Interessantes aus KW 16/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Jens Berger kommentiert auf den NachDenkSeiten das Ergebnis der Abstimmung in der Türkei über das neue Präsidialsystem absolut treffend, indem er unsere bigotte Haltung dabei offenlegt: Es geht nicht um Sorge um die Demokratie, sondern schlichtweg darum, dass die meisten hier in Deutschland Erdogan eben (aus durchaus nachvollziehbaren Gründen) nicht mögen. Dabei werden dann allerdings die Sachverhalte und Ursachen des ganzen Vorgangs leider ziemlich ausgeblendet. Um einige möglicherweise missverständliche Formulierungen in dem Artikel zu klären, hat Berger zudem noch eine Ergänzung nachgereicht, in der er auf Resonanz von Lesern eingeht und die zusätzlich zum Artikel gelesen werden sollte. [Karl]

2. Das Umweltinstitut München e. V. setzt sich mit einer Kampagne gegen die Wiederzulassung des Wirkstoffs „Glyphosat“ ein. Ein dreiminütiges Video zeigt die Vorgehensweise von Monsanto (weltweit größter Hersteller von Pestiziden mit Glyphosat) und ruft zum gemeinsamen Widerstand auf. Anschauen, informieren und mitmachen … [Dirk]

3. Die AfD besticht mal wieder mit Inkompetenz. So berichtet ein Artikel der Dresdner Neuste Nachrichten, dass der sächsische Landtagsabgeordnete der Rechtspartei Carsten Hütter auf seinem Facebook-Profil eine offensichtlich satirische Grafik zur Verbindung der Bundesregierung zu einer angeblichen Antifa-GmbH tatsächlich für bare Münze genommen hat und sich über eine derartige Struktur echauffiert. Eigentlich zum Lachen, wenn man mal außen vor lässt, dass dieser Mensch für sein Parlamentarierdasein mit öffentlichen Geldern alimentiert wird. [Karl]

4. Der Blog gwup | die skeptiker hat Gutes zu berichten: Der rechte Kopp-Verlag stellt sein Nachrichtenportal ein. Die Begründung ist finanzieller Natur. Da sind also weder die rechten Schwurbelköpfe bereit, etwas für ihre „Nachrichtenquelle“ zu bezahlen, noch wollen die Betreiber dort nur aus Idealismus Arbeit investieren. Bezeichnend für den Verein, finde ich – aber gut, dass eine Hetzseite weniger im Netz ist. [Karl]

5. Sport ist eine gute Sache, denn in einem gesunden Körper ruht ein gesunder Geist. Wenn jemand allerdings aus „Interesse an mechanischen Dingen“ der Meinung ist, dass Männer so viele Schusswaffen haben sollte, wie Frauen Schuhe haben dürfen, dann wird es unterirdisch. In einem fünfminütigen Bericht auf quer (br) geht es um Sportschießen, das sogenannte „dynamisches Parcours-Schießen“, welches mich spontan auch eher an Krieg und Egoshooter erinnert als an Sport. Was meinst Du dazu? [Dirk]

6. Die ARD-Sendung Panorama ging in einem vierminütigen Beitrag der Frage nach: soziale Gerechtigkeit: Was heißt das? Dazu wurden verschiedene Milieus aufgesucht, vom Kleingartenverein über die Hochhaussiedlung und das Szeneviertel bis hin zur Oper. Die Antworten sind von der Anzahl her zwar nicht repräsentativ, zeigen aber dennoch gut auf, was in Deutschland zurzeit vor allem richtig schiefläuft. [Karl]

7. CORRECT!V hat ein „Schwarzbuch AfD“ veröffentlicht und präsentiert dies in einer Buchvorstellung. Darin geht es vor allem darum, die Strategie der AfD offenzulegen, dass es der Partei nicht um Inhalte geht, sondern vor allem um PR-trächtige Provokation. Dies führte dann auch laut den Autoren zu dem stetigen Rechtsruck in der AfD – wobei ich die Partei von Anfang an ja als Melange aus Rechtsextremismus und Marktradikalismus sah, die sich nur nicht so offen rechtslastig gezeigt hat. Scheint aber dennoch ein sehr interessantes Buch zu sein. [Karl]

8. Tom Wellbrock schildert auf kurzweilige Art in einem Artikel auf neulandrebellen, woran eine geplante Skype-Diskussion, die er mit einem Vertreter der Linken und der FDP zum Thema Wirtschaftspolitik führen wollte, letztlich scheiterte: an mangelhafter digitaler Kompetenz vonseiten des FDPlers. Schon absurd, wenn man bedenkt, dass sich die FDP selbst ja gern als moderne Digitalisierungspartei darstellt. O. k., eine gehörige Portion Unzuverlässigkeit war auch noch für diese Posse verantwortlich. FDP halt – inkompetent in allen Bereichen, solange ihnen niemand Geld dafür zusteckt. [Karl]

9. Sklaverei in Textilfabriken – das ist etwas, von dem die meisten zwar schon etwas gehört haben, dass aber in weit entfernten Ländern Ostasiens stattfindet. Allerdings gibt es Derartiges auch mitten in der EU, und zwar in Italien. In mafiadominierten Kleinstädten finden Menschenhändler ideale Verhältnisse, um so auf Kosten von zumeist aus Bangladesh „importierten“ Sklaven viel Geld einzuheimsen. In einem Artikel in der taz geht es um einen jungen Näher, der sich erfolgreich gegen seine Ausbeutung wehren konnte. Bleibt zu hoffen, dass solche Beispiele Schule machen – und es zeigt, wie sehr Kriminalität und Kapitalismus Hand in Hand gehen können. [Karl]

10. Die Bundesregierung hat in dem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Armutsbericht zensiert, um so unliebsame Passagen daraus zu entfernen. Dabei ging es vor allem um den Umstand, dass Themen eine deutlich höhere politische Umsetzungswahrscheinlichkeit haben, wenn sie die Interessen von Besserverdienenden widerspiegeln, wobei das, was ärmere Menschen als wichtig erachten, eher unter den Tisch fällt. Diese gestrichenen Passagen werden nun von den Autoren der Studie in einem Artikel der Zeit noch einmal vorgestellt und erläutert – hochbrisant und ein Armutszeugnis für den Zustand unserer Demokratie. [Karl]

11. Chile wurde unter dem Diktator Augusto Pinochet zu einem neoliberalen Experimentierfeld, worunter das Land heute noch leidet. Ein Beispiel für die Destruktivität des Marktradikalismus liefert Frederico Füllgraf in einem Artikel auf den NachDenkSeiten, in dem er das Dilemma des chilenischen auf privaten Fonds basierenden Rentensystems beschreibt. Das Resultat: Milliardengewinne für einige wenige und winzige Renten am Rande des Existenzminimums für viele. Davon sollte man hier auch lernen, wenn uns mal wieder die angeblichen Segnungen der privaten Finanzmärkte gegenüber staatlicher Daseinsvorsorge angepriesen werden. [Karl]

12. Das Magazin Compact organisiert ein Treffen, zu dem auch AfDler eingeladen werden – dabei kann dann ja nur etwas Unappetitliches herauskommen. So auch bei einer derartigen Veranstaltung, über die ein Artikel des SPD-Magazins vorwärts berichtet. Jens Maier, für die AfD in Sachsen auf Listenplatz zwei zur Bundestagswahl, äußerte dort Verständnis für den rechtsextremen Massenmörder Breivik, der nur „aus Verzweiflung“ gehandelt hätte. Meier ist übrigens auch Richter am Landgericht in Dresden – noch Fragen? [Karl]

13, Volkswirt Niko Paech kritisiert den Wachstumszwang unserer Wirtschaft und lebt auch entsprechend so, dass er recht wenig konsumiert. In einem Interview im Stern erntet er dafür von der Interviewerin Nikola Sellmair überwiegend Unverständnis, da diese Konsumverzicht gleichsetzt mit Spaßbremserei. Interessant sind die Aussagen von Paech allemal, und sie weisen m. E. auch in die richtige Richtung, allerdings wäre das Ganze vermutlich noch gehaltvoller gewesen, wenn er nicht eine Redakteurin vorgesetzt bekommen hätte zum Gespräch, die anscheinend zu den von ihm angesprochenen „Konsumäffchen“ abgerichtet worden wäre als Kind. [Karl]

14. Der Ruf des Journalismus wurde in den letzten Jahren reichlich ramponiert, und das teilweise auch zu Recht. Allerdings ist es wenig hilfreich, sich nun in eine totale Verweigerungshaltung, die sich in Schlagwörtern wie „Lügenpresse“ manifestiert, zu begeben, denn professioneller Journalismus ist zum einen nicht homogen, zum anderen leistet er nach wie vor viel Gutes. Deshalb hat Roberto J. De Lapuente ein Plädoyer auf neulandrebellen veröffentlicht, dass sich dieses Dilemmas des heutigen Journalismus annimmt und trotz aller Kritikwürdigkeit eine Lanze dafür bricht. [Karl]

15. In einem etwa dreieinhalbminütigen Beitrag auf Deutschlandradio Kultur (auch in transkribierter Form dort vorliegend) zeigt der Kulturwissenschaftler Michael Seemann auf, warum das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, mit dem Hatespeech und Fake News unterbunden werden sollen, dafür vollkommen untauglich ist. Es stellt nämlich auf Dinge ab, die keine Straftatbestände sind, zudem wird auf Facebook beispielsweise längst willkürlich zensiert. Es wäre also schön, wenn die Politik hier keinen blinden Aktionismus betreiben, sondern vielleicht einmal problemorientierte Lösungen erarbeiten würde. [Karl]

16. Kaum öffentliche Aufmerksamkeit gibt es für das Vorgehen der polnischen PiS-Regierung, die Gewaltenteilung im Land quasi abzuschaffen, das in einem Telepolis-Artikel geschildert wird. Durch verschiedene dort beschriebene Maßnahmen wird Justizminister Ziobro sozusagen zum höchsten Richter – als Generalstaatsanwalt fungiert er praktisch schon. Eine regierungsunabhängige oder gar -kritische Justiz wird so im Grunde unmöglich, Richter, die der amtierenden Rechtspartei nicht passen, können einfach so entlassen werden, und Richtergremien werden nicht mehr unabhängig besetzt. Nicht nur in Erdogans Türkei werden Demokratie und Rechtsstaat massiv geschliffen, sondern auch in unserem EU-Nachbarland. [Karl]

17. Ein Artikel auf Klimaretter.info berichtet vom „Schwarzbuch Autolobby“, das Greenpeace gerade veröffentlich hat und in dem die engen und vielschichtigen Verbindungen von der Autolobby in höchste deutsche Politikerkreise aufgezeigt werden. Allein schon die in dem Artikel genannten Beispiele machen deutlich, warum die Automobilbranche tun und lassen kann, was sie möchte – für kurzfristigen Profit und gegen Allgemeinheit und Umwelt, aber auch gegen ihre eigenen langfristigen wirtschaftlichen Interessen. [Karl]

18. Auf Über Medien findet sich ein interessanter Beitrag zu den Aussagen von Michael Lüders zu möglichen Lieferungen von Giftgas der Türkei an Syrien. Derzeit haben sich einige Medien auf Lüders eingeschossen, da dieser beim Fakten-Check „durchgefallen“ sei. Hier wurde nun mal mit dem beteiligten Can Dündar (ehemaliger Chefredakteur der Cumhuriyet) gesprochen, und damit sind die Fakten-Checks z. B. der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und der BILD* mindestens genauso unsauber wie Lüders Äußerung. Manchmal beißen die Hunde den Ersten (der checkt und meldet) … [Dirk]

* Dass das Hetzblatt, das in einer Ausgabe gern mehr gezielte Lügen verbreitet als die titanic in einem ganzen Jahr (siehe z. B. BILDblog), überhaupt irgendwem „Fake News“ vorwirft … lächerlich!

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