Die Verhandlungen zwischen Lobbyisten und Regierung gehen hinter verschlossenen Türen unter Ausschluss der Öffentlichkeit einfach weiter, so als ob sich kein Widerstand gegen das TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen) formieren würde. Offenkundig werden die drastischen Folgen für die Bürger der EU totgeschwiegen und die möglichen Zuwächse an Arbeitsplätzen schöngeredet. Wenn ich sehe, wie einfach man sich darüber informieren kann, muss ich da von einer fehlgeleiteten Interessenvertretung deutscher Politiker ausgehen. Ein etwas einseitiger, aber erhellender Beitrag ist in der 3sat Mediathek bei Nano gelaufen, der eben auch zeigt, dass die EU Politiker selbst genau wissen, was da gespielt wird.
Da kommt der EU-Handelkommissar Karel de Gucht selber ins Straucheln, wenn seine eigenen Zahlen auf den Tisch kommen. Der Hauptautor aller für das deutsche Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studien, Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut, spricht von geringen Effekten und sagt selbst, dass man „dem Ministerium den Vorwurf machen kann, dass die Informationspolitik nicht so ausbalanciert ist, wie sie hätte sein können„. Und mit einer erfrischenden Offenheit spricht Dagmar Roth-Behrendt, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, über die bereits jetzt bei ihr eingeforderten Zugeständnisse in Zusammenhang mit dem nahenden TTIP.
Da das Abkommen hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, sind natürlich auch keine Details bekannt. So gehen die Spekulationen von Lebensmitteln bis zu Literatur und Film. In den USA gelten Lebensmittel so lange als ungefährlich, bis das Gegenteil bewiesen ist. In der EU ist es (bis jetzt) genau anders herum: Nur wenn ein Lebensmittel nachgewiesen unschädlich ist, darf es ungehindert auf den Markt. So kommt es, dass in den USA die Gentechnik nicht gekennzeichnet wird und der ungefähre Anteil an Lebensmitteln mit gentechnisch veränderten Inhaltsstoffen bei 60 % liegt. So zieht sich das Schreckensszenario über nationale Filmprojekte (hier ein anschaulicher Brief der SPIO) ohne Zukunft bis zur Buchpreisbindung und dem damit einhergehenden literarischen Untergang.
Die Liste der Aktionen gegen das TTIP ist beeindruckend, und ich kann nur dazu ermuntern, jede Aktion zu unterschreiben. Wenn wir da nicht gemeinsam am Ball bleiben, dann heisst es: bye, bye, Demokratie!
Ulrike Herrmann hat sich im Zuge der TTIP-Diskussion ein bisschen genauer mit den Freihandelsabkommen generell auseinandergesetzt. Freihandel – Projekt der Mächtigen ist ein etwas längerer, aber ausgesprochen lesenswerter Text.