Interessantes aus KW 7/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Eine interessante Sichtweise auf die deutschen Exportüberschüsse liefert Eric Frey in einem Artikel für den österreichischen Standard. Dass diese Überschüsse, die man auch als Binnennachfragedefizit bezeichnen kann, im Endeffekt eine der Ursachen für das Eskalieren der Finanzkrise hin zur Wirtschaftskrise der Eurozone waren, dürfte den meisten von Euch nichts ganz Neues sein, Frey betont nun aber auch die negativen Auswirkungen für Deutschland selbst: ein Ausgebeuteter der Weltwirtschaft, der sich dabei auch noch reich fühlt. [Karl]

2. In einem ausführlichen Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik beschreibt Thomas Stauber die derzeitige Situation in Indien. Dort wurde nicht nur das Bargeld in einer Nacht-und-Nebel-Aktion quasi abgeschafft, sondern die Regierung von Premierminister Modi zeigt auch, wie gut aggressiver Nationalismus und Neoliberalismus Hand in Hand gehen können – sehr zum Leidwesen von ein paar Hundert Millionen Inder, deren Lebensbedingungen sich auf diese Weise kontinuierlich verschlechtern. [Karl]

3. Ein Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung befasst sich mit der wirtschaftlichen Situation des Mittelstandes in Italien. Und die sieht für die meisten Menschen dort nicht besonders rosig aus, wie zunächst anhand von Zahlen und dann von drei konkreten Einzelschicksalen aufgezeigt wird. Nicht nur die Ärmsten, sondern eben auch Menschen mit eigentlich guten Jobs haben dort mittlerweile existenzielle Ängste, und deren Kindern wird es aller Voraussicht nach noch mal schlechter gehen als ihnen selbst heute. Traurige Realität in der neoliberale Wirtschafts-EU. [Karl]

4. In einer Besprechung in der jungen Welt widmet sich Jörg Tiedjen dem Buch „Der Sektor“ des US-Ökonom Michael Hudson. Darin geht es um den destruktiven Herrschaftsausbau der Finanzindustrie, der seit den 1970er-Jahren mit dem Neoliberalismus immer größere und bedrohlichere Ausmaße annimmt. Auch wenn die Aussichten, die der Autor, der schon die Finanzkrise von 2008 vorausgesehen hat, nicht gerade erfreulich sind, so scheint es sich doch um ein ausgesprochen lesenswertes Werk zu handeln! [Karl]

5. Auch das ZDF Late Night Kabarett Mann, Sieber! ist mit einer neuen Folge aus der Winterpause zurück, und die ist diesmal besonders gut gelungen. Trump wird nicht behandelt, dafür geht es um den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, die innere Sicherheit nach dem Berlin Anschlag, die Wahl des Bundespräsidenten und die Folgen der Agenda 2010. Und das Allerbeste ist für mich der Schlusssketch, in dem die Praxis in den Jobcentern auf Korn genommen wird. Unterhaltsame halbe Stunde! [Karl]

6. Auf Spiegel Online findet sich ein Interview mit dem prominenten Mediziner Eckart von Hirschhausen. Darin geht es um den Placebo-Effekt, also um Erfolge bei medizinischen Behandlungen, die darauf zurückzuführen sind, dass der Kranke von seiner Behandlung und seinem Arzt überzeugt ist. Dieser Effekt ist mittlerweile laut Hirschhausen wissenschaftlich nachweisbar. Schade nur, dass unser zunehmend ökonomisiertes und auf Profit ausgelegtes Gesundheitswesen genau das Gegenteil bewirkt, nämlich Misstrauen schafft zwischen Patient und Ärzten, die sich zudem häufig viel zu wenig Zeit für die Kranken nehmen können. [Karl]

7. Auf Tagesspiegel Causa findet sich ein lesenswertes Plädoyer für den Sozialstaat von Alexander Dietz. Dabei betrachtet er die Situation in Deutschland mit der immer größeren Anzahl an armen Menschen, beleuchtet den aktuellen Diskussionsstand zum Thema Armut sowie die Gesetzeslage, die eben den Sozialstaat nicht nur als Anhängsel des Marktes sieht (diesen Eindruck bekommt man ja zunehmend), und appelliert, die nötigen finanziellen Ressourcen zur Wiederbelebung des sozialen Friedens aufzubringen. [Karl]

8. In einem Artikel auf Spiegel Online wird über die Zustände in libyschen Lagern berichtet, in denen Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten (vor allem Nigeria, Niger, Sudan, Eritrea, Somalia und Äthiopien) landen, dazu findet sich auch ein knapp dreiminütiges Video. Wenn man das liest und sieht, ist es unvorstellbar, dass die EU mit Libyen zusammenarbeiten will zur Abwehr von Flüchtlingen. Auch der Bericht eines Nigerianers über seine Flucht durch die Sahara bis nach Italien liest sich erschütternd. Typische Spiegel dann aber wieder, dass nur die Schlepper und Menschenhändler als grausam dargestellt werden und den Menschen aus Afrika geraten wird, sich nicht in deren Hände zu begeben, sondern stattdessen lieber in der Heimat zu bleiben – und kein Wort über die Gründe, die die Menschen von dort aus in die Flucht treiben. [Karl]

9. Andrea Röbke ist freie Journalistin mit dem Themenschwerpunkt Neonazis und Rechtsextremismus. In einem lesenswerten Interview mit der taz berichtet sie über ihre Arbeit, aber auch über ihr Privatleben und wie dieses von ihrer journalistischen Tätigkeit beeinflusst wird. Zudem ist es auch interessant zu erfahren, wie sie sich fühlte und was für Auswirkungen es hatte, als sie sechs Jahre lang (unberechtigterweise) vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. [Karl]

10. Eines der Bonmots, mit denen SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Wähler ansprechen und von seiner sozialstaatlichen Gesinnung überzeugen möchte, ist, dass es den hart arbeitenden Menschen im Land besser gehen muss. Roberto J. De Lapuente hat in einem trefflichen Kommentar auf neulandrebellen nun mal ein bisschen argumentativ auseinandergenommen, was es denn mit dieser Aussage so auf sich hat, indem er der Frage nachgeht, warum denn Arbeit überhaupt hart zu sein hat. [Karl]

11. Und noch mal was zu Martin Schulz: Auf seiner Webseite präsentiert Fabio De Masi, EU-Parlamentarier der Linken, eine Analyse des bisherigen politischen Wirkens des SPD-Kanzlerkandidaten. Dabei zeigt er mit vielen Belegen auf, dass Schulz‘ Gerede von mehr sozialer Gerechtigkeit zurzeit zumindest noch in den Bereich der Sonntagsreden einzuordnen ist, da alles darauf hindeutet, dass er auch als Kanzler so weitermachen würde, wie er es in der Vergangenheit schon machte: als streng Neoliberaler mit Hang zu unsozialer Politik. [Karl]

12. Im EU-Parlament wurde letzte Woche über die Vorschläge der EU-Kommission zur Begrenzung der Nahrungsmittelspekulation abgestimmt. Was es damit genau auf sich hat, erläutert ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Und warum diese Vorschläge, deren Zurückweisung von den Konservativen und Liberalen abgelehnt und somit verhindert wurde, untauglich sind, um tatsächlich diese besonders ekelhafte Art des Casino-Kapitalismus einzudämmen, erklärt Sven Giegold von den Grünen in einem Artikel auf seiner Webseite. So können einige wenige also schön weiter Geld verdienen auf Kosten der Allerärmsten … [Karl]

13. Zurzeit tagt der Bundestagsuntersuchungsausschuss zum Thema der Cum-Ex-Geschäfte (s. dazu ein Spiegel-Artikel), die den deutschen Staat viele Milliarden Euro gekostet haben. Was da nun am Rande herauskam, ist allerdings noch ein dickerer Hund als das Gemauer und die Erinnerungslücken von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der so mal wieder seinen Hang zu kriminellen Verhaltensweisen offenbart: Hans-Martin Tillack beschriebt in einem Artikel für den Stern, dass es den Ausschussmitgliedern nicht möglich ist, Protokolle des sogenannten Finanzmarktgremiums, dass seit 2008 die Bankenrettung überwacht, einzusehen. Hierfür gelten demzufolge strengere Geheimhaltungsregeln als für Geheimdienste. Na, was da wohl verborgen werden soll? [Karl]

14. Robert Zion hat einen Gastkommentar im neuen deutschland verfasst, in dem er sich mit der derzeitigen Situation seiner ehemaligen Partei, den Grünen, auseinandersetzt. Deren Umfragewerte gehen gerade deutlich nach unten, und Zion meint die Ursache dafür in der zunehmenden Profillosigkeit und der Aufgabe der ursprünglichen Werte der Partei, wie beispielsweise ökologische Themen, zu erkennen. Für mich eine sehr nachvollziehbare Analyse. [Karl]

15. Um nicht weiter Erdgas aus Russland und damit vom „bösen“ Putin beziehen zu müssen, wendet sich die EU einem neuen Handelspartner zu: Turkmenistan. Wie es dort nun mit Demokratie und Menschenrechten aussieht, zeigt Rayk Anders in der neuen etwa fünfminütigen Headlinez-Folge. Klar wird: Gegen den dortigen Despoten sind Typen wie Putin und Trump wahre Waisenknaben. Mit den viel beschworenen europäischen Werten ist es also mal wieder nicht weit her … [Karl]

16. Was wäre ein Wöchentliches ohne Trump und AfD? Okay, Trump fiel nun schon, dann ist jetzt die AfD dran: „In der Sendung quer auf BR lief ein Bericht, der gefiel mir sehr.“ Ein Kommentar zum AfD-Ausschlussverfahren gegen Björn Höcke, der für mich wirklich nichts anderes ist als ein lupenreiner, plumper Nazi. Das ist wirklich kaum zu glauben, wie sich die Menschen solche Subjekte innerhalb der AfD schönreden. Ich verstehe den Drang, nicht das Establishment zu wählen, aber solche Leute kann ich mir nicht „un-braun“ reden. [Dirk]

17. Monitor, die Erste: In der Sendung vom 16. 2. war ein elfminütiger Bericht zur Steueroase auf Malte. Das ist sicher nichts Neues (Steueroasen in Europa), interessant fand ich eine der Randinformationen: FraPort hat dort ebenfalls eine Briefkastenfirma. Da der Bund, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt dort Anteile ihr Eigen nennen dürfen, „optimieren“ diese also Steuern? Für die Großaktionäre und gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung? [Dirk]

18. Monitor, die Zweite: Lächelnd präsentiert Ministerin Nahles die „Erfolgsgeschichte“ des Mindestlohn in diesem sechsminütigen Beitrag. Allerdings stützen sich ihre Zahlen sehr einseitig auf die Aussagen der Unternehmen. Nimmt man die befragten Zahlen der Arbeitnehmer, kommt man zu einem ganz anderen Ergebnis in Sachen „Erfolgsgeschichte“! Der Mindestlohn ist bestimmt ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Umsetzung ist sicher noch ausschweifend nachbesserungswürdig. [Dirk]

19. In der letzten Woche war hier bereits ein Link zur nächsten „plötzlich verstorbenen Zeugin“ rund um den NSU-Prozess. Nun ziehen auch bekannte Medien nach und wundern sich über die unglaubliche Häufung an Todesfällen, die unter den Zeugen im NSU-Prozess grassiert. So finden sich z. B. in jungewelt, TELEPOLIS oder taz Beiträge zu diesem Thema. Aus meiner Sicht gehört das in die Öffentlichkeit und damit auch in die öffentlich-rechtlichen Medien! Unglaublich, was sich hier im Lande abspielt … und wie wenig Medien sich da rantrauen. Vielleicht mal ein Thema für Die Anstalt? [Dirk]

 

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