Landraub

Der österreichische Filmemacher Kurt Langbein hat sich mit seiner im März dieses Jahres herausgekommenen Dokumentation eines sehr wichtigen Themas angenommen: Landraub oder Landgrabbing. Dies hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, da die Preise für Lebensmittel seit 2007 etwa deutlich nach angestiegen sind. Da zeitgleich nach der Finanzkrise von 2008 die rentablen Anlagemöglichkeiten für Investoren immer weniger geworden sind, stürzen sich nun alle aufs Agrarland – mit fatalen Folgen für viele Menschen!

70 % der weltweiten Nahrungsmittel werden von Kleinbauern hergestellt, die dabei zehnmal mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen – ganz im Gegenteil zur industriellen Landwirtschaft, die zehnmal mehr Energie verbraucht, als sie herstellt. Das sind einige der sehr interessanten und aufschlussreichen Zahlen, die man in dem Film präsentiert bekommt.

Dass Investoren in immer größerem Stil Land aufkaufen, um dort dann möglichst gewinnbringend industrielle Landwirtschaft zu betreiben, hat vor allem für viele Menschen in Afrika und Asien, aber auch in Europa unschöne Konsequenzen. Kurt Langbein lässt die unterschiedlichsten Menschen, die von der Landwirtschaft leben, zu Wort kommen und begab sich dafür nach Kambodscha, Indonesien, Sierra Leone, Äthiopien, aber auch nach London und Rumänien. Investoren und Manager von Agrarkonzernen kommen dabei ebenso zu Wort wie Kleinbauern, die von (teilweise mit Gewalt) von ihrem Land vertrieben wurden.

Dabei kommentiert Langbein wenig, sondern liefert nur ab und zu ergänzend Zahlen zu den dargestellten Konflikten. So kann sich der Zuschauer selbst ein Bild machen, wie es um unsere globale Landwirtschaft bestellt ist und welche Folgen das Landgrabbing hat. Wobei natürlich einige Perversionen schon eine recht deutliche Sprache sprechen: Menschen müssen hungern und verelenden, weil ihnen das Land, welches sie seit Generationen bewohnen und bestellen, weggenommen wird, damit dort nun Palmöl oder Zuckerrohr angebaut wird, das wir uns dann nach der Verarbeitung in die Tanks unserer Autos schütten …

Doch nicht nur unter ethischen Gesichtspunkten ist der Landraub, der in dem Film vom Agrarwissenschaftler und Biobauern Felix Prinz zu Löwenstein treffend auch als „Kolonialismus 2.0“ bezeichnet wird, ausgesprochen fragwürdig, sondern auch unter ökologischen Aspekten. Die Monokulturen, denen oftmals die Zerstörung von großen Flächen Regenwaldes vorangeht, zerstören die Biodiversität und beschleunigen durch den Humusabbau zudem noch den Klimawandel. Und wozu? Es geht natürlich wieder mal ums Geldverdienen, und da werden ja bekanntlich keine Gefangenen mehr gemacht in unserem marktradikalen Kapitalismus.

Dass es auch anders geht, zeigt dann ein Beispiel in Äthiopien, wo Kleinbauern dabei unterstützt werden, ihre traditionellen Anbaumethoden zu optimieren, damit sie sich nicht nur ernähren können, sondern auch noch etwas zum Verkauf produzieren. Nur lässt sich damit natürlich keine Rendite für Anleger erwirtschaften …

In 92 Minuten bekommt man auf eindrückliche Art und Weise vermittelt, wie groß das Problem das Landgrabbings mittlerweile global gesehen ist. Das macht streckenweise wütend und frustriert auch, dennoch ist es ein wichtiges Thema, über das hierzulande noch viel zu wenig berichtet wird, und dass, obwohl unser Lebensstil bzw. dessen Aufrechterhaltung ursächlich dafür verantwortlich ist, dass immer mehr Menschen von ihrem Land vertrieben und so in der Regel dem Elend preisgegeben werden. Und vor allem wird auch deutlich angesprochen, wie EU-Politik den Landraub befördert – die sogenannte westliche Wertegemeinschaft lässt mal wieder grüßen!

Einen Trailer des Films kann man sich hier auf YouTube anschauen, die DVD bekommt man zum Beispiel hier bei JPC.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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