SPD, Finanzen) geführt werden – und damit von zwei ausgesprochen lobbyhörigen Wirtschaftsfreunden. [Karl]

14. Es mehren sich die kritischen Stimmen zum diplomatischen Eskalationskurs vieler EU-Staaten gegenüber Russland nach dem Anschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter. So berichtet ein Artikel auf der Website von MDR Aktuell, dass auch der ehemalige Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) Gerhard Schindler und der frühere OSZE-Vizeprädisdent und Verteidigungsexperte Willy Wimmer (CDU) es nicht als erwiesen ansehen, dass Russland hinter dem Giftgasattentat stecken würde. Leider scheint Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nicht viel auf die Meinungen derartiger Experten zu geben … [Karl]

15. Harsche Kritik an der SPD und deren jüngstem Vorschlag eines „sozialen  Grundeinkommens“ zur Reduzierung der Zahl der Hartz IV beziehenden Langzeitarbeitslosen formuliert Arno Widman im Leitartikel in der Frankfurter Rundschau. Er sieht darin nämlich vor allem einen Versuch der populistischen Symptomdokoterei, als dass tatsächlich tragfähige Zukunftskonzepte von der SPD vorgelegt werden, wie der zurzeit in Gang befindliche Umbau der Industriegesellschaften sozialverträglich gestaltet werden könnte. [Karl]

 

 

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