1a. Der indische Schriftsteller Pankaj Mishra hat sich in einem Artikel im London Review of books (übersetzt für das Schweizer untergrundblättle) mit der Instrumentalisierung des Holocaust beschäftigt, was ja gerade bei dem Massaker in Gaza zu beobachten ist. Dabei betrachtet er diese Entwicklung historisch seit 1945 und zitiert auch Holocaust-Überlebende sowie jüdische Schriftsteller und Intellektuelle, die das ebenfalls recht problematisch sehen. Ein beeindruckender Text, bei dem es wohl einen massiven Aufschrei in Deutschland (das bei Mishra so gar nicht gut wegkommt) gegeben hätte, wenn der hier veröffentlich worden wäre. Ausgesprochen lesenswert und differenziert!
1b. Und auch auf der Oscar-Verleihung wurde der Krieg in Gaza thematisiert, wie aus einem Artikel der Berliner Zeitung hervorgeht: Der jüdische Regisseur des Films „Zone of Interest“ Jonathan Glazer zeigte bei seiner umjubelten Rede, dass er zu einer wesentlich differenzierteren und weniger einseitigen Sichtweise fähig ist, als es beispielsweise bei der Berlinale vor ein paar Wochen noch der Fall gewesen ist, wo jede Kritik an der aktuellen israelischen Politik für undifferenzierte Empörung sorgte. [Karl]
2. Auch wenn die Bundesregierung und die Opposition nicht so sehr bemüht sind, die Energiewende voranzubringen, so nimmt laut einer Meldung von heise online der Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromerzeugung weiterhin zu: Im vergangenen Jahr lag er bei 56 Prozent. Nicht auszudenken, was also möglich wäre, wenn das schon mal in vorherigen Jahren vorangebracht und nicht unter der Merkel-Lethargie komplett verschlafen wurde. Was auch deutlich wird an den Zahlen: Der Rückgang der rezessionsbedingte Produktionsrückgang der energieintensiven Industrie trägt auch dazu bei, weniger CO2 zu emittieren. [Karl]
3. Konservativismus, wenn nicht gar reaktionäres Denken ist nach wie vor auf dem Vormarsch. So beispielsweise auch beim dem Trend der sogenannten Tradwives. Darunter versteht man Frauen, die vor allem auf TikTok und Instagram ein sehr rückschrittliches Hausfrauenbild idealisieren und in unkritischen, schönfärberischen Tönen darstellen, wie aus einem Artikel auf tagesschau.de hervorgeht. Das geht so weit, dass dabei dann auch gern mal vollkommen patriarchalische Aussagen und Rollenmodelle wiedergegeben werden. Was das mit Kids, die sich so was anschauen, anstellt, kann man sich nur allzu gut vorstellen. [Karl]
4. In einem kurzen Kommentar in der Frankfurter Rundschau benennt Joachim Wille klipp und klar das Versäumnis der Politik der europäischen Staaten, ausreichende Mittel für den Klimaschutz bereitzustellen. Die Europäische Umweltagentur hat nämlich gerade umfassend die Risiken analysiert, die in der EU durch die Veränderung des Klimas drohen, und das Ergebnis ist niederschmetternd: Nahezu jeder Bereich unseres Lebens wird Beeinträchtigungen erfahren. Leider sind die bisherigen Maßnahmen bei Weitem nicht ausreichend – insofern wäre eine Abkehr vom wirtschaftspolitischen Unfug der Schuldenbremse mehr als sinnvoll. Was allerdings die neoliberalen Voodoo-Ökonomen leider nicht sonderlich interessieren wird. [Karl]
5. Bitcoin erfreut sich ja zurzeit eines Rekordhochs. Warum es dennoch nicht sinnvoll ist, in diese „Kryptowährung“ zu investieren, erläutert Maurice Höfgen in einem Artikel seines Blogs Geld für die Welt. Bitcoin hat nämlich keinen realen Gegenwert, sondern der Preis steigt nur so lange, wie immer mehr Menschen das nachfragen. Wenn das mal nicht mehr der Fall ist und dann die Bitcoin-Investoren ihre Gewinne auch tatsächlich realisieren wollen, wozu sie dann Bitcoin abstoßen, dann gibt es nichts, was den Kursverfall aufhalten könnte – ein wichtiger Unterschied zu tatsächlichen Währungen und Aktien. Insofern ist das nichts anderes als ein Glücksspiel – bei dem jeder gewinnen kann, aber eben nicht alle. [Karl]
6. Der Genozid im Irak an den Jesiden, der zur Ermordung, Verschleppung und Flucht vieler Menschen dieser Religionsgemeinschaft führte, war vor einigen Jahren medial sehr präsent. Und obwohl die Situation dort vor Ort immer noch nicht sicher ist, werden nun vermehrt Jesiden aus Deutschland abgeschoben – nur um dann in Flüchtlingslagern zu landen, in denen sie keine Perspektive für ein menschenwürdiges Leben haben, wie ein elfminütiges Video von Zeit Online berichtet. Dabei ist es dann auch komplett egal, ob die Geflüchteten mittlerweile gut integriert sind, Deutsch können und eine Arbeit haben. Einfach nur beschämend, wie die Bundesregierung hier rechten Hetzern in den Hintern kriecht mit ihrer menschenverachtenden Asylpolitik. [Karl]
7. In einem sechsminütigen Video vom Volksverpetzer wird die AfD-Strategie auf YouTube beleuchtet. Dort sind die Blaubraunen nämlich leider sehr erfolgreich und sprechen mit ihrer Hetze und Desinformation vor allem junge Menschen an. Dabei geht man ziemlich durchdacht vor, indem man beispielsweise AfD-Inhalte oft über Drittaccounts verbreitet, die nicht sofort als AfD-nah zu erkennen sind, um so auch Leute anzusprechen, die der AfD an sich kritisch gegenüberstehen. Hat man sich so was dann erst mal angeschaut, sorgt der Algorithmus dann dafür, dass man immer mehr von dem Schmutz zu sehen bekommt. Dabei geben die rechten Hetzer sogar recht offen zu, letztlich genau so zu agieren wie die Nazis in den 1920er-Jahren, als diese das neue Medium Radio verstärkt nutzten. [Karl]
8. Eine Recherche des Bayrischen Rundfunks (BR), über die ein Artikel auf tagesschau.de berichtet, hat ergeben, dass die AfD-Bundestagsabgeordneten mehr als 100 Rechtsextreme als Mitarbeiter beschäftigen. Mehr als jeder zweite Abgeordnete der Blaubraunen hat somit jemanden in seinem Stab, der aus einer Organisation kommt, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Was mal wieder zeigt, dass die Bürgerlichkeit bei der AfD nur Fassade ist. Und es wird auch deutlich, dass es ein Schwachpunkt unserer Demokratie ist, dass solche Verfassungsfeinde dann mit öffentlichen Geldern alimentiert werden. [Karl]
9. Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine, Annalena Baerbock, Alice Weidel und Marie-Agnes Strack-Zimmermann – sie alle bekommen in der letztwöchentlichen Folge von Küppersbusch TV ihr Fett weg – und das mal wieder auf sehr pointierte Art und Weise. Und natürlich auch sehr zu Recht. Friedrich Küppersbusch nimmt kein Blatt vor den Mund und liefert so regelmäßig mit die interessantesten Beiträge des deutschen Journalismus in kompakter Form. Sieben Minuten, die sich lohnen! [Karl]
10. Unschönes gibt es auch mal wieder von der Rüben-RAF zu berichten. Laut einer Meldung auf Golem hat ein Bauer syrische Glasfaserarbeiter im bayrischen Neukirchen erst rassistisch beleidigt und sie dann mitsamt ihrem Arbeitsfahrzeug mit Gülle aus seinem Anhänger bespritzt. Natürlich steht dieser Feigling dann nicht zu seinem Rassismus und streitet alles ab, was die Staatsanwaltschaft zum Glück anders gesehen und Strafbefehl erlassen hat. Vor allem sieht man, wie diese Treckerrüpel immer dreister werden, wenn man sie eben einfach gewähren lässt – und dass offenbar recht Anschauungen bei diesen Deppen auch noch durchaus verbreitet sind. [Karl]
]]>Es war ja leider zu befürchten, dass diese Untertanen sich nun nicht, nachdem sich ihr Gezeter gegen jede Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung als substanzlos und sich zudem im Nachgang diese Kritik als sehr berechtigt erwiesen hat, in ihr Kämmerchen zurückziehen würden, um dort vielleicht mal ein bisschen in sich zu gehen. Reflexion war ja schließlich schon während der Pandemie nicht die Stärke dieser Klientel – und da sie oft Schnittmengen mit alten weißen Männern (s. dazu hier, hier, hier, hier und hier) aufweist, ist eben selbstkritische Einsicht auch nicht gerade zu deren Stärken zu zählen.
Und so geschieht gerade das, was man auch schon beobachten konnte, wenn Covid-19 bzw. die damit zusammenhängenden Maßnahmen diskutiert wurden: Jede Abweichung vom „offiziellen Narrativ“ wird sogleich mit Diffamierungen beantwortet, die zudem eine erschreckend schlichte Schwarzweißedenke offenbaren. Da reicht es schon aus, wenn jemand einen Beitrag in den sozialen Medien teilt, der pro Frieden ist, oder wenn man diesen Beitrag positiv kommentiert, um denjenigen dann gleich als Putin-Anhänger zu beschimpfen. Die Parallele zu Corona: Dort wurden Kritiker gern und oft als AfDler bezeichnet.
Es nützt dann übrigens nichts, wenn man darauf hinweist, dass man für die russische Regierung nichts übrig hat: Wer nicht der primitiven Logik der Bellizisten folgt, der muss eben ein Feind sein – in diesem Fall ein Putin-Fan.
Dass diese Untertanen mit ihrer mangelnden Fähigkeit (oder ihrem mangelnden Willen), komplexe Zusammenhänge auch mal entsprechend mehrdimensional zu betrachten und sich konstruktiv mit anderen Ansichten auseinanderzusetzen, allen Putins dieser Welt sehr gelegen kommen, da diese ihre Macht genau auf solchen minderreflektierten Einfaltspinseln (oder Ignoranten) gründen, kommt ihnen natürlich nicht ansatzweise in den Sinn.
Vielmehr wähnen sich diese Leute, die meist aus einem eher linksbürgerlich-grünen Milieu kommen, als wackere Streiter gegen Rechts – ohne dabei mal zu berücksichtigen, dass Militarismus, dem sie so vehement das Wort reden, eine urrechte Untugend ist. Genauso wie die Tatsache ausgeblendet wird, dass dem Umstand, nur allzu gern Menschen in anderen Ländern für die von einem selbst als gerecht definierte Sache sterben zu lassen, schon ein recht nationalchauvinistischer, wenn nicht gar rassistischer Mief anhaftet.
Aber solche Zusammenhänge kann man schön mit der den Untertanen eigenen Selbstgerechtigkeit beiseitewischen – und als alter weißer Mann (mal wieder beiderlei Geschlechts) ja sowieso …
Dabei wäre es doch so einfach für diese Untertanen: Sie könnten sich als Söldner in der Ukraine verdingen. Damit wären sie dann auch nicht schlechter ausgebildet als die meisten der dort Zwangsrekrutierten, müssten allerdings nicht einfach irgendwelche anderen Menschen für ihren eigenen Kriegstaumel sterben lassen, sondern könnten sich höchstselbst an dem Wahnsinn beteiligen. Und dann könnten sie auch auf die Pazifisten schimpfen, was natürlich in ihren kriegsgeilen Tiraden nicht fehlen darf, da sie ja selbst bereit wären, Konsequenzen zu tragen, die andere nicht auf sich nehmen wollen. Wäre irgendwie ein bisschen glaubhafter, oder?
Wer allerdings „Der Untertan“ von Heinrich Mann gelesen hat, weiß, wie es der dortige Protagonist Diederich Heßling mit dem eigenen Militärdienst hielt: Da war er dann doch recht froh, als er sich vor dieser Plackerei nach kurzer Zeit drücken konnte. Passt insofern ganz gut zu den heutigen Sesselfurzer-Bellizisten.
Und während mittlerweile selbst der Pabst dazu aufruft, doch die Bemühungen zu verstärken, das entsetzliche Sterben in diesem furchtbaren Krieg in der Ukraine zu beenden, wird er dafür dann doch gleich von den hiesigen Kriegslüsternen, allen voran deren oberster Ikone, dem Rheinmetall-Maskottchen Agnes Strack-Zimmermann (FDP), abgewatscht. Was fällt dem auch ein – als Christ von Frieden zu schwafeln? Kreuzzüge und Inquisition scheinen solchen Christen dann doch eher zu liegen als der Kram, den jemand wie Jesus Christus von sich gegeben hat …
Was ich dabei vor allem problematisch finde neben der Tatsache, dass es genau dieser Untertanengeist ist, der nicht nur Deutschland, sondern die halbe Welt schon zweimal im letzten Jahrhundert in den Abgrund geführt hat (und jetzt immerhin sogar eine nukleare Eskalation fast schon herbeizusehnen scheint): Das, was hierzulande links der Mitte zu finden ist, erodiert immer weiter. Zum einen tendieren da ja etliche, wie ich vor einigen Monaten in einem Artikel beschrieb, immer mehr nach rechts, weil sie rechter Agitation, die sie mit Opposition verwechseln, aufsitzen. Und zum anderen rutschen die ehedem linksbürgerlichen Bellzisten im Zuge ihres Untertanentums auch immer weiter nach rechts – und das nicht nur inhaltlich, sondern auch was das Diskursniveau angeht. Sachlicher Austausch ist mit solchen Menschen nämlich, wie oben bereits beschrieben, kaum noch möglich, und selbst der eklige höhnische Grinse-Smiley wird von ihnen mittlerweile genauso selbstverständlich zur Diskreditierung anderer Diskutanten verwendet, wie man das vor einiger Zeit noch vor allem von Rechtsaußen kannte. Aber auch das ist leider seit der Pandemie eine kontinuierliche Entwicklung, die ich bereits vor etwa eineinhalb Jahren in einem Artikel skizzierte.
Und so ist das zunehmende Untertanentum m. E. nicht nur ein weiterer Ausdruck des ohnehin nicht mehr zu übersehenden Rechtsrutsches unserer Gesellschaft, sondern die Untertanen befeuern ebendiesen Rechtsrutsch auch noch weiter, indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass rechter Militarismus auch in nicht rechten Kreisen nicht nur sagbar, sondern eben auch etwas ganz Normales wird. Aber das passt ja zu dem Milieu der SPD- und Grünen-Wähler, deren Parteien gerade Asylpolitik im Stile der AfD betreiben und zudem noch vollkommen ungehemmt Sozialdarwinismus schüren.
Ziemlich fiese Abwärtsspirale, wie ich finde …
Umso wichtiger ist es für mich, nach wie vor zu meiner pazifistischen Grundhaltung zu stehen, nicht in der kriegslüsterne Gekeife mit einzustimmen und diesem entgegenzutreten, wo es mir begegnet!
]]>1. Plastik ist ein ziemlich großes Problem – für Menschen im globalen Süden zuweilen sogar mit lebensbedrohlichen Ausmaßen. Simone Schlindwein hat sich dieses Themas in einem Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik daher mal angenommen und schildert, welche Auswirkungen Plastik in der Umwelt in afrikanischen Ländern rund um den Victoriasee hat und was dort dagegen gemacht bzw. nicht gemacht wird. Klar wird dabei auch: Es bräuchte hier Abkommen für eine globale Ächtung von Einwegplastik für Verpackungen, um dem Problem einigermaßen Herr werden zu können. [Karl]
2. Gute Nachrichten aus Sardinien! Bei der dortigen Regionalwahl hat der postfaschistische Kandidat des Rechtsbündnisses, der von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni persönlich protegiert wurde, eine Niederlage gegen die Kandidatin des Mitte-Links-Bündnisses kassiert. In einem Artikel des IPG-Journals analysiert Michael Braun das Zustandekommen dieses Wahlausgangs und wagt sogar einen hoffnungsvollen Ausblick, dass dieses Resultat nun nach den vielen Erfolgen der letzten Jahre vielleicht sogar der Anfang vom Ende der rechtsextremen italienischen Regierung sein könnte. [Karl]
3. Dass Deutschland einen aufgeblähten Sozialstatt hätte, wird ja in letzter Zeit immer gern wieder von Konservativen und Rechten behauptet. Allerdings ist da überhaupt nichts dran, wie eine Datenanalyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung ergeben hat, deren Ergebnisse in einer Pressemitteilung der Stiftung zusammengefasst werden. Sowohl im zeitlichen als auch im internationalen Vergleich ergeben sich da für Deutschland keine auffällig hohen Werte, sondern man liegt durchweg im mittleren Bereich. Hier wird also mal wieder gelogen, dass sich die Balken biegen, um Stimmung gegen arme Menschen zu machen – widerlich! [Karl]
4. Die Potsdamer IT-Hochschule Hasso-Plattner-Institut hat laut einem Artikel von Correctiv gerade sehr aktiv die Gründung eines Betriebsrates unterbunden – und ein alternatives Gremium stattdessen implementiert, das allerdings nicht die gleichen Rechte und Handlungsmöglichkeiten wie ein Betriebsrat hat. So ein Vorgehen ist leider keine Seltenheit, sondern wird in letzter Zeit zunehmend genutzt, um Arbeitnehmervertretungen zu verhindern. Forciert wird das vor allem auch von Anwaltskanzleien, die sich hierauf spezialisiert haben und so eine Menge Geld damit machen. Da wird also lieber irgendwelchen Rechtsverdrehern Kohle in den Rachen geschmissen, als dass den Angestellten ihre ihnen zustehenden Rechte gewährt werden. [Karl]
5. Ein 24-minütiger Beitrag vom Deutschlandfunk Kultur (liegt auch in transkribierter Form vor) beschäftigt sich mit dem Thema Sportwetten. Hierfür wird mittlerweile vor allem beim Fußball massiv geworben, gleichzeitig nimmt die Zahl der Spielsüchtigen, die sich damit oftmals schwer verschulden, immer mehr zu. Aber auf die Kohle aus dem Sponsoring oder der Sportwettensteuer wollen weder Fußballvereine noch die öffentlichen Kassen verzichten. Und so werden nach wie vor Jugendliche zur besten Sendezeit um 18 Uhr am Samstag in der ARD-Sportschau dazu animiert, doch auch mal Sportwetten zu versuchen, um so schon früh den Grundstein für eine Spielsuchtkarriere zu legen. [Karl]
6. Dominic Johnson findet in einem Kommentar in der taz klare Worte für das, was gerade in Gaza abgeht: Diese humanitäre Katastrophe ist entweder beabsichtigt, dann müsste man von einem Völkermord sprechen, oder aber sie ist nicht beabsichtigt, dann wäre das ein immenses Versagen der israelischen Regierung und ihrer Verbündeten/Fürsprecher. Die deutsche Regierung ist also entweder in diesem Punkt ein Haufen Vollversager oder man unterstützt einen Völkermord – ich möchte weder von dem einen noch vom anderen repräsentiert werden. [Karl]
7. Die FDP in Person von Bundesjustizminister Marco Buschmann zeigt sich mal wieder als ewiggestriger Haufen, dem Menschenrechte am Allerwertesten vorbeigehen. So lehnt nämlich Buschmann zusammen mit seinem Kollegen aus Frankreich als Einziger das geplante EU-Gesetz gegen Vergewaltigung ab. Die Begründung dafür ist laut einem Artikel in der ELLE – wie könnte es bei der FDP auch anders sein? – ausgesprochen dürftig. Und die Grünen, die ja ja immer gern etwas von feministischer Politik faseln, werden mal wieder relativ widerspruchslos von ihrem rechten Koalitionspartner vorgeführt. [Karl]
8. Jürgen Geuter ist Informatiker und Philosoph – und steht dem Thema künstliche Intelligenz (KI) recht kritisch gegenüber. In einem Interview mit turi2 führt er aus, was ihn genau am derzeitigen Verhalten von KI-Unternehmen stört, deren Erzählungen oft genug einfach so von vielen Medien übernommen werden. Dabei sieht er durchaus positive Aspekte in einer gezielten Anwendung von KI, problematisiert allerdings, dass KI immer öfter als eine Art Allheilmittel für alle Probleme dieser Welt kommuniziert wird. Dabei erläutert er auch für Nicht-ITler gut verständlich und nachvollziehbar, wo die Grenzen von KI-Anwendungen sind und warum man nicht fragen sollte, was KI zukünftig leisten kann, sondern was damit heute schon vollbracht wird – und ob wir das wirklich so haben wollen. [Karl]
9. In Argentinien kann man gerade beobachten, wie Radikalkapitalismus, Autoritarismus und Rechtsextremismus Hand in Hand gehen – und was dann für Verwüstungen herauskommen, wenn Freaks wie der dortige Präsident Javier Milei an die Macht kommen: extreme Zunahmen von Armut, Wegfall der sozialpolitischen Grundversorgung, Medienzensur, Denunziationsaufrufe und explodierende Teuerung. Und das alles in nur recht kurzer Zeit von wenigen Monaten. Ein Artikel im Standard beschreibt die aktuelle Situation in Argentinien, und da fragt man sich doch wirklich, was die Leute nur dazu bewegen mag, Typen wie Milei ihre Stimme zu geben, wenn deren Agieren dann nicht eben überraschend destruktiv ist. [Karl]
]]>Mal davon abgesehen, dass diese Bezahlkarte aufgrund ihrer stigmatisierenden Funktionalität reichlich menschenverachtend ist und das dahinterstehende Menschenbild, dass nämlich Geflüchtete sowieso nicht mit Geld umgehen können und die Kohle dann unberechtigterweise ins Heimatland transferieren wollen, reichlich rassistisch müffelt, so zeigt sich zudem nämlich gerade, dass hiermit nun noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist.
Denn wenn schon eine Bundesregierung unter Führung von SPD und Grünen so einen Müll einführt, der auch auf dem Mist der AfD hätte gewachsen sein können, so lässt sich nun natürlich die CDU nicht lumpen und legt gleich noch mal eine kräftig Schippe Sozialdarwinismus obendrauf.
So forderte nämlich der CDU-Bundestagsabgeordnete Maximilian Mörseburger kürzlich, so eine Bezahlkarte auch für Bürgergeldempfänger einzuführen (s. hier). Die Begründung dafür ist so unoriginell wie auf falschen Fakten basierend: Man wolle so den „Totalverweigerern“ an den Kragen, niemand solle es sich auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung „gemütlich machen“. Also mal wieder das dumme Klischee von der sozialen Hängematte – gekoppelt mit dem Verweis, dass jemand, der arbeitet, schließlich netto deutlich mehr raushaben muss als ein Bürgergeldempfänger – wobei eine Type wie Mörseburger natürlich nicht auf die Idee kommt, dass Lohnerhöhungen da ein sehr probates Mittel sein könnten …
Dass die Realität komplett anders aussieht und gerade zurzeit immer weniger Menschen ihren Job kündigen, um dann Bürgergeld zu beziehen (s. hier), scheint Leute wie Mörseburger dabei nicht zu interessieren. Hauptsache, man kann weiter Arme gegen noch Ärmere aufwiegeln und den Ärmsten dabei das Leben immer schwerer machen. Die angeblich unantastbare Würde des Menschen? Ach, Schnickschnack, so was hat sich im Weltbild von CDUlern (und natürlich auch von ihren Brüdern im Geiste von der FDP und AfD) jemand erst mal zu verdienen, bevor das beansprucht werden kann. Scheiß doch aufs Grundgesetz und seinen blöden ersten Artikel.
Mal abgesehen davon, dass hier mal wieder ökonomische Folgen inkludiert sind, die dann vor allem kleine Betriebe betreffen – nämlich diejenigen, bei denen noch (überwiegend) mit Bargeld bezahlt wird: Marktstände und kleine Läden wären hier vor allem die Betroffenen, bei denen dann viele Menschen von jetzt auf gleich nicht mehr einkaufen können. Große Unternehmen freuen sich dann über die wegfallende Konkurrenz – auch ein Phänomen, dass ja seit Jahren politisch forciert wird. Und es würde mich auch nicht wundern, wenn mit der für Bezahlkarten notwendigen Infrastruktur dann auch ein paar Buddies der dafür verantwortlichen Politiker profitieren würden.
Aber bei der Bezahlkarte für Geflüchtete hat das ja auch funktioniert: Da werden ebenfalls Sachen behauptet, die so schon längst widerlegt sind, beispielsweise dass hiesige Sozialleistungen ein Pull-Faktor für Menschen aus dem globalen Süden sind, um hierherzukommen (s. hier). Aber diese dummdreist-falsche Erzählung hat ja auch einen entscheidenden Vorteil: Man kann damit wunderbar davon ablenken, wie sehr unser Lebensstil auf Kosten von Menschen in Asien und Afrika geht, denen dort deswegen die Lebensgrundlage entzogen wird, sodass sich einige von ihnen dann auf den Weg nach Europa machen.
Und was mit den Geflüchteten klappt, kann man dann doch sicher auch bei den Bürgergeldempfängern praktizieren – zumal sich ja seit vielen Jahren alle Mühe gegeben wird, arme Menschen in den Augen derer, die (noch) etwas mehr haben, zu diskreditieren (s. hier).
Und was kommt dann als Nächstes? Vielleicht eine Bezahlkarte auch für Geringverdiener, denn die haben ja nach asozialer Unionslogik auch selbst schuld daran, dass sie auf keinen grünen Zweig kommen, sodass es besser ist, diesen monetären Blindgängern dann die Verantwortung für ihre Finanzen weitestgehend zu entziehen. Und in einem weiteren Schritt kommt dann die Bezahlkarte für alle – außer natürlich für diejenigen mit einem sehr hohen Einkommen oder Vermögen -, dann kann man nicht nur notfalls den Daumen draufhalten, wenn der Pöbel zu viel Geld ausgeben möchte, sondern mit Sicherheit auch gleich noch ein paar Überwachungstools implementieren, sodass klar nachvollziehbar wird, wer sein Geld wofür genau ausgibt.
Oder wie wäre es damit? Es wird ein neoliberales bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt (BGE), für das dann alle Sozialleistungen wegfallen und auch Dinge wie der Mindestlohn abgeschafft werden. Und dieses BGE wird nur auf Bezahlkarte ausgezahlt. Wenn das Gehalt dann komplett für die in diesem Szenario absehbar explodierenden Mieten draufgeht, dann werden die Leute das Ding schon nutzen, wenn sie sich was zu essen kaufen wollen …
Ach ja: Falls dann mal jemand aufmucken sollte, kann ihm auch gleich die Bezahlkarte einfach gesperrt werden – und dann wird derjenige schon sehen, was er davon hat! Vielleicht das Ganze noch chich verpacken mit einer stylischen App fürs Smartphone und mit einer freshen Werbekampagne versehen – und mit ein bisschen Glück wollen die meisten Konsumhäschen das dann ganz von allein haben.
Das klingt nun alles übertrieben oder unrealistisch? Na ja, vor einem Jahr hätte ich es auch noch als übertrieben und unrealistisch eingeschätzt, dass tatsächlich von der Ampelregierung eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt und dann gleich darauf von der Opposition das Gleiche auch für Bürgergeldempfänger gefordert wird.
So ist das eben mit Pandora-Büchsen: wehe, wenn sie erst mal aufgerissen sind …
]]>In einem durchschnittlichen Jahr verdiene ich ca. 20.000 Euro (ca. 22.000 Dollar), da ich selbstständig bin und das variiert. Wenn ich also 45 Jahre keinen Cent ausgebe, dann habe ich bis zum Renteneintritt 900.000 Euro verdient (ca. 990.000 Dollar), also nicht einmal eine Millionen in meinem gesamten Leben. Das bedeutet, dass Jeff Bezos nun also 200.000 Mal so viel Geld „übrig“ hat, wie ich in meinem gesamten Leben verdienen könnte, wenn ich nicht nebenher mein Leben finanzieren müsste. Klingt fair, der Mann arbeitet hart.
Ich bin absolut zufrieden mit meinem Auskommen, und auch wenn ich mit meiner Selbstständigkeit und mit drei Kindern nicht in der Lage bin, entsprechend für eine lebenswerte Privatrente zu sorgen (und daher mit derzeit 50 Jahren bei unter 200 Euro Rentenanspruch liege), so finde ich es ein wenig obszön, auf Kosten der Umwelt, schlecht bezahlter Arbeitnehmer und mit kräftiger Unterstützung des Börsen-Casinos solche Summen anhäufen zu können. Wahrscheinlich bin ich aber nur neidisch, weil ich nicht jeden Tag eine Millionen ausgeben kann, ohne auch nur einen Cent meines angelegten Kapitals zu verlieren. Dafür könnte man eine ganze Menge Biogemüse verdrücken und Bahnreisen machen, aber mehr als meine täglichen Rationen schaffe ich leider nicht …
Ich danke also einmal mehr unseren politischen Eliten auf der Welt, dass ich mir dank ihrer durchdachten Vermögensverteilungsstrategien keine Sorge über den Verlust von 31 Milliarden machen muss und auch nicht darüber, wie ich es schaffe, jeden Tag eine Millionen auszugeben, ohne nach kurzer Zeit auszusehen wie Manuel Uribe. Danke!
]]>Denn schließlich ernten die Bauern ja überall für ihre Proteste viel Verständnis, während Klimaaktivisten, vor allem von der Letzten Generation, wenn diese sich auf Straßen festkleben, in erster Linie geballter Hass entgegenschlägt.
Und dann kann man so was als Social-Media-Meldung der Feuerwehr Elstal lesen:
Echt jetzt mal – geht’s noch? Das ist nicht nur ein mutwilliger Eingriff in den Straßenverkehr, wie man es von den Traktordeppen ja mittlerweile seit Wochen gewohnt ist, sondern es werden auch noch Unbeteiligte massiv gefährdet – und das nicht mal fahrlässig (denn so dumm können selbst die Bauern, die das verzapft haben, nicht sein), sondern mit voller Absicht. Warum sollte man sonst ein nicht sichtbares großes Hindernis im Dunkeln auf einer Landstraße, auf der 100 km/h gefahren werden darf, platzieren?
Und als Krönung lässt man dann noch nicht mal die Rettungskräfte durch, indem man eine Rettungsgasse verhindert, und greift die Helfer dann auch noch aggressiv an.
Dass die Fans der Dummbatzen mit ihren Treckern selbst einen durch die Protestblockaden verursachten Unfall, bei dem ein Lkw-Fahrer ums Leben kam (s. hier), kleinredeten, durfte ich selbst in den sozialen Medien erleben. Da hieß es dann, dass der Lkw-Fahrer ja selbst schuld sei, der habe bestimmt nicht aufgepasst, sonst wäre er ja nichts aufs Stauende aufgefahren.
Dennoch hätte es ohne die Treckerblockaden diesen Stau eben gar nicht erst gegeben. Und wenn ich dann daran denke, wie sehr sich oftmals die gleichen Leute dann darüber aufregen, wenn es theoretisch möglich sein könnte, dass jemand aufgrund einer Protestaktion mit Straßensperre der Letzten Generation verletzt oder gar getötet werden könnte, dann sieht man, dass hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen wird.
Insofern finde ich es sinnvoll, mal komprimiert das Verhalten der Protestbauern und der Klimaaktivisten einander gegenüberzustellen.
Wutbauern | Klimakativisten der Letzten Generation |
Worum geht es? Um die eigene Plauze – man will sein Geschäftsmodell so weiterbetreiben wie bisher und wird dazu von CDU-dominierten Verbänden und CDU-nahen Medien aufgestachelt sowie von CDU-Politikern (und noch weiter rechts Stehenden) unterstützt. |
Worum geht es? Um den Erhalt der Biosphäre für die jetzige und künftige Generationen, wobei man sich auf wissenschaftlichen Konsens berufen kann. |
Gegen wen richtet sich der Prostest? Gegen die Ampelregierung, weil man unter der seit Jahrzehnten vor allem von der CDU verantworteten Landwirtschaftspolitik leidet – irgendwie ziemlich irrational. |
Gegen wen richtet sich der Protest? Gegen alle neoliberalen Parteien aufgrund deren verfehlter bzw. unterlassener Klimaschutzpolitik. Damit hat der Protest eine systemkritische Variante und ist deswegen ausgesprochen rational. |
Wie wirken sich die Protestaktionen aus? Massive tagelange Verkehrsbehinderungen und damit Einschränkung von vielen Unbeteiligten inklusive des Verursachens von Unfällen mit Sachschäden, Verletzten und sogar einem Toten. |
Wie wirken sich die Protestaktionen aus? Punktuelle Verkehrsbehinderungen und damit Einschränkungen von einigen wenigen Unbeteiligten. Unfälle, Verletzte oder gar Tote gab es deswegen meines Wissens bisher noch nicht. Sachschäden wurden höchstens bei Plexiglasschutzwänden von Kunstwerken verursacht. |
Wird eine Rettungsgasse ermöglicht? Nein, die wird sogar noch verhindert. |
Wird eine Rettungsgasse ermöglicht? Ja, und es wird auch meines Wissens immer explizit dazu aufgefordert. Zudem werden Rettungsfahrzeuge auch durchgelassen. |
Werden Unfälle in Kauf genommen? Ja, und wie am oben gezeigten Beispiel zu sehen, auch nicht nur fahrlässig, sondern mutwillig herbeigeführt. |
Werden Unfälle in Kauf genommen? Nein, es sollen keine Unfälle verursacht werden. |
Wie wird mit Einsatzkräften umgegangen? Unfallhelfer werden aggressiv angegangen und an ihrer Arbeit gehindert, zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kam es meines Wissens bisher so gut wie nie. |
Wie wird mit Einsatzkräften umgegangen? Keine Behinderung von Hilfskräften, auch bei polizeilichen Übergriffen bleiben die Aktivisten in der Regel passiv und friedlich. |
Wie verhält sich die Polizei gegenüber den Protestierenden? Laisser-faire, man lässt die Protestierenden eigentlich immer gewähren bei ihren teils gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr. |
Wie verhält sich die Polizei gegenüber den Protestierenden? Da wird gern mal kräftig zugelangt – auch wenn es gegen Minderjährige geht (s. hier), die sich nicht zur Wehr setzen. |
Wie reagieren weite Teile der Öffentlichkeit auf die Protestierenden? Den Wutbauern wird sehr viel Verständnis entgegengebracht, deren Straßenblockaden werden als legitime Form von Protest angesehen, viele Menschen solidarisieren sich mit den Treckerrüpeln. |
Wie reagieren weite Teile der Öffentlichkeit auf die Protestierenden? Den Aktivisten wird oft mit Gewalt gedroht, Menschen wünschen ihnen den Tod oder Verstümmelungen, teilweise gibt es massive körperliche Übergriffe von Autofahrern bis hin zu einem Lkw-Fahrer, der einen Aktivisten mit seinem Laster mitschleifte (s. hier). |
Und was macht die Politik? Äußert Verständnis, solidarisiert sich zum Teil mit den Protestlern (je weiter rechts, desto anbiedernder) geht auf deren Forderungen ein (Abschwächung der Streichung der Agrardiesel-Subvention) und schiebt andere Sündenböcke vor (Migranten, Bürgergeldempfänger). |
Und was macht die Politik? Zeigt so gut wie kein Verständnis, bezeichnet die Aktivisten immer wieder gern als „Klimaterroristen“ bis hin zur Einschätzung, dass es sich bei der Letzten Generation um eine terroristische Organisation handeln würde, die entsprechend vom Sicherheitsapparat angegangen werden müsste. |
Tja, was sagt das nun insgesamt über unsere Gesellschaft aus, wenn da solche unterschiedlichen Maßstäbe angelegt werden? Ich schätze mal, dass dabei vor allem auch die Medien eine wichtige Rolle spielen, denn diese lenken die Stimmung ja nach wie vor gern mal in die eine oder andere Richtung. Und da ist es nun mal so, dass ein Großteil von denen auch viel Verständnis für die Wutbauern aufbringt, die Letzte Generation hingegen sehr kritisch sieht.
Klar, Klimaaktivisten stellen ja auch den neoliberalen Kapitalismus infrage, denn schließlich ist dieses Wirtschaftssystem ja für das Dilemma mit dem aus dem Ruder laufenden Weltklima verantwortlich – und dieses Problem wird sich vor allem auch nicht innerhalb dieses Wirtschaftssystems lösen lassen, da Klimaschutz eben mit dem Wachstumsdogma des Kapitalismus kollidiert. Und auf solche Systemkritik, die dann vor allem auch noch wissenschaftlich fundiert ist, haben viele Journalisten und Verleger nun mal gar keinen Bock, da sie oft genug nicht gerade zu den Verlierern dieses Systems gehören.
Bei den Bauern sieht das hingegen anders aus, da kann man schön ein bisschen die Stimmung anheizen sowie Politik- und daraus folgend dann auch Demokratieverdruss befördern. Das bringt Auflage bzw. Klicks, und damit schreckt man mit Sicherheit auch kaum Werbekunden ab, die ja oft genug auch kein Problem damit haben, wenn sich der Volkszorn gegen die Politik bzw. in diesem Fall die Ampel richtet, nur weil diese mal umweltschädliche Subventionen abbauen möchte. Die Bauern protestieren halt für ein „Weiter so!“, und das finden in der Politik, in den Unternehmen und in den Medien viele schon ganz prima.
Dabei fordern die Klimaaktivisten im Grunde nur das ein, was das Bundesverfassungsgericht der Politik schon 2021 vorgegeben hat (s. hier) – und was bisher weitgehend ignoriert wurde. Ziviler Ungehorsam zur Verteidigung unserer Verfassung ist also für viele Terrorismus, während das mutwillige Gefährden von Leib und Leben Unbeteiligter dann eine legitime Art des Protests ist.
Ganz schön krank, oder?
Der Postillon hat das Ganze auf satirische Art mal wieder hervorragend auf den Punkt gebracht:
Schon lustig, wenn es nicht so traurig wäre …
Ergänzung vom 7. März 2024:
Auf der Facebook-Wall von quer (BR) habe ich zu dem Thema gerade ein sehr treffendes Meme gefunden, was ich Euch nicht vorenthalten möchte:
]]>1. Ulrich Vosgerau hat an dem Treffen von Rechtsextremen in Potsdam teilgenommen, über das ja von Correctiv berichtet wurde – was ziemliche Welle geschlagen hat aufgrund der dort geäußerten Remigrationspläne. Nun hat Vosgerau gegen Correctiv geklagt wegen des Artikels, und da wurde im Vorfeld viel Bohei um diesen Prozess gemacht, von Rechtsaußen wurde das sogar so hochstilisiert, dass angeblich die ganze Recherche nicht zutreffend sei. Das ist jedoch nicht der Fall, und darum ging es auch gar nicht, wie auf einem Vorbericht und einer Nachbetrachtung von Legal Tribune Online hervorgeht. Vielmehr haben beide Seiten vor allem erst mal die PR-Maschine angeschmissen, um das Ganze gewaltig aufzublasen. Wichtig dabei: Im Kern ist der Correctiv-Bericht nicht zu beanstanden. [Karl]
2. In seiner Kolumne in der taz befasst sich Timm Kühn mit dem Klassenkampf von oben, der immer deutlicher und offensichtlicher vonseiten der Neoliberalen geführt wird. Das sieht man zum Beispiel an der menschenverachtenden Asylpolitik der derzeitigen Regierung oder auch an der Hetze von Friedrich Merz (CDU) und Christian Lindner (FDP) gegen Bürgergeldempfänger und Migranten – um Arme gegen noch Ärmere aufzuwiegeln. Dabei zeigt Kühn dann auch einige Beispiele auf, wie sich Widerstand gegen diesen Rechtsrutsch organisieren lässt. Das sind zwar vor allem Berliner Initiativen, aber als Inspiration taugt das allemal auch für andere Orte. [Karl]
3. Das junge US-Unternehmen Albedo Space will im nächsten Jahr Satelliten in die Erdumlaufbahn bringen, die dank einer extrem hohen Auflösung Objekte von einer Größe von lediglich zehn Zentimetern lokalisieren können. Damit wäre dann eine Überwachung aller Personen überall auf der Erde möglich – ziemlich gruselige Vorstellen, wie auch Markus Reuter in einem Artikel für Netzpolitik.org findet. Und wenn man sich dann noch anschaut, wer da die Finger bei Albedo mit drin hat – Geheimdienstler und Militärs -, dann wird schon klar, dass diese Technik kaum zum Nutzen der Menschheit genutzt werden dürfte. [Karl]
4. Maurice Höfgen schildert in einem Artikel seines Blogs Geld für die Welt, wie der Staat bei alleinerziehenden Elternteilen (meist Frauen) spart, wenn diese von ihrem Ex-Partner nicht den ihnen zustehenden Unterhalt bekommen. Und das ist sehr oft der Fall. Dafür gibt es dann den sogenannten Unterhaltsvorschuss, doch wird seit 2008 das Kindergeld voll auf diese Zahlung angerechnet, sodass die Alleinerziehenden immer noch in Armut leben müssen. Eigentlich ein Skandal, wie ich finde, und zwar auf allen Ebenen – von den nicht zahlenden Elternteilen bis hin zu den öffentlich Kassen, die mal wieder bei denen sparen, die sowieso schon nicht viel haben. [Karl]
]]>Und natürlich hat die da ans Licht gekommene Kungelei auch den Ruf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beschädigt, der zunächst mal noch an Graichen festhalten wollte und ihn dann doch entlassen musste (s. hier).
Wenn Ihr hier öfter Artikel von mir lest, dann wisst Ihr ja, dass ich für Korruption, Ämterpatronage, Pöstchengeschacher und Vorteilsnahme von politischen Mandatsträgern nicht gerade viel übrig habe. Insofern finde ich es schon wichtig, wenn solche Vorfälle wie der mit Graichen auch öffentlich thematisiert werden. Und da gab es gerade jetzt noch so einen Vorfall „wie der mit Graichen“ – über den leider so gut wie gar nichts und schon erst recht nicht so prominent in den Medien zu finden war.
Oder habt Ihr in den letzten Wochen etwas über Klaus Bonhoff gelesen oder gehört? Der hat nämlich seine Position als Abteilungsleiter im Bundesverkehrsministerium sowohl unter Andreas Scheuer (CSU) als auch unter Volker Wissing (FDP) genutzt, um Freunden Fördergelder in Millionenhöhe zuzuschanzen – und das für Wasserstofftechnologie, die von den meisten Fachleuten als überhaupt nicht relevant und untauglich für den Verkehrssektor klassifiziert wird (s. hier). Nachdem das Netzwerk und die Machenschaften von Bonhoff bekannt wurden, hielt Bundesverkehrsminister Volker Wissing jedoch erst mal weiter an seinem Abteilungsleiter fest – und lenkte erst ein, als dann doch die eine oder andere kritische Stimme zu dem Fall zu vernehmen war.
Da finden sich also zahlreiche Parallelen zum Fall Graichen – allerdings ist es bezeichnend, wie unterschiedlich das Medienecho bei beiden Affären ist.
Bei Graichen wurde aus der Nummer nämlich ein großer Skandal, die Opposition (und auch die FDP als Quasi-Opposition in der Regierung) bekam reichlich Platz in den Medien, um sich dazu zu äußern und das zögerliche Vorgehen Habecks zu kritisieren, und wochenlang was das Ganze ein Topthema in den Schlagzeilen. Vom rechten Rand war sogar immer wieder Geblöke zu hören, dass Habeck nun deswegen zurücktreten müsse.
Ganz anders nun bei Bonhoff. Obwohl beide Geschehnisse reichlich Parallelen aufweisen, unterscheidet sich die Berichterstattung doch erheblich.
Dass die BILD natürlich bei einem grünen Minister anders draufhaut als bei einem FDPler, sollte einen nicht wundern, aber selbst wenn wir Springers Hetzorgan rausnehmen, so wird da doch reichlich mit zweierlei Maß gemessen in der deutschen Presselandschaft.
Und das passt leider mal wieder zu dem Bild, was die hiesigen Medien seit einiger Zeit abgeben: Gemeinsam mit der Politik rutscht man immer weiter nach rechts. Darüber habe ich ja schon vor ein paar Monaten einen Artikel geschrieben, und auch dass die Grünen irgendwie seit einiger Zeit ständig der Hauptfeind zu sein scheinen, auf den man hemmungslos eindrischt (s. hier), passt da ins Bild.
Anders ist es ja nicht zu erklären, dass bei Graichen komplett medial auf dem Teller gedreht und bei Bonhoff überwiegend geschwiegen wird, oder? Und auch ohne Habeck und seine Arbeit sonderlich zu mögen, kann man ihm doch mit Sicherheit kein ein schlechteres Zeugnis als Bundesminister ausstellen als der Vollblinze Wissing, sodass auch der mögliche Grund einer weiteren von vielen Verfehlungen, über die dann prominenter berichtet werden muss, nicht infrage kommt.
Gerade Konservative und Rechte (wobei die Schnittmenge da ja auch immer größer wird) quaken gern, dass „die Medien“ ja generell so linksgrün (gern auch mit dem Zusatz „versifft“) wären. Wie man nun an diesem Fall hier mal wieder deutlich sieht, ist das nicht so – ganz im Gegenteil. Die meisten Medien sind mittlerweile Stichwortgeber für die AfD, berichten immer wieder im großen Stil über alles Mögliche, was vor allem die Blaubraunen trefflich ausschlachten können: Geflüchtete, Identitätspolitik, Migration – und eben die vermaledeiten Grünen.
Das führt dann nicht nur zu einem Erstarken der AfD, sondern (vor allem im Zuge der Bauernproteste) eben auch zu übergriffigen Aktionen gegen grüne Politiker, wie beispielsweise am Fähranleger von Schüttsiel, bei der Verhinderung des grünen Politischen Aschermittwochs in Biberach oder bei der zeitweiligen Festsetzung von Ricarda Lang bei einer Veranstaltung in Magdeburg.
Was die Ursache für dieses Verhalten vieler sogenannter Qualitätsmedien ist, darüber kann man nur spekulieren. Soll so dem Vorwurf der Linksgrünlastigkeit entgegengetreten werden? Liegt hier Einflussnahme von denjenigen, denen diese Medien gehören vor, da diese ihre eigenen großen Vermögen nicht angetastet wissen wollen? Klammern sich Chefredakteure und Alphajournalisten als Besserverdiener an den immer offensichtlicher scheiternden Neoliberalismus und machen somit den damit zusammenhängenden Rechtsschwenk mehr oder weniger automatisch mit? Geht es vor allem darum, den Zeitgeist aufzugreifen und mit Stimmungsmache gegen die Grünen Klicks abzugreifen? Ich weiß es beim besten Willen nicht …
In jedem Fall sollte doch jedem, der im Bereich Journalismus tätig ist, klar sein, dass der Weg nach rechts auch bedeutet, der eigenen Profession dann irgendwann nicht mehr nachgehen zu können, es sei denn als PR-Schreiber der Herrschenden.
Diese Krise der sogenannten vierten Säule der Demokratie muss dringend mehr thematisiert werden, da sie eben die Meinungsbildung vieler Menschen betrifft. Nur wer soll das machen, wenn nicht die Medien?
Ich glaube, so was nennt man dann Zwickmühle …
]]>1. Anke Engelke hat ein Kinderbuch geschrieben bzw. den bekannten Klassiker „Die Häschenschule“ ein bisschen aktualisiert. So ist darin nicht mehr der Fuchs der Feind der Häschen, sondern der Mensch der gemeinsame Feind von beiden – was ja eigentlich auch ziemlich gut zutreffend ist. Was folgt, war leider abzusehen: ein Shitstorm von Landwirten, die sich nun verunglimpft fühlen, da Giftspritzerei und Mähdrescher sehr gefährlich für die Tiere sind. Und natürlich springe auch gleich wieder rechte Spinner mit auf den Zug auf, was mittlerweile, wie aus einem Artikel von Deutschlandfunk Kultur hervorgeht, leider immer wieder passiert, wenn Kinderbücher moderne Inhalte vermitteln. Was für ein Trauerspiel, dass das rechte Pack immer ungenierter immer lauter wird. [Karl]
2. Auf Über Medien findet sich ein circa neunminütiges Video von Mats Schönauer, der sich mit Anschuldigungen gegen das ZDF, die von YouTubern erhoben wurden, auseinandersetzt. Es wurde nämlich verbreitet, dass das ZDF einen Demonstranten in eine Bauerndemo eingeschleust hätte, um die Protestierenden zu diskreditieren. Nun hat Schönauer ein bisschen recherchiert, denn das haben die YouTuber nicht gemacht, und kommt da zu dem ziemlich eindeutigen Ergebnis, dass an dieser Verschwörung mit größter Wahrscheinlichkeit nichts dran ist. Aber klar: Warum soll man auch recherchieren, wenn man vor allem Hass schüren und Klicks generieren möchte? [Karl]
3. Der Tochter von Barbara und Walter W. wird vorgeworfen, bei einem gewalttätigen Angriff auf Rechtsextreme in Ungarn beteiligt gewesen zu sein. In einem Interview mit der taz schildern die beiden Eltern, wieso ihre Tochter zurzeit untergetaucht ist und sich einer Verhaftung entzieht: Ihr droht sonst nämlich die Ausweisung nach Ungarn, wo sie mit Sicherheit kein faires Verfahren erwarten dürfte. Der Prozess würde dort nämlich aller Voraussicht nach vor allem unter politischen Vorzeichen geführt werden. Doch die deutsche Strafverfolgung und natürlich auch die BILD stellen sich unreflektiert auf die Seite des ungarischen Orbàn-Regimes und dessen korrumpierter Justiz. Was für ein Albtraum für diese Familie! [Karl]
4. Es tut sich was auf dem Berliner Wohnungsmarkt: Dort wurde gerade laut einem Artikel der taz ein Gerichtsurteil rechtskräftig, dass die Zweckentfremdung von Wohnraum zur touristischen Vermietung auch rückwirkend untersagt, sodass nun bald circa 10.000 Wohnungen zur Verfügung stehen könnten, um die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt etwas zu mildern. Einziger Wermutstropfen: Die Wohnungen können dann zu Neuvermietungspreisen angeboten werden. Dennoch eine gute Sache, um die Stadt für die Einheimischen lebenswerter zu machen. [Karl]
5. Arne Semsrott von FragDenStaat wird gerade von der Staatsanwaltschaft Berlin angeklagt, weil er Auszüge aus Dokumenten eines laufenden Ermittlungsverfahrens auf seinem Portal veröffentlich hatte. Ein Artikel von Legal Tribune Online schildert nun, warum Semsrott es auf diese Klage durchaus angelegt hat: Er will nämlich zeigen, dass der dieser Anklage zugrunde liegende § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr verfassungsgemäß sei, da er die Pressefreiheit in unzulässiger Weise beschneiden würde. Da darf man also mal gespannt sein, wie es vor dem Landesgericht Berlin und dann eventuell noch weiteren Instanzen weitergehen wird … [Karl]
6. Na super! Der AfD-Freund und Steuerflüchtling Theo Müller (Müllermilch) hat die Firma Landliebe erst aufgekauft, nur um dann kurze Zeit später die Betriebsstätten dichtzumachen, wie aus einer Meldung von ntv hervorgeht. Daran sieht man, dass die Heimatliebe von Rechtsaußen dann doch nicht so weit geht, als dass sie sich dafür den eigenen Profit schmälern lassen würden, denn durch Müllers Gebaren fallen nun ein paar Hundert Arbeitsplätze weg. Und die Moral von der Geschicht: Kauf künftig besser Landliebe nicht. [Karl]
7. Eigentlich wollten Bundesregierung und Unionsparteien im Zuge eines gemeinsamen Projekts das Verfassungsgericht vor rechtsextremen Übernahmeversuchen schützen und das Ganze dann grundgesetzlich verankern. Doch nun machen laut einer Meldung der Süddeutschen Zeitung CDU und CSU einen Rückzieher – mit, wie ich finde, sehr schwammiger Begründung. Ich vermute ja mal, dass man einen künftigen mögliche Koalitionspartner AfD mit so einem Vorgehen lieber nicht brüskieren möchte. Kein gutes Vorzeichen für die nächsten anstehenden Wahlen, finde ich. [Karl]
8. Ökosysteme sind fragil, und kleine Änderungen haben manchmal große Auswirkungen. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert ein Artikel von National Geographic, in dem beschrieben wird, wie das Eindringen einer Ameise in ein Ökosystem dazu führte, dass letztlich Löwen ihr Jagdverhalten ändern müssen. Spannend, aber eben auch bedenklich, wenn man sich vor Augen führt, wie hemmungslos die Menschen in Ökosysteme eingreifen und immer wieder Arten ohne jede Rücksicht ausrotten. [Karl]
]]>Dabei sollte so ein Lieferkettengesetz eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, wenngleich sich schon seit Jahren Wirtschaftslobbyisten und deren politisches Ausführungspersonal von (in erster Linie) CDU/CSU und FDP vehement dagegen sträuben. Meine Erfahrung ist zumindest, dass die meisten Menschen Kinderarbeit, Sklavenhaltung und Umweltzerstörung ziemlich übel finden und gern davon ausgehen würden, dass Produkte, die sie kaufen, nicht unter solche miesen Bedingungen hergestellt würden.
Und genau das soll ja das Lieferkettengesetz verhindern, indem nämlich die Unternehmen dafür verantwortlich gemacht werden, was für Zustände bei ihren Zulieferbetrieben herrschen. Interessanterweise weiß zudem ein Artikel im Handelsblatt Folgendes zu berichten:
Eine repräsentative Umfrage des Handelsblatt Research Institute (HRI) im Auftrag von Creditreform bei 2000 Unternehmen in Deutschland zeigt: Nur sieben Prozent der Betriebe lehnen die Verpflichtung ab, auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren Lieferketten zu achten.
Die große Mehrheit ist dafür. Knapp 44 Prozent der Befragten achten bereits heute auf Nachhaltigkeit in ihrer Lieferkette, weitere 37 Prozent tun dies schon teilweise, nur elf Prozent tun gar nichts.
Na so was – da scheint ja also gar nicht „die Wirtschaft“ etwas gegen eine solche Regelung zu haben, sondern nur ein paar wenige Konzerne, denen Menschenrechte egal sind – und genau das ist eben die Klientel der asozialen FDP, die für Menschenrechte auch nichts übrig hat.
Und so postet man dann fröhlich entsprechende Beiträge in den sozialen Medien, mit denen man sich dafür feiert, ein EU-Lieferkettengesetz zu verhindern:
Dass „die Wirtschaft“ das anders sieht, hat ja das Handelsblatt schon mit ein paar Zahlen belegt. Aber solche „Feinheiten“ interessieren natürlich die gelben Populisten nicht im Geringsten.
Ein weiterer Social-Media-Beitrag dazu:
Da wird natürlich gleich auch mal wieder auf die kleinen Unternehmen abgestellt – und damit schlichtweg gelogen. Denn in einem Artikel von Armin Paasch in den Blättern für deutsche und internationale Politik zu dem Thema findet sich eine Zusammenfassung, für wen das Lieferkettengesetz denn überhaupt gilt bzw. gelten soll:
Dabei galt das Gesetz nur für rund 1300 Unternehmen mit je über 3000 Mitarbeitenden. Zum 1. Januar 2024 wurde der Anwendungsbereich auf etwa 5200 Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitenden ausgeweitet.
[…]
Das jetzt vereinbarte EU-Lieferkettengesetz würde den Anwendungsbereich europaweit auf Unternehmen mit 500 Mitarbeitenden ausweiten. Zusätzlich gilt eine Mindestumsatzschwelle von 150 Mio. Euro in der EU, auch für Unternehmen, die außerhalb der EU registriert sind. In bestimmten Hochrisikosektoren – wie Bergbau, Landwirtschaft und Textilien – werden Unternehmen bereits ab 250 Mitarbeitenden erfasst.
Das liest sich jetzt für mich nicht so richtig nach Kleinbetrieben, oder? Aber solche Feinheiten sind dummbratzigen FDP-Wählern natürlich komplett egal, sobald die FDP jammert und keift, dass sich etwas gegen „die Wirtschaft“ richten würde, dann bölken diese Freaks schon „Ja, genau!“ – und damit ist das Thema offenbar erledigt.
Eine weitere (leider nicht lustige) Posse hierbei: Die FDP moniert die ganze Zeit, dass es sich bei dem EU-Lieferkettengesetz angeblich um ein „Bürokratiemonster“ handeln würde, das man nun zum Glück abwehren konnte.
Dieses Gelaber von zu viel Bürokratie kennt man ja von der FDP schon länger. Nun habe ich allerdings auch etwas beobachtet, was das ein bisschen ins Absurde rückt und als pure Demokratiefeindlichkeit entlarvt.
Konkret fiel mir das gerade neulich wieder auf, als meine Frau, die als Ärztin in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) arbeitet, einen IT-Techniker brauchte. Das geht dann nicht einfach so, dass man den anruft und bittet, mal demnächst vorbeizukommen (der Träger des MVZ hat eine eigene IT-Abteilung, es muss also niemand Externes dafür angefordert werden), sondern es muss ein Ticket gebucht werden. Das ist dann schon etwas aufwendig, und dann erhält man irgendwann ein Antwortticket zurück, auf dem dann ein Termin steht. Bescheuert, oder?
Ein anderes Beispiel: Ich habe mich 2002 als Lektor selbstständig gemacht, und in den ersten Jahren konnte ich einfach so Rechnungen an meine Kunden stellen. Einige große Jobs habe ich natürlich einzeln abgerechnet, bei mehreren kleinen Aufträge für dieselbe Agentur habe ich dann eine Gesamtrechnung geschrieben. Nun fing es irgendwann an, dass jeder Job eine einzelne Rechnung brauchte, dann waren bald Auftragsnummer und Ähnliches notwendig, sodass sich der administrative Aufwand erhöht hat, ohne dass der Vorgang schneller bearbeitet wird.
Wer denkt sich so was immer wieder aus? Genau, das mittlere Management und Controlling – also Leute, die meistens komplett überflüssigen Tätigkeiten nachgehen, sogenannte Bullshit-Jobs haben. Und damit die dann auch mal etwas vorweisen können (außer dass sie den ganzen Tag nur die Sachen auf ihrem Schreibtisch umherschieben oder ihre Aktentasche aufräumen), denken die sich eben so einen Quark aus (den sie dann gern in aufgeblähten Meetings präsentieren), der für alle, die wirklich produktiv arbeiten, dann schlichtweg Mehrarbeit bedeutet. Und zwar recht bürokratische Mehrarbeit.
Tja, und genau diese Bullshit-Jobber sind diejenigen, die vermutlich häufig FDP wählen, von denen als Klientel verstanden und als Leistungsträger bezeichnet werden.
Was dann ja schon irgendwie den Schluss nahelegt, dass es der FDP gar nicht um den Abbau von Bürokratie geht, sondern um deren Verlagerung, und zwar von der öffentlichen Hand hin zu privaten Akteuren, sodass Regulierungen nicht mehr demokratisch kontrolliert werden, sondern von nicht gewählten BWLern.
Wisst Ihr, welche Regierungsform genau so funktioniert? Das ist nämlich nicht die Demokratie, sondern der Feudalismus. Was dann auch wieder dazu passt, dass die FDP ja ständig an einer Refeudalisierung der Gesellschaft arbeitet, indem diejenigen, die sowieso schon zu viel Geld haben, noch mehr davon bekommen – und damit auch mehr Macht erhalten. Statt Geburtsadel also quasi Geldadel – wobei natürlich in zunehmendem Maße auch hierbei durch Erbe die Geburtslotterie entscheidet, ob man zur Aristokratie dazugehört oder eben zum zu gängelnden „Pöbel“.
Hier wird also, wie es die FDP schon bei dem schönen Begriff „Freiheit“ seit Jahrzehnten macht, ein positiv besetzter Begriff („Bürokratieabbau“) instrumentalisiert, um letztlich reaktionäre Politik zum Schaden der Allgemeinheit zu verkaufen. Und viel zu viele fallen dann auch noch immer wieder darauf rein.
Was nun in diesem speziellen Fall des Lieferkettengesetzes noch hinzukommt: Durch dessen Ablehnung wird der rassistische Aspekt der kapitalistischen Weltwirtschaft – Menschen im globalen Süden werden für den Konsum der Menschen im globalen Norden geschunden und ausgebeutet – noch weiter verfestigt und aufrechterhalten. Woran man dann mal wieder sieht, dass die FDP im Grunde genauso eine rechte Partei ist wie die AfD (wie ich ja vor einigen Jahren hier schon mal festgestellt habe), was sich ja auch in weitgehenden Überschneidungen der Programmatik, vor allem in den Bereichen Wirtschafts- und Sozialpolitik, beider Parteien zeigt. Nur poltert die FDP eben ihren rechten Müll nicht so offensichtlich raus wie die AfD, sondern bedient sich dafür gern verklärender Begriffe, sodass man dem gleichen Mist nur einen bürgerlicheren Anstrich verpasst.
Und da zeigt sich dann auch eine Parallele von FDP- und AfD-Wählern: Die lassen sich beide gern belügen, wenn es ihnen in den Kram oder ins krude Weltbild passt, und sind dann entweder zu ignorant oder zu dumm (oder beides), um das zu merken.
Es ist also schon ganz richtig, die AfD als demokratiegefährdend zu bezeichnen, nur sollte man dann eben nicht bei den blaubraunen Rumpelköppen stehen bleiben, sondern auch die anderen Antidemokraten, die sich teilweise ja sogar auf den aktuellen Demos gegen Rechts rumtreiben (s. hier), klar als das bezeichnen, was sie sind.
Sonst haben wir nämlich schneller rechtsextreme Bundesminister, als es uns lieb ist …
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