Interessantes aus KW 28/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Es war schon länger ein Thema, aber in dieser Deutlichkeit habe ich es bisher nicht gesehen: Die libysche Küstenwache und Flüchtlingslager werden nicht staatlich kontrolliert, und entsprechend schrecklich ist die Situation vor Ort. Auf ttt liegt ein siebenminütiger Beitrag vor, in dessen Rahmen Reporter Michael Obert sich die Situation genauer anschauen und filmen durfte. Unter welchen Bedingungen die Menschen da leben und wohin damit verbundene Zahlungen der EU gehen, das ist dermaßen schrecklich, dass ich mich wieder einmal für Deutschland (fremd-)schämen muss. [Dirk]

2. Nicht überraschend, wie die neue schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen agiert, nämlich vor allem gegen die Bevölkerung und zugunsten von Investoren und Besitzenden. So nun gerade aktuell im Fall des Mietrechts, wie ein Artikel in der Westdeutschen Zeitung berichtet. Da wird nämlich geplant, den Mieterschutz deutlich einzuschränken, damit Vermieter die Mieten noch weiter nach oben treiben können. Wer als Mieter also CDU oder gar FDP wählt, der hat – mit Verlaub – den Schuss nicht mehr gehört. [Karl]

3. In der Zeit findet sich ein lesenswertes Interview mit Hans-Christian Ströbele, einem der letzten Grünen, die noch für das stehen, was diese Partei einst als progressive politische Kraft ausgemacht hat. Ströbele war auch bei den G20-Protesten in Hamburg anwesend und äußert sich u. a. über die vollkommen fehlgeschlagene Taktik der Polizei, wobei er darauf verweist, dass man mit genau gegenteiligem Vorgehen in Berlin in den letzten Jahren recht gut gefahren ist. Schade, dass dieser aufrechte Vollblutpolitiker nun aus Altersgründen seine Laufbahn beenden wird … [Karl]

4. In Österreich wird in diesem Jahr noch eine neue Regierung gewählt. Dabei scheint sich ein Ende der derzeitigen großen Koalition anzubahnen, was einen ziemlichen Umbruch in der politischen Kultur unseres Nachbarlandes bedeuten könnte. Wie es zu diesem Wandel kam, was die Hintergründe sind und was von den beiden Volksparteien und ihren momentanen Spitzenkandidaten, vor allem von Sebastian Kurz von der ÖVP, der immer wieder mir rechtspopulsitischen Äußerungen auffällt, zu halten ist, wird in einem Artikel von Miguel de la Riva in den Blättern für deutsche und internationale Politik beleuchtet. [Karl]

5. Mal was Positives aus der Türkei: Wie aus einem Telepolis-Artikel hervorgeht, scheint sich dort die Opposition gegen Präsident Erdogan und seine Partei AKP zusammenzuraufen und an einem Strang zu ziehen. Das lässt sich zumindest aus einem Marsch für Gerechtigkeit folgern, bei dem 45.000 Menschen von Ankara nach Istanbul pilgerten, um dort dann gegen die Verhaftung eines Politikers der Oppositionspartei CHP zu demonstrieren. Dieser Protest wuchs dann schnell an, sodass letztlich wohl ein bis zwei Millionen Menschen an der Kundgebung beteiligt waren. Gut so, dass die türkische Zivilgesellschaft Erdogans antidemokratische Bestrebungen anscheinend nicht mehr einfach so hinnimmt. [Karl]

6. Weniger Schönes gibt es laut einer Schätzung der Weltbank aus Syrien zu berichten, wie ein Artikel auf Spiegel Online schildert: Nicht nur dass dort durch den seit sieben Jahren wütenden Bürgerkrieg etwa 320.000 Menschen umgekommen sind, auch die wirtschaftlichen Zahlen sind verheerend, sodass es nach einem Frieden, selbst wenn dieser nun augenblicklich zustande kommen sollte (wonach es ja leider nicht aussieht) noch sehr lange dauern würde, bis die syrische Infrastruktur so weit wiederhergestellt wäre, dass für die Menschen dort ein halbwegs normales Leben möglich wäre. Die bisherigen Schäden durch den Krieg werden so mit 226 Mrd. Dollar beziffert – bei einer Gesamtwirtschaftsleistung Syriens vor dem Krieg von 65 Mrd. Dollar pro Jahr eine erschreckende Summe! [Karl]

7, Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer haut mal wieder Schoten raus, die man eher von AfDlern erwarten würde: Laut einem Artikel in der taz war er nun gerade der Ansicht, dass sich alle schwarzafrikanischen Flüchtlinge in seiner Stadt einem verpflichtenden Gentest unterziehen sollten, um Verbrechen zu vermeiden oder besser aufklären zu können. Dass so was gesetzlich bisher zum Glück (und aus gutem Grund) noch gar nicht möglich ist, interessiert Palmer dabei anscheinend ebenso wenig wie der dabei offen zutage tretende Rassismus. Petra Kelly dürfte in ihrem Grab rotieren, wenn sie mitbekäme, was ihre Partei mittlerweile für Gestalten hervorbringt … [Karl]

8. Ein Artikel von foodwatch beschäftigt sich mit von Konzernen gekaufter Wissenschaft. Dies schlägt sich dann in Studien nieder, die Ergebnisse liefern, die beispielsweise ungesunde Produkte in einem besseren Licht dastehen lassen. Erläutert wird dies an den Beispielen von der Zucker- und Getränke-Lobby, die sich dank wissenschaftlicher Mietmäuler ordentliche Profite mit ihren gesundheitsschädlichen Dickmachern verschafft haben. Daran sieht man: Es ist bei einer Studie immer wichtig zu schauen, wer denn dahintersteckt als Geld- oder Auftraggeber. Und: Konzernen ist die Gesundheit ihrer Kunden oftmals vollkommen egal. [Karl]

9. Im Jahr 2000 wurde die rechtsterroristische Organisation „Blood and Honour“ in Deutschland verboten. Dennoch machten die Mitglieder einfach so weiter wie bisher, was vor allem deswegen gut funktionierte, da der Verfassungsschutz seine schützende Hand über die Neonazis hielt und sogar Polizeiermittlungen erschwerte und verhinderte, wie ein siebenminütiger Beitrag der ARD-Sendung Report Mainz berichtet. Mal wieder erweist sich der Verfassungsschutz also als rechtsstaatsfeindlich, sodass man diesen braunen Haufen am besten möglichst bald auflösen sollte. Die Verfassung schützen diese Typen nämlich garantiert nicht. [Karl]

10. Und noch eine Schote vom Verfassungsschutz und seiner Vorliebe für rechten Terrorismus: In einem Kommentar in der taz kritisiert Gareth Joswig mit sarkastischem Unterton, dass der Bericht des Verfassungsschutzes aus dem Jahr über hessische NSU-Kontakte als geheim eingestuft wurde – und das für 120 Jahre! Ob im Jahr 2134 noch jemand Interesse dran hat, auf welche Weise der Verfassungsschutz oder dessen V-Männer an der Ermordung von zehn Personen durch den NSU beteiligt war? [Karl]

11. Die Krise in Griechenland, unter der die Menschen dort immer mehr leiden und die zu immer mehr existenzbedrohenden Einschnitten in die soziale Infrastruktur führt, erweist sich zumindest für Deutschland als recht profitabel, wie ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung wiedergibt. Dort wird erläutert, auf welche Weise Deutschland Zinsen und Gewinne aus Anleihen in Milliardenhöhe einstreicht – das ist zwar legal, aber aus moralischer Sicht sollten diese Gelder eigentlich Griechenland zukommen. Doch so was möchte im Finanzministerium niemand hören. Schäbig! [Karl]

12. Immer mehr Menschen werden als Freiberufler eingestellt, anstatt in einer festen Einstellung für ein Unternehmen tätig zu sein. So muss das Unternehmen nur zahlen, wenn eine Arbeitskraft auch wirklich eingesetzt wird, und im Krankheitsfall ist man die Sorge auch los. Dass dies dazu führt, dass immer mehr Menschen dann ohne Krankenversicherung dastehen, zeigt ein fünfminütiger Bericht bei quer (BR). Dank neoliberaler Ausrichtung entwickelt sich Deutschland für einen Großteil der Bevölkerung zurück zu einem Entwicklungsland. [Dirk]

13. Und noch was zu miesen Arbeitsverhältnissen: Georgia Palmer gibt in einem Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik einen Einblick in den Arbeitsalltag von Fahrradkurieren, die für Essensauslieferer wie Foodora und Delivaroo arbeiten. Hier wird von Firmen, die sich als hippe Start-ups präsentieren, Ausbeutung auf schlimmem Niveau betrieben, sodass eine Art digitales Prekariat entsteht, das neben schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen auch noch einen Großteil der Unternehmerrisiken zu tragen hat. Dass es mit der sozialen Absicherung derartiger Freiberufler nicht weither ist, versteht sich da leider von selbst, wenngleich erste Bestrebungen für die Errichtung gewerkschaftlicher Strukturen bestehen. [Karl]

14. Die Lohnstückkosten sind in Deutschland viel zu niedrig – das ist nichts ganze Neues für diejenigen, die sich mit Wirtschaftspolitik ein bisschen abseits der gängigen neoliberalen Indoktrination beschäftigen. Nun wird in einem etwa dreiminütigen Bericht des Deutschlandfunks (liegt dort auch in transkribierter Form vor) eine Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung vorgestellt, die gerade aktuell genau dies eindringlich thematisiert und zudem auf das Besorgnis erregenden Lohngefälle zwischen Industrie und privatem Dienstleistungssektor hinweist, was für die zunehmende Ungleichheit innerhalb Deutschland mitverantwortlich ist. [Karl]

15. Das iPhone wird zehn Jahre alt – und neben den Jubelarien auf das Gerät, das viele nicht mehr aus ihrem Alltag wegdenken können, gibt es auch kritische Stimmen, die beispielsweise auf die Reduktion von intellektuellen und sozialen Kompetenzen durch Smartphones hinweisen. Einer, der es wissen müsste, ist Tony Fadell, denn er ist einer der Miterfinder des iPhones, also mitnichten ein prinzipieller Technikverweigerer. Ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung schildert, was Fadell am Phänomen Smartphone kritisch sieht, sodass er eine Art hippokratischen Eid für Entwickler fordert, damit die Konsequenzen von neuen Technologien zunächst mal auf ihre Schädlichkeit hin überprüft werden. Wenn ich so was lese, bin ich erst recht mal wieder froh, kein Smartphone zu haben. [Karl]

16. Und noch was zum Thema Smartphones: Von den Dingern wird nämlich, ohne das deren Besitzer es wissen, von Behörden der Standort ermittelt und gespeichert, wie ein Artikel von Christiane Schulzki-Haddouti in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Das nennt sich dann Funkzelle und wird im Zuge der Strafverfolgung von Verbrechen angewendet. Eigentlich müssten die Betroffenen dann darüber informiert werden, aber das macht irgendwie keiner, sodass niemand weiß, wo und wann für wie lange seine Standortdaten gespeichert werden. Datenschutz und Transparenz gehen irgendwie anders, finde ich. [Karl]

17. Norbert Häring widmet sich in einem Artikel seines Blogs wieder einmal seinem derzeitigen „Lieblingsthema“: der Abschaffung des Bargelds bzw. der Einführung einer Bargeldobergrenze. Ohne große mediale oder politische Resonanz sind nämlich gerade die Ergebnisse einer Umfrage zu dem Thema, die von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde, veröffentlicht worden. Und diese sind eindeutig: 95 % der Befragten wollen keine EU-weite Bargeldobergrenze, 99 % beantworteten die Frage nach möglichen Vorteile einer solchen Grenze nicht, weil dort die Antwortmöglichkeit „Keine“ nicht vorgegeben war. Dennoch steht zu befürchten, dass die Politik nun nur auf „heimlicheren“ Wegen daran arbeiten wird, dieses unpopuläre Thema irgendwie umzusetzen. [Karl]

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