Interessantes aus KW 12/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Roberto J. De Lapuente beschäftigt sich in einem Artikel auf neulandrebellen mit zwei Gewalttaten, die, nicht nur weil sie beide mit einer Axt ausgeführt wurden, einiges an Parallelen aufweisen. Nur wird der eine Angriff auf Unbeteiligte, der jetzt gerade in Düsseldorf verübt wurde, als Resultat einer psychischen Störung medial beurteilt, während der andere von letztem Jahr in Würzburg als Terroranschlag mit IS-Hintergrund gewertet wird. Diese Art der undifferenzierten Berichterstattung trägt dann ihren Teil dazu bei, Ängste zu schüren und einer Verschärfung der Asyl- und Sicherheitspolitik den Weg zu bereiten. [Karl]

2. Ein Artikel auf BuzzFeed beschreibt, wie der Blog Halle-Leaks gezielt Stimmung macht, indem den Lesern suggeriert wird, dass Politiker bestimmte Dinge gesagt hätten – was aber in der Regel überhaupt nicht zutrifft. Diese Bilder mit diesen Fake-Zitaten erfahren dann eine sehr hohe Facebook-Verbreitung, oftmals eine größere als die Originalartikel, auf die sich bezogen und aus denen Teilaussagen herausgelöst und dann fantasievoll ergänzt werden.  Das Problem: Wenn nur das Bild geteilt wird, dann fehlen die Links auf die Originalquellen, sodass die Entstellung der Aussagen nicht mehr nachvollziehbar ist. Der Betreiber von Halle-Leaks: natürlich ein stadtbekannter Rechtsextremist. Und der betreibt auch auf seinem Facebook-Profil übelste rechte Hetze, die nichts mit der Realität zu tun hat, wie Hooligans gegen Satzbau Artikel auf ihrer Webseite in einem nachweisen. [Karl]

3. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beschert seiner Partei ja zurzeit einen ungeahnten Höhenflug – und alle lieben sie ihren Martin. Dass es dabei aber leider reichlich inhaltsarm zugeht, bemängelt Ulrike Posche in einem Kommantar im Stern nicht zu Unrecht – und vergleicht den Wirbel, der um Schulz gemacht wird, mit einem anderen Politiker, der erst hochgejubelt wurde und sich dann bald als Blender herausstellte: Karl-Theodeor zu Guttenberg. Und wie wenig ernst es Schulz und der SPD-Parteiführung ist, wenn es tatsächlich darum geht, der neoliberalen Destruktionspolitik ein Ende zu setzen, geht aus einem Artikel in der jungen Welt hervor: Ein kritischer Redebeitrag zur geplanten Autobahnprivatisierung wurde auf dem Parteitag gar nicht erst zugelassen, und auch die 30.000 SPD-Mitglieder, die mittlerweile einen Aufruf unterschrieben haben, der die Grundgesetzänderung für dieses Unterfangen verhindern möchte, wird von den SPD-Granden ignoriert – und wurde natürlich auch von Schulz bisher nicht unterschrieben. [Karl]

4. Gewalt gegen Polizisten soll stärker geahndet werden, und dafür soll nun dem § 113 StGB ein § 114 zur Seite gestellt werden, in dem dann schon das Schubsen einen Polizisten mit mindesten drei Monaten Gefängnis bestraft wird. In einem Interview mit Netzpolitik.org erläutert der Kiminologe und Strafrechtler Tobias Singelnstein, warum diese Gesetzesänderung nicht gerade zu begrüßen ist. [Karl]

5. Im Rahmen der NDR-Sendung 45 Min lief unter dem Titel „Steuern? Tricksen wie die Großen!“ eine naiv fragende Dokumentation in Sachen Steuervermeidung. Die Gründerin einer kleinen Filmproduktionsfirma wagt den Selbstversuch: Steuern optimieren wie Apple & Co. Je weiter die Dokumentation fortschreitet, desto klarer zeichnet sich das System ab und auch die Unterstützung durch deutsche Behörden. Am Ende war ich dann schon reichlich verwundert, wie hohe Gebühren an das Finanzamt gezahlt werden, um sich Steuersparmodelle im vornherein absegnen zu lassen. [Dirk]

6. Die gleiche Sendung begleitet in einer anderen 45-minütigen Folge eine Abschiebung von der Planung bis zur Ausführung. Teilweise schwer zu ertragende Bilder, und es bleiben eine Menge unbeantworteter Fragen im Kopf. Aber trotzdem oder gerade deswegen eine Empfehlung … [Dirk]

7. Tom Wellbrock befasst sich in Artikel auf neulandrebellen mit dem Tabuthema des sexuellen Missbrauchs. Die erschreckende Zahl, dass wohl mindestens jeder siebte Deutsche in der Kindheit sexuelle missbraucht wurde, bringt ihn zu mehreren Fragestellungen, die sich zum einen mit unseren gesellschaftlichen Werten beschäftigen, die so etwas ermöglichen, zum anderen aber auch den Bereich der Familie, in dem die meisten dieser Übergriffe stattfinden, kritisch beleuchten. Es ergeben sich nämlich spezifische Schwierigkeiten bei der Prävention und Ermittlung der Täter. Wichtiger Ansatz, dieses Thema mal so direkt anzusprechen. [Karl]

8. Jeroen Dijsselbloem ist Chef der Eurogruppe und hat sich in einem Interview vollkommen abfällig über südeuropäische Länder geäußert, dass man Solidarität nur einfordern könnte, wenn man nicht sein ganzes Geld für Alkohol und Frauen ausgeben würde. Wie Sven Giegold auf seiner Webseite dokumentiert, besitzt Dijsselbloem nicht mal das Format, sich dafür zu entschuldigen, als er mit seinen Aussagen im EU-Parlament konfrontiert wird. Mit so einem bornierten Verhalten entfremdet man die Bürger noch weiter von der EU und Politik – unverantwortlich! [Karl]

9. Der türkische Präsident Erdogan ist ja in den letzten Wochen sehr präsent in allen Medien, vor allem wegen seiner Ausfälle gegenüber europäischen Regierungen. Eine gute Zusammenfassung dieser Eskalation findet sich nun in einem Telepolis-Artikel. Und damit sollte es dann auch gut sein, denn es gibt wahrlich noch wichtigere Probleme auf dieser Welt als das türkische Rumpelstilzchen. [Karl]

10. Eine anonyme Lehrerin an einer sogenannten Brennpunktschule hat einen Brandbrief auf Tagesspiegel Causa veröffentlicht, der sich nicht mit den schwierigen Schülern beschäftigt, sondern sich an Problemlehrer richtet. Damit sind Lehrer gemeint, die latent rassistische Vorurteile haben und diese auf ihre Schüler übertragen. Natürlich können Lehrer nicht alle Fehler, die im Elternhaus bei der Kindererziehung begangen werden, ausbügeln, aber zumindest sollten sie vorurteilsfrei an die ihnen überantworteten Kinder herangehen. Wichtiges Thema, dass auf diese Weise mal aus einer Insider-Perspektie beleuchtet wird. [Karl]

11. CETA und TTIP kenne mittlerweile viele Menschen, Jefta hingegen ist noch so gut wie unbekannt. Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan zeigt dabei, dass die EU-Politik aus dem Proteste gegen die Abkommen mit Kanada und den USA nichts gelernt haben, denn ein Artikel in der taz beschreibt, dass Jefta noch deutlich schlimmer für die Allgemeinheit als CETA werden dürfte – und natürlich wird auch hier mal wieder alles geheim verhandelt. Unglaublich, mit welcher Penetranz Konzerninteressen gegen Bürger immer und immer wieder durchgesetzt werden sollen. [Karl]

12. Ein Artikel auf der Webseite myMONK zählt zehn Dinge auf, die als normal gelten, die aber die Absurdität unseres derzeitigen Lebensstil und gesellschaftlichen Miteinanders aufzeigen. Das Ganze scheint zwar schon so ein bisschen esoterisch angehaucht zu sein, aber dennoch lohnt es sich, sich diese Verhaltensweisen mal bewusst vor Augen zu führen und ein wenig darüber nachzudenken. [Karl]

13. Der SPD-Bundesgtagsabgeordnete Marco Bülow hat sich mal die Mühe gemacht und untersucht, welche Themen in den letzten eineinhalb Jahren in Fernsehtalkshows behandelt wurden. Das Ergebnis, über das er in einem Artikel auf seiner Webseite berichtet, zeigt, dass hier eine große Einseitigkeit vorliegt, da der Themenkomplex Flüchtlinge, Terror und Populismus mehr als die Hälfte der Sendungen ausmachten, wohingegen das Thema soziale Ungerechtigkeit und Armut kaum vorkam. Auf diese Weise wird ein Zerrbild der politisch relevanten Inhalte vermittelt, das nichts mit der Realität gemeinsam hat. Meine These: Im Zuge der „Teile und herrsche“-Strategie soll die Suppe der Rechtspopulisten eben vor allem schön weiter am Kochen gehalten werden. [Karl]

14. Das Milgram-Experiment in den 60er-Jahren zeigte auf drastische Weise auf, wie sehr Menschen den Anweisungen von Autoritäten folgen, auch wenn sie dabei anderen Menschen großen Schaden zufügen. Dass dies auch 50 Jahre später noch so ist, haben ähnliche Experimente immer wieder aufgezeigt, gerade aktuell an der SPWS Universität in Wroclaw. Aus diesem Anlass beschäftigt sich ein Artikel im österreichischen Kurier mit dem Phänomen des Gehorsams, beschriebt dessen anthropologische Wurzeln und Auswirkungen, stellt aber auch fest, dass Ungehorsam gelernt werden kann. Ausgesprochen interessant! [Karl]

15. In einem Artikel auf seinem Blog beschäftigt sich Norbert Häring mit der aktuellen Konjunkturprognose des Sachverständigenrates. Dabei zeigt er auf, dass die sogenannten Wirtschaftsweisen der Argumentation ihrer eigenen Gutachten aus der Zeit vor der Finanzkrise 2008 mittlerweile komplett widersprechen: Wurden damals noch die politischen Maßnahmen gelobt, welche die Exportwirtschaft in Deutschland stärkten, so behauptet man heute einfach, dass es gar nicht möglich sei, politischen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie nehmen zu können. Es ist schon sehr amüsant zu lesen, wie Hänrig so vorführt, dass die Wirtschaftsweisen ein rein ideologisch argumentierendes Gremium sind – und es ist traurig, dass diese Witzfigurentruppe immer noch als Nonplusultra der ökonomischen Kompetenz in den meisten deutschen Medien gilt. [Karl]

 

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Gemischte Beiträge mehrerer Autoren.

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