Interessantes aus KW 44/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1.  Mit dem Theaterstück „Das Kongo Tribunal“ bewegt der Schweizer Theaterregisseur Milo Rau viele Menschen. Das Stück spielt eine Gerichtsverhandlung nach, die es leider so nie gab und wohl auch nie geben wird: Die Anklage gegen die Staatsführung und die globalen Konzerne, die die Region seit Jahrzehnten ohne Rücksicht ausbeuten. Ein siebenminütiger Betrag bei ttt zeigt den Künstler und sein mutiges Werk, das vielen Menschen wieder ein wenig Hoffnung auf Gerechtigkeit spendet. [Dirk]

2. Laut einem Beitrag auf scinexx widmet sich die Utah State University in Logan nun auch den aktuellen Klimaprognosen und deren möglichen Ursachen. Nach Auswertung der Wetterdaten seit 1950 können die Wissenschaftler stark abweichende Klimaveränderungen dem menschlich gemachten Klimawandel zuschreiben. Ähnlich wie der vor drei Wochen verlinkte Bericht bei ttt zum Thema „Attribution Science“ kommen auch diese Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Prognosen zum menschgemachten Klimawandel bereits eingetreten sind. Kein Wenn und Aber … [Dirk]

3. Was war so schlimm im Jahr 2015, dass einige Politiker von sich gegeben haben, dass es sich nie wiederholen darf? O. k., das ist nur eine Fangfrage für diesen Teaser hier – dieser Artikel auf Telepolis beschreibt, dass sich die Führer der westlichen Industriemächte offenbar klar darüber geworden sind, dass Fluchtursachen bekämpft werden müssen. Die Methoden, die dazu ersonnen werden, sind aber leider nur eine abgemilderte Form der bisherigen Ausbeutung. Es wurde aus den derzeitigen Verhältnissen also nicht wirklich etwas gelernt – Fluchtursachen bekämpfen ja, aber nur wenn wir dabei Gewinne generieren. Traurig, aber Kapitalistengehirne sind offensichtlich nicht in der Lage, vorausschauend und über Rendite hinaus zu denken. Schade, dass wir diese Subjekte nicht abschieben können, bevor sie die Zivilisation geschrottet haben. [Gerald]

4. Heiner Flassbeck hat sich in diesem Telepolis-Artikel u. a. der Frage gewidmet, warum sich bei der letzten Bundestagswahl rechte Positionen stärker durchgesetzt haben als linke. Auch wenn ich nicht allen seinen Aussagen zustimmen würde, (z. B. „Denn es gibt kein anderes System, das man heute jenseits von Träumereien und Spinnereien als ernstzunehmende Alternative an den Mann und an die Frau bringen könnte“, womit er eigentlich sagt, der Kapitalismus wäre alternativlos), so ist der Artikel auf jeden Fall lesenswert. Ich muss jedoch zugeben, dass mich sein Artikel nicht von meiner These abgebracht hat, dass Kapitalismus, langfristig gesehen, mit einem Planeten begrenzter Ressourcen nicht kompatibel ist und es auch keinen „besseren Kapitalismus“ gibt, wie Flassbeck meint. Aber dafür bietet der Artikel m. E. eine gute Diskussionsgrundlage. Als Beispiele dafür, zwei Beiträge aus dem Telepolis-Forum: hier und hier. [Gerald]

5. Die Satirezeitschrift Titanic hat sich mit einigen – zugegebenermaßen recht harten/derben – Scherzen über den (vermutlich) neuen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz wenig Freunde im rechten Lager gemacht, wie eine Auswahl von Reaktionen auf der Titanic-Website zeigt. Dabei haben doch genau solche Leute nach den Charlie-Hebdo-Anschlägen aufgrund der Mohammed-Karikaturen gesagt, dass Satire alles dürfe. Na ja, das gilt wohl nur, solange es nicht gegen die eigenen Ansichten geht. Auch hier zeigt sich: Der Unterschied zwischen Rechten und radikalen Islamisten ist nicht sehr groß. Als besonderes Bonbon solltet Ihr Euch unbedingt den fünfminütigen Anruf in der Redaktion am Ende des Artikels anhören. [Karl]

6. Schon seit Anfang des Jahrtausends mahnen Experten und Mietervereine, dass die Situation auf dem Wohnungsmarkt eskalieren würde, was ja mittlerweile auch der Fall ist. Besonders hart ist dies für Hartz-IV-Empfänger, wie ein Artikel auf Spiegel Online anhand von zwei Beispielen schildert. Aufgrund der Mietpreisexplosion in vielen Städten liegen solche Menschen schnell mal über der Obergrenze für Wohnkosten und müssen dann die Mehraufwendungen selbst tragen – was bei etwa 400 Euro im Monat, die für alles zur Verfügung stehen, dann schon mal schnell existenzgefährdend werden kann. Der Sozialstaat zerfällt also ein Stück weiter, damit Immobilieninvestoren ihre immer größere Rendite garantiert wird. [Karl]

7. Der kürzlich verstorbene Heiner Geißler zeigte immer wieder, gerade im höheren Alter, dass er ein durchaus reflektierter Mensch war, der auch jenseits von ideologischen Scheuklappen zu denken vermochte. Interessant ist da ein Auszug aus einem Interview mit ihm, dass die Blätter für deutsche und internationale Politik im Jahr 2001 führten, der nun anlässlich Geißlers Tod dort noch einmal präsentiert wird. Während viele Konservative und Rechte den Begriff Neoliberalismus heute noch als Kampfbegriff zu diffamieren versuchen, verwendete Geißler ihn schon vor 16 Jahren in seiner zutreffenden Form und weist auf die daraus resultierende Problematik hin. Ein lesenswertes Zeitdokument! [Karl]

8. Ein Artikel von Peter Nowak auf Telepolis beschreibt sehr treffend, dass die AfD für die Umsetzung von rechter Politik überhaupt nicht benötigt wird, da nämlich die sogenannten Parteien der Mitte dies auch ohne die Rechtspartei sehr gut selbst hinbekommen, unterstützt von Medien wie dem Schmier- und Hetzblatt BILD. Exemplarisch sieht man dies laut Nowak an jemandem wie Wolfgang Schäuble, der gerade zum Bundestagspräsidenten gewählt wurde und dafür aus allen politischen Ecken Lob bekommt. Interessante und stimmige Analyse! [Karl]

9. In ihrer Kolumne in der taz beklagt Bettina Gaus sehr zu Recht den maroden Zustand, in dem sich die öffentliche Infrastruktur in Deutschland immer offensichtlicher in vielen Bereichen befindet. Was sie vor allem verwundert, ist die Tatsache, dass diese Zustände kaum in den öffentlichen Diskurs gelangen, sondern anscheinend einfach so hingenommen werden. Es scheint so, als hätten wir uns mit derartigem Staatsversagen einfach abgefunden, da es als unabdingbar erscheint, um die sogenannten schwarze Null, die Schuldenbremse und den Zwang zum Sparen zu erfüllen, die als feststehende politische Prinzipien seit Jahren kaum hinterfragt kommuniziert werden. [Karl]

10. Ein Artikel in der jungen Welt liefert ein paar interessante Zahlen zu Milliardären, die gerade in einer Vermögensstudie ermittelt wurden. Kurz gefasst: Es gibt weltweit immer mehr Milliardäre mit immer größeren Vermögen. Warum das relevant ist? Nun, diese Menschen entziehen nicht nur den Volkswirtschaften viel Geld, sondern man muss ebenfalls bedenken, dass all diese horrenden Summen auch von irgendjemandem erarbeitet werden müssen – und dass diesen Menschen dann ein immer größerer Teil der Entlohnung ihrer Arbeitsleistung vorenthalten werden muss, um diese Milliardärsvermögen weiter anwachsen zu lassen. [Karl]

11. Dass dem Filmproduzenten Harvey Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, hat ja gerade eine enorme Sexismusdebatte ausgelöst, mit der sich Roberto J. De Lapuente in einem Beitrag auf neulandrebellen kritisch auseinandersetzt. Zum einen merkt er an, dass es doch eigentlich niemanden überraschen sollte, wenn mächtige Männer ihre Machtposition dermaßen ausnutzen sollten, zum anderen kritisiert er, wie undifferenziert mit dem Begriff der sexuellen Belästigung umgegangen wird. Und dann stellt er noch fest, dass auf diese Weise eben zum Teil auch eine Art Scheindebatte geführt wird, die davon ablenkt, dass derartige Übergriffe immer auch als Teil der sozialen Frage zu verstehen sind. Provokante, aber sinnvolle Denkanstöße, wie ich finde. [Karl]

12. Eine gut zwölfminütige Reportage auf Spiegel TV beschäftigt sich mit afrikanischen Erntehelfern in Italien. Die Zustände, unter denen diese Menschen dort leben, erinnern mehr an Sklaverei als an selbstbestimmtes Arbeiten – und das mitten in Europa. Bitter vor allem, dass es nur sehr wenige Profiteuere von dieser Situation gibt, aber eine ganze Menge Verlierer: Neben den Afrikanern sind dies auch Bewohner italienischer Dörfer, die unter den provisorisch errichteten Slums der Tagelöhner zu leiden haben. Eine wirklich widerliche Facette der Globalisierung. [Karl]

13. Über die Auswirkungen der Verbrennung fossiler Energieträger auf die Umwelt ist ja schon viel und oft berichtet worden. Ein Artikel von Nafeez Ahmed auf Rubikon beschäftigt sich nun mit dem Zusammenhang von Energiegewinnung und Wirtschaft – und kommt unter Berufung auf einige wissenschaftliche Studien zur Erkenntnis, dass unser derzeitiges auf Wachstum basierendes kapitalistisches System nicht mehr lange aufrechterhalten werden kann, da immer mehr Energie aufgewendet werden muss, um Energie aus fossilen Quellen zu generieren. Nicht ganz leichter Stoff, aber sehr spannend! [Karl]

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Gemischte Beiträge mehrerer Autoren.

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