AfD – Rechtsaußen-Nationalisten mit wirtschaftswissenschaftlichem Deckmäntelchen

Nach der Volksabstimmung in der Schweiz, bei der die Entscheidung pro Zuwanderungsbeschränkungen gefallen ist, meldet sich aus Deutschland sogleich die AfD (Alternative für Deutschland) zu Wort und fordert Ähnliches auch für Deutschland. Nun wird diese Partei immer noch in den meisten Medien als eurokritisch tituliert, dabei trifft es das nicht so richtig, denn rechtsextrem-nationalistisch wäre da schon die treffendere Bezeichnung, wie man auch an diesem Beißreflex auf das Schweizer Votum sieht.

Dies mache ich nun allerdings nicht nur an dieser Äußerung fest, sondern das ist schon seit der Gründung der AfD zu beobachten. Die Nachdenkseiten berichteten schon im März 2013 darüber, wer denn überhaupt hinter dieser Partei steckt, und da konnte man schon nichts Gutes ahnen bei dieser Mischung aus wirtschaftlichen Stammtischparolen, Marktradikalismus sowie nationalistischem und sozialdarwinistischem Gedankengut, was sich dort in prominenten Positionen findet. Und auch in meinem Artikel vor Kurzem hier auf unterströmt über Hitzlsperger und die Homophobie fand sich ein Verweis auf das rückwärtsgewandte und schwulenfeindliche Weltbild von Parteiführer Bernd Lucke. Doch das ist noch lange nicht alles …

Dass die AfD immer wieder Zuläufe aus dem rechten Lager anderer politischer Gruppierungen hat (wie beispielsweise von Die Freiheit), wir mittlerweile selbst in der Partei erkannt, doch Bernd Lucke sieht darin kein Problem, wie man hier lesen kann. Das Interesse von Rechtsaußen für die AfD ist nun allerdings auch nicht verwunderlich, wenn man sich anschaut, was für Gestalten dort immer wieder prominent in Erscheinung treten. So zum Beispiel Menno Aden, über den Publikative.org einiges zu berichten weiß (leider nicht mehr online aufrufbar), was jedem aufrechten Demokraten die Nackenhaare aufstellen dürfte. Aden kandidiert bei der kommenden Europawahl für die AfD.

Und dann war da ja auch noch Kamerad Lücht, der gern schon mal mit, wohlwollend gesagt, markigen Sprüchen unangenehm auffällt, wie man hier sehen kann. Nicht ganz so wohlwollend kann man das auch einfach als menschenverachtend bezeichnen. Eine Facebook-Freundin von mir, Melanie Gilbert, hat daraufhin folgende Erfahrung mit der AfD gemacht, die sie mir schilderte:

Ich las auf Facebook ein Posting. Dieses sagte aus, dass ein Herr Holger Lücht sinngemäß gesagt habe, dass Klaukids vor Ort gezüchtigt werden sollten und dass man sie notfalls auf eine heiße Herdplatte setzen sollte. Er würde sich dafür Zeit nehmen.

Eben dieser Herr bekam dann durch einen anderen Admin meiner Diskussionsgruppe Zugang zu derselben. Ich habe erst mal die Quelle gesucht und auch gefunden. Dann habe ich auf der Haupt-Facebook-Seite der AFD sinngemäß Folgendes gepostet:

Sehr geehrte Damen und Herren, wie ich selbst lesen konnte, ruft ein Mitglied der AFD hier in Facebook öffentlich zu Selbstjustiz auf und zur Züchtigung von straffälligen Kindern. Siehe Link. Ich bitte um Mitteilung, wie die AfD dazu steht.

Dann ergaben sich zwei Handlungsstränge. 1. Diskussion auf der AfD-Seite: Ich wurde im Rahmen der dort stattfindenden Diskussion aufs Heftigste beschimpft, nur weil ich nachgefragt habe. Linksstinkiger Gutmensch war noch harmlos und nahezu witzig. Ein Kommentar, der dann auch sehr viele Likes bekam, lautete sinngemäß: Ich hoffe, Du und Deine Tochter und Deine Mutter werden von stinkenden Ausländern vergewaltigt. Ich stelle mich daneben und applaudiere. So was wie Du sollte ausgemerzt werden. Diesen Kommentar wollte ich melden und konnte es nicht. Ich konnte auch den Thread nicht mehr kommentieren.

Um sicherzugehen, dass nicht der Thread geschlossen worden war oder ein Facebook-Fehler vorlag, loggte sich mein Mann an meinem Computer ein, und siehe da: Es ging alles. Das lässt nur einen Schluss zu: Ich wurde für die Seite gesperrt. Das geht, hab selbst mehrere Seiten und hab’s probiert: Der Gesperrte kann nichts machen, aber alles immer noch sehen. Ich habe dann die AfD angeschrieben und mich beschwert. Es kam ein freundliches, aber nichtssagendes Schreiben zurück: Die Äußerung sei nicht bekannt, aber nicht im Sinn der AfD, und das andere war ein Facebook-Fehler. Die anstößigen Kommentare wurden nicht gelöscht. Der mit der Vergewaltigung wurde, wie Facebook meinem Mann mitteilte, von Facebook gelöscht.

2. Diskussion mit Herrn Lücht in meiner Gruppe: Der Herr schrieb nur Mist: Es sei kein Aufruf zur Selbstjustiz etc. Aus der Diskussion hat ein Freund von mir ein Bild [dieses hier, weiter oben schon verlinkt] gemacht. Alle Äußerungen stammen von Herrn Lücht bzw sind von seinem Account gepostet worden.

Wie nicht anders zu erwarten war, sind es also nicht nur die AfDler selbst, die rechtsextreme Tendenzen aufweisen, sondern eben auch deren Anhänger.

Nun könnte man sagen, dass eine weitere rechtsradikale Partei ja nicht weiter schlimm wäre, denn dann graben die sich wenigstens gegenseitig mit der NPD und Co. schön das Wasser ab. Leider sieht das bei der AfD etwas anders aus, denn hier sind durchaus eloquente Leute am Start, die sich um Längen besser auszudrücken vermögen, als dass die Rumpelbölker von der NPD können, die man im Grunde nur ein bisschen reden lassen muss, bis sie sich für jeden halbwegs intelligenten Menschen schon von selbst disqualifizieren. Die Stammtischparolen der AfD sind zwar genau die gleichen, allerdings kommt die Verpackung so daher, dass viele Deutsche und auch viele Medien die AfD als wirtschaftskompetente Partei sehen, die eben kritisch zum Euro steht. Dadurch erreichen sie eine ganz andere Hoffähigkeit und werden auch auf den ersten Blick erst mal für Leute wählbar, die sonst eigentlich nicht (oder nur sehr latent) dem rechten Spektrum zuzurechnen sind. Nach Sarrazin ein weiterer Schritt dazu, nationalistisches und ausländerfeindliches Gedankengut in der Mitte der deutschen Gesellschaft zu etablieren. Die Auswirkungen davon sind auch schon zu erkennen, wenn man sieht, wie andere Parteien darauf reagieren. Die widerliche Wer betrügt, der fliegt-Kampagne der CSU kann zumindest schon mal als Versuch gedeutet werden, vor der anstehenden Europawahl der AfD die rechten Wähler abspenstig zu machen, wenn nicht sogar Luckes Partei rechts zu überholen.

Was es übrigens mit der immer wieder erwähnten Wirtschaftskompetenz der AfD auf sich hat, wird anhand eines Artikels auf den Nachdenkseiten und einer Auseinandersetzung von Heiner Flassbeck mit einer Rede Bernd Luckes deutlich – nämlich nichts! Es geht der AfD ausschließlich um Populismus und das Streuen von Schlagworten, um eine antieuropäische Stimmung zu verbreiten. Wer eine wirklich fundierte Diskussion über eine mögliche Auflösung der Eurozone und die Folgen davon sowie die ursächlichen Probleme bei der Währungsunion verfolgen möchte, dem empfehle ich die seit einigen Monaten immer wieder mit Repliken geführte Debatte in den Blättern für deutsche und internationale Politik zwischen Wolfgang Streeck, Jürgen Habermas und anderen (gibt’s ab dem 15. 2. auch als Buch). Der Unterschied zu Luckes substanzlosem Geschwafel ist mehr als augenfällig!

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

2 Gedanken zu „AfD – Rechtsaußen-Nationalisten mit wirtschaftswissenschaftlichem Deckmäntelchen“

  1. Gerade ging durch die Medien (z. B. hier nachzulesen), dass Lucke nach nur elf Minuten die Aufzeichnung einer Talkshow von Michel Friedman verlassen hat [Nachtrag vom 25. 4.: Mittlerweile kann man sich das auch auf YouTube an schauen.]. Aufgrund der Äußerung der AfD-Spitzenkandidation für die Europawahl Beatrix von Storch Multikulti hat die Aufgabe die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen stellte Friedman die Frage: Wenn das nicht Rassismus ist, was ist dann Rassismus? Hierauf gab Lucke keine Antwort, und als Friedman dann erneut diese Frage stellte, verließ der AfD-Führer das Studio.
    Das ist nun schon bezeichnend genug, allerdings wird es richtig unappetitlich, wenn man sich anschaut, was Luckes Anhänger auf der Facebook-Seite der rechten Zeitschrift „Junge Freiheit“ dazu posteten.
    Wer da immer noch der Ansicht ist, dass die AfD kein Sammelbecken für Rechtsradikale, Antisemithen, Rassisten und ähnliches Geschmeiß ist, dem ist leider auch nicht mehr zu helfen. In jedem Fall zeigt es, dass ich mit meiner Enschätzung von vor ein paar Tagen, als ich diesen Artikel schrieb, doch sehr richtig gelegen habe.

  2. Gerade habe ich mal den Wikipedia-Artikel zu Beatrix von Storch durchgelesen, nachdem ihr rassistischer Multikulti-Spruch ja als Grundlage für Luckes unrühmlichen Abgang bei Friedman lieferte. Es spricht für sich, dass so eine Person bei der AfD ganz vorn mit dabei ist: reaktionär bis ins Mark, honosexuellenfeindlich, fremdenfeindlich, das Ganze dann noch garniert mit ein wenig Adelsdünkel. Solche Leute wären nicht mal im 19. Jahrhundert eine Alternative für Deutschland gewesen, sondern schon damals das Establishment von vorgestern.

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