Ich lese immer, wir haben Verantwortung und deshalb müssen wir handeln, aus unserer Verantwortung heraus müssen wir handeln. Stimmt, so weit, so oberflächlich.
Nur was ist dieses Wir? Was ist dieses Unsere? Was bedeutet dieses Wir, dieses Unser, für mich, für meine Verantwortung? Welche Konsequenzen hat es, wenn ich mich dem Wir, dem Unser verpflichtet fühle und andere nicht, für mich und für das Ding der Verantwortung?
Was bringt es, wenn ich meiner Verantwortung immer gerecht werde und andere sich ein rohes Ei auf ihre Verantwortung pellen, damit dann auch noch besser leben können, als ich es kann, eben weil ich meiner Verantwortung nachgekommen bin und nachkomme, mich vielleicht sogar schuldig fühle, auch für Dinge, die ich nicht angerichtet habe, wo andere sich gleichzeitig einen schönen Tag machen?
Was bringt es mir und was bringt es den Dingen, für die ich Verantwortung übernehme, und andere nicht, die mit ihrem Tun die Notwendigkeit zur Verantwortungsübernahme für mich dann sogar noch größer werden lassen?
Darüber lese ich selten was, nein, eigentlich überhaupt nichts, schon gar nicht von denen, die Verantwortung im Wir fordern und damit auch Verantwortung von mir.
Von Verantwortung, die wir haben und die ich damit habe, lese ich jedoch viel. Oft auch von denen, die ich immer öfter der Verantwortungslosigkeit überführen kann. Karl hat diese Argumentationen heute sehr eindrücklich hier für unsere Verantwortung dem Klima gegenüber zusammengestellt und, wie ich finde, sie auch argumentativ sehr richtig verknüpft.
Was ich gar nicht lese, auch nicht bei Karl, dass ist, dass man nur Verantwortung übernehmen kann für das, was man selbst in der Hand hat zu gestalten, dass man nur begrenzt verantworten kann was geschieht.
Auch lese ich fast nie etwas von Alternativen, die zur Verfügung stehen würden, damit ich meiner Verantwortung auch nachkommen kann ohne meine eigene Existenz zu gefährden, zu zerstören.
Selten kommen die, die von mir Verantwortung fordern, ihrer eigenen Verantwortung nach, mir und anderen auch die Möglichkeit zur Verantwortungsübernahme zu geben. Meist erlebe ich das Gegenteil, die Möglichkeiten werden kleiner, oft auch, weil man zur Verantwortungsübernahme gezwungen worden ist.
Verbrauchssteuern sind zum Lieblingszwang der Politik geworden, erzwingen Verantwortung, schränken damit aber auch die Möglichkeiten ein, selbst Verantwortung zu übernehmen, erzwingen manchmal auch dort Verantwortung zurück zu nehmen, wo man vorher Verantwortung getragen hatte, nun nur leider nicht mehr tragen kann, einfach, weil man es sich nicht mehr wird leisten können.
Nichtsdestotrotz werde ich weiterhin Verantwortung übernehmen, dafür auch Lasten tragen, wenn sie meinem Verantwortungsgefühl gerechtfertigt erscheinen, auch die Lasten werde ich tragen müssen, die andere für gerechtfertigt halten, dass ich sie trage (mir bleibt ja keine Wahl). Allerdings werde ich auch die Verantwortung tragen und leisten, Fragen aufzuwerfen, wie hier, gerade dann, wenn ich der Meinung bin, dass mit Begriffen, wie dem der Verantwortung, allzu leichtfertig umgegangen wird, weil meist die Verantwortungsübernahme nämlich nur recht einseitig stattfindet, der Macht entsprechend, der eigenen Moral entsprechend und dabei immer seltener wirklich der Vernunft gerecht werdend, die Realität im Auge behaltend.
Ich bin und bleibe unbequem, auch wenn ich damit zwischen den Stühlen zu sitzen komme. Dieser Verantwortung werde ich gern weiterhin nachkommen, denn das ist wirklich das, was ich als meine Verantwortung sehe und nicht das, was inflationär als auch die Meinige behauptet wird.
„Was ich gar nicht lese, auch nicht bei Karl, dass ist, dass man nur Verantwortung übernehmen kann für das, was man selbst in der Hand hat zu gestalten, dass man nur begrenzt verantworten kann was geschieht.“
Stimmt so nicht ganz, denn genau deswegen habe ich ja darauf hingewiesen, dass der Einzelne als Konsument nichts am Gesamtsystem ändern kann, und habe ergänzend auf die Interviews mit Kathrin Hartmann und Thilo Bode verlinkt. ;o)
Stimmt, aber nur in der Rolle des Konsumenten, nicht in der des Staatsbürgers. Da lässt du auch mich in der Pflicht, einer Pflicht, der ich mich zwar bemühe nachzukommen, die mich aber zusehend überfordert. Mehr noch, die mir ein permanentes schlechtes Gewissen bereitet oder bereiten soll, denn das schafft sowieso niemand, mir ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Die Gewalt über mein Gewissen lasse ich mir nämlich als letztes nehmen.
Fakt jedenfalls für mich ist, dass Verantwortung etwas sehr Wichtiges ist, viel zu wichtig, als das man sie nur oberflächlich abhandeln darf. Deshalb habe ich dir ja auch im Text zugestimmt, aber auch relativiert. Denn es wird langsam mal Zeit zu relativieren, gerade dann wird es Zeit, wenn zu viel Moral und zu wenig Realität eine Rolle spielt.
Das ist keine Kritik an dir, Karl, sondern an dem, was ich derzeit sinnlich wahrnehme. Fordern, fordern, fordern, verweigern, verweigern, verweigern, moralisieren, molarisieren, molarisieren, aber ansonsten bleibt alles beim Alten. Bei mir löst das nur noch eines aus: Widerspruch.
Moin Jungs, da muss ich nicht weit fahren, um meine persönliche Verantwortung wahr zu nehmen: Ich wache praktisch jeden Tag schon mit dem schlechten Gewissen auf. Jeder Aufruf einer Suchmaschine, jede Tasse Kaffee und jedes verpackte Lebensmittel ist meine Verantwortung, völlig unabhängig davon, welche Verantwortung andere für was auch immer tragen. Diese Verantwortung kenne ich aber schon immer, früher war es eher das soziale Miteinander, als das ökologische Dilemma.
Ja, ich denke auch, dass nur große Entscheidungen wirklich global etwas ändern können. Ja, ich denke auch, dass der einzelne da wenig am Gesamtvolumen beiträgt. Ja, ich denke auch, dass der steigende Konsum (steigende SUVs, Plastikmüll, Kreuzfahrten, …) eher dem menschlichen Egoismus entspringt und dieser sich nicht freiwillig einschränkt (denn die größten Egoisten sitzen in Politik, Wirtschaft und auf Bergen aus angehäuftem, schmutzigem Geld). Ich denke auch, dass die Menschen (wir) weiter wählen und leben wie bisher, wenn es ihnen nicht anders vorgeschrieben wird, es wird weiter der Klimakatastrophe zugearbeitet. Ich weiß: Wir sind zu blöde.
Es bleibt aber bei meiner Verantwortung, denn was mehr kann man tun (ich schließe Terrorismus nun mal kategorisch aus)? Forderungen stellen ist einfach und nötig, die Frage ist, wie viel Zeit und Energie ich darauf verwenden kann/möchte? Auf die Straße gehen? Selbst politisch aktiv werden? Unterschriftenlisten und Petitionen herum schicken? Oder langt es, wenn ich einem kleineren Kreis dafür um so effektiver ein anderes Konsumverhalten vorlebe (in Schweden gibt es mittlerweile ein ausgeprägtes Fremdschämen bei Flugreisen)? Ich habe nicht das Gefühl zu verzichten, wenn ich weniger oder anders konsumiere, mir geht nur die Zeit aus, die ich dafür aufwenden kann.
Was langt, dass entscheide ich selbst. Ich fühle mich verantwortlich für jedes Ding, jedes Lebewesen, jeden Planeten, jeden Staubkorn mit dem ich interagiere, ob direkt ober über eine Ereignis- oder Handelskette. Und so versuche ich auch zu handeln und die besten Antworten zu finden, eben meine Ver-Antwortung tragen. Und dafür bleibe ich auch gerne unbequem! Mir selbst und anderen gegenüber …
Dirk, es ehrt dich, so viel Verantwortung zu tragen und dies auch zu wollen. Nur überfordert dich das nicht? Frustriert es dich nicht, wenn andere so verantwortungslos ihr Leben leben und dabei dann auch genießen, ohne das schlechte Gewissen noch dazu, welches du ja jeden Tag schon am Tagesbeginn verspürst? Ich könnte so nicht dauerhaft leben, das gebe ich zu. Ich lebe bewusst, schränke mich bewusst auch ein, dort wo ich Verantwortung verspüre, aber dass ich mir ein schlechtes Gewisse mache, weil es nicht immer für mich möglich ist, weil es kaum etwas nützt, angesichts derer, die ihr Leben leben ohne wirkliches Verantwortungsgefühl, das lasse ich nicht zu. Das schlechte Gewissen sollen andere tragen und hier bin ich dann unbequem, weise insbesondere auf die Scheinheiligkeit hin, welche doch dieses System ergriffen hat.