So funktioniert der Pegida-Fan

Was man doch so alles findet über die Netzwerke von Freunden bei Facebook … Mitunter Erschreckendes, manchmal Amüsantes, häufig Dümmliches oder eben auch ein Posting von jemandem, bei dem ein Blick auf das Profil offenbarte, dass er Pegida ganz super findet und auch sonst deutlich rechte Schlagseite zu haben scheint. Dieser Typ mit dem Nickname Mario Kassel postete ein etwa einminütiges Video, in dem Gregor Gysi in einer Sendung des Fernsehsenders Phoenix ein paar Sekunden lang etwas über Pegida sagt. Hier mal der Link zu dem Video, das ich gerade nur auf Mario Kassels Facebook-Profil finde, der das noch mit der Aussage garniert:

Was soll man dazu noch sagen ???
Gregor Gysi zu Pegida

Was der Einsteller der Videos damit vermitteln will: Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Gysi sagt, seine Diäten würden erhöht, anstatt das vernünftige Renten gezahlt werden! Solche Politiker würden wir nicht brauchen, wird empört gewettert in selbst gemachten Texteinblendungen in dem Video.

Nun sollte man nur solche einzelnen Sätze vielleicht nicht so ohne Weiteres aus ihrem Zusammenhang reißen, und zum Glück ist es ja im Internet möglich, genau diesen Zusammenhang auch aufzuspüren. Wenn man sich dann das ganze Interview mal anschaut, stellt man fest, dass Gysi die Diätenerhöhung als negatives Beispiel nimmt und nicht selbstgefällig-positiv auslegt, wie es dieser Mario Kassel suggerieren möchte.

Alles andere hätte auch verwundert, wenn man Gysis Einstellung zu Diätenerhöhungen kennt, die man beispielsweise in diesem n24-Interview nachvollziehen kann. Und auch ohne dieses Wissen hätte man nur aufgrund des von Mario Kassels verlinkten Ausschnitts darauf kommen können, dass Gysi sich da des Stilmittels des Sarkasmus bedient hat. Aber das alles interessiert den Pegida-Anhänger nicht so richtig, ihm reicht ein Ausschnitt, ein Fetzen, einfach zusammenhanglos präsentiert, sodass ganz bewusst eine falsche Interpretation nahegelegt wird, da diese zum eigenen Weltbild passt. Die Realität wird also so passend gemacht, dass sie die eigene Ideologie unterstützt. Hmm … war da nicht mal was so von wegen „Lügenpresse“, was den Medien gern als Pauschalvorwurf von gerade solchen Pegida-Typen immer gern um die Ohren gehauen wird?

Dies offenbart nicht nur eine erschreckende Einfältigkeit (immerhin war es ja kein Meisterstück der investigativen Recherche, die von Mario Kassel intendierte Aussage als Blödsinn zu entlarven, indem man sich einfach das Originalvideo anschaut), sondern zeigt auch, warum mit Pegida-Anhängern nicht diskutiert werden kann: Die Realität interessiert diese Menschen nicht! Sie haben ihr Weltbild, und alles, was dieses stützt, ist wahr und eine Tatsache (auch wenn es noch so plump gelogen ist), alles, was dem eigenen Weltbild entgegensteht, ist eine Lüge – egal, wie stichhaltig Zusammenhänge dargestellt, Tatsachen belegt und empirische Zahlen präsentiert werden. Es findet also eine bewusste Verweigerung eines konstruktiven Diskurses statt, und was dann bei einer solchen verbohrten Geisteshaltung herauskommt, wenn Unzufriedenheit verspürt und Missstände wahrgenommen werden, liegt auch auf der Hand: Es kann nur die simple Lösung sein, die sich mit meinen Vorurteilen deckt, zumal wenn diese noch von laut tönenden Organen wie der BILD bestätigt werden. Also passiert genau das, was Gysi auch treffend anmerkt, was der Pegida-Anhänger allerdings nie auf sich beziehen würde: Es wird nach unten getreten, anstatt mal nach oben zu schauen, ob da vielleicht die Ursachen meiner Probleme liegen könnten.

Dazu passt auch noch ein anderes Beispiel, in dem jemand einem griechischen Restaurant einen Hassbrief schrieb, wie hier auf Vice berichtet wird. Dass die Restaurantbetreiber seit 31 Jahren in Deutschland leben, hier arbeiten und ihre Steuern zahlen – geschenkt! Kein wirklich komplizierter Zusammenhang, aber trotzdem für den Briefeschreiber außerhalb der Reichweite seines Verstehens, eben weil er es nicht verstehen will. Ihm geht’s vermutlich selbst in mancherlei Hinsicht nicht so gut, und die BILD liefert dann die entsprechende Unterfütterung, um einen Schuldigen gefunden zu haben: die Griechen! So weit, so primitiv …

Insofern mein Appell am Ende des Artikels: Wenn Euch solche Menschen begegnen oder Ihr solche Positionen in sozialen Netzwerken oder sonst wo über den Weg laufen, gebt bitte ordentlich kontra! Lasst diese Menschen nicht in dem Glauben, dass ihre Fremdenfeindlichkeit, ihr Rassismus und ihre wie auch immer obskuren Ansichten irgendwas mit der Realität zu tun haben. Und notfalls: Gebt ihnen zu verstehen, dass Ihr mir solchen Menschen nichts zu tun haben wollt.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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