Interessantes aus KW 50/2018

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1.  Mit einem spannenden und hochbrisanten Thema berichtet ttt (ARD) in einem achtminütigen Beitrag über das neue Buch von Nahost-Experte Michael Lüders. Der Titel „Armageddon im Orient“ klingt eher nach einem Roman, aber natürlich geht es in diesem Sachbuch um den zwiespältigen Umgang des Westens mit dem Orient. Konkret geht es um die scheinheilige Bevorzugung Saudi-Arabiens und die kaum nachvollziehbaren Sanktionen gegen den Iran. Es geht um Geld, Macht und ökonomische Interessen in der Region. [Dirk]

2. Mit der „re:publica Accra“ hat Afrika nun seine eigene Veranstaltung einer digitalen Gesellschaft in Ghana abgehalten. Der sechseinhalbminütige Bericht bei ttt (ARD) gibt Hoffnung, dass hier eine digitale Revolution ein weiterer Ausweg aus der Jahrhunderte andauernden Ausbeutung sein könnte. Es wird allerhöchste Zeit, dass Europa den Kontinent nicht mehr als Rohstoffspeicher, Elektroschrottplatz und Waffenmarkt ansieht, sondern wir uns alle auf Augenhöhe treffen. [Dirk]

3. Wenn wir in den Weltraum schauen, dann ist der Mond unsere erste Anlaufstelle. Im kommenden Jahr wird China einen Rover auf die bisher kaum erforschte „dunkle Seite des Mondes“ (die uns nie zugewandte Seite) schicken und dort auch spannende Experimente zur dauerhaften Besiedelung im Weltall machen, so ein Bericht auf grenzwissenschaft-aktuell. Klingt erst einmal nicht so spektakulär, zeigt aber das enorme Interesse an unserem Trabanten, sei es als Labor für Experimente, als erste Raumstation oder als Flughafen zu ferneren Planeten. [Dirk]

4. Wenn schon der Schichtarbeiter aus der Türkei (seit 1966 in Deutschland, seit 27 Jahren in der gleichen Firma beschäftigt) aus Protest die AfD wählt, dann kann es wohl nicht sein, dass jeder AfD-Wähler oder jede AfD-Wählerin ein Nazi ist. Wie weit es mit diesem Protest geht und was die „normalen Leute von der Straße“ zur Regierungsleistung unserer Spitzenpolitiker sagen, fasst zoom (ZDF) ein seiner 30-minütigen Sendung unter dem Titel „Am Puls Deutschlands“ zusammen. Einfach gehaltene, überschaubare Fragen, trotzdem seine 30 Minuten wert! [Dirk]

5. Ein Artikel auf Zeit Online porträtiert den ehemaligen SS-Mann Karl M. Mittlerweile 96 Jahre alt, wurde er 1949 in Frankreich wegen Kriegsverbrechen (er war an einem Massaker an 86 Zivilisten beteiligt) zum Tode verurteilt, aber von Deutschland nicht ausgeliefert. Und ist mittlerweile eine Ikone für Neonazis, die ihn mit Dankesdevotionalien eindecken. Einsicht in sein Verbrechen zeigt er dabei nicht, und Adolf Hitler finde er auch immer noch durchaus gut. Da wird einem schlecht bei so viel bösartiger Verbohrtheit, vor allem weil M. nicht einen Tag im Gefängnis gesessen hat. [Karl]

6. Rainer Mausfeld lohnt sich immer, so auch sein Kommentar auf Telepolis, in dem er die Methode der Verklammerung beschreibt, die ein wirksames Herrschaftsinstrument ist, um emanzipatorische Veränderungen zu unterbinden. Dabei werden durchaus richtige humanitäre Anliegen mit imperialen und ökonomischen Zielen verbunden, um so eine Zustimmung zu Letzteren erzeugen zu können. Deutlich benennt Mausfeld auch, wie sehr Neoliberalismus und Demokratie sich entgegenstehen, sodass der Neoliberalismus vieles daransetzt, Demokratie auszuhöhlen, um so eine „Wahloligarchie“ zu schaffen. Ausgesprochen lesenswert! [Karl]

7. In seiner Kolumne auf Die Kolumnisten befasst sich Heinrich Schmitz mit den in Deutschland frei lebenden Wölfen, die sich immer stärkeren Anfeindungen ausgesetzt sehen. In der Öffentlichkeit wurde ja beispielsweise gerade ein Fall einer angeblichen Wolfsattacke diskutiert, die dann aber aufgrund fehlender DNA-Spuren eher ein Hirngespinst gewesen sein dürfte. Schmitz verweist so auf die rechtlichen Grundlagen, die einem Erschießen von Wölfen gefährdeter Art eindeutig entgegenstehen, und verweist auf die Entfremdung des Menschen von der Natur, die hinter derartiger Wolfspanik steckt. [Karl]

8. Schäbig und dreist, so kennt man die faschistische AfD-Schwesterpartei FPÖ, die in Österreich zurzeit mit an der Regierung ist. Nun will man sich, wie ein Artikel in Der Standard berichtet, nachdem bei den wirtschaftlich Schwächsten Sparmaßnahmen durchgesetzt wurden, die eigene Parteikasse ein bisschen mithilfe von Steuergeldern sanieren, indem gegen den Staat auf 3,4 Mio. Euro Schadenersatz geklagt wird, weil 2016 die Wahl zum Präsidenten wiederholt werden musste – auf Betreiben der FPÖ selbst übrigens. Das mag zwar rechtlich irgendwie o. k. sein, ist aber reichlich schamlos, wie auch die Opposition klar benennt. Aber so sind die Rechtsaußenkarrieristen halt drauf … [Karl]

9. Leider nicht sehr Überraschendes geht aus einer Meldung auf Zeit Online hervor: In Frankfurt sind im Zuge einer Ermittlung des Staatsschutzes gegen Rechtsextremisten fünf Polizisten ins Visier ihrer Kollegen geraten, da diese sich in einschlägigen Chat-Gruppen volksverhetzend geäußert und rechtsextreme Symbole ausgetauscht hätten. Da wundert man sich dann über das immer wieder zu beobachtende rechtslastige Auftreten der Polizei nicht so wirklich, oder? [Karl]

10. Gute Idee! Ein Artikel in der taz berichtet von einer Initiative des französischen Ökonomen Thomas Piketty („Das Kapital des 21. Jahrhunderts“), der ein „Manifest für die Demokratisierung Europas“ verfasst hat. Darin schlägt er vor allem die Einberufung einer europäischen Versammlung vor, die, demokratisch legitimiert, eine gesamteuropäischen Haushalt und Steuern beschließen soll. Auf diese Weise soll die Ungleichheit abgebaut werden. Klingt in Zeiten von reaktionär-nationalstaatlicher Rückbesinnung nach einem durchaus sinnvollen Ansatz, finde ich. [Karl]

11. In Sachen Rechtsstaatlichkeit hat ja auch die Türkei seit dem mutmaßlichen Putschversuch Federn gelassen. Was nun aber bei Frontal21 (ZDF) in Zusammenarbeit mit CORRECTIV recherchiert wurde, setzt dem Völkerrechtsbruch noch einmal ein deutliches i-Tüpfelchen auf: Verschleppung und Kidnapping. Die 28-minütige Sendung erzählt die Geschichten einiger Verschleppter aus angrenzenden Ländern, auf offener Straße und international toleriert. Un-glaub-lich! [Dirk]

12. Auch bei einer meiner favorisierten Sendungen läuft es mit der Selbstreflexion nicht immer optimal: So berichtet Zapp (NDR) in einem sechsminütigen Bericht über die Proteste und Ausschreitungen in Frankreich. Auch in Frankreich gibt es derzeit (mehr oder weniger) berechtigte Kritik an den öffentlich-rechtlichen (und auch privaten) Medien. Leider fehlt das Ende des Berichts (es wurde in der Mediathek und bei YouTube gelöscht oder einfach nicht eingestellt): Es sollte ein lustig gemeintes Ende über die Perspektive der Berichterstattung sein, aber Journalisten verlieren leider oft die Distanz zu ihrem Genre (durch zu große Nähe zur Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Sport). [Dirk]

13. Roberto J. De Lapuente befasst sich in einem Artikel auf neulandrebellen mit einem Zeitgeistphänomen, das jeder von uns bestimmt auch schon mal beobachtet: die immer mehr um sich greifende Unhöflichkeit. Menschen werden so oft zu Bedürfniserfüllern degradiert, wenn man etwas von ihnen möchte, dabei aber keinen Gruß, kein Bitte und Danke und eben auch jede andere Form von Höflichkeit vermissen lässt. Auf diese Weise entsteht eine insgesamt unfreundliche Atmosphäre, die von Egoismus und Geringschätzung geprägt ist. Es ist also Zeit für deutlich mehr Höflichkeit im Umgang mit anderen! [Karl]

14. Die CDU hat auf ihrem Parteitag vom 7. 12. beschlossen, dass der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit aberkannt werden soll. Wie absurd dieser Vorgang ist, mit dem sich die CDU mal wieder als hochgradig korrupter Diener der Automobilindustrie erweist, wird in einem fünfminütigen Bericht von Monitor (ARD) deutlich. Der Antrag dazu kam nämlich von Steffen Bilger aus Nordwürttemberg – und damit quasi direkt aus dem Rektum der Autohersteller. So wird eine NGO, die geltendes Recht einklagt, zum Sündenbock gemacht, um bloß nicht gegen VW, BMW, Mercedes-Benz und Co. vorgehen zu müssen. Widerwärtig, aber eben auch typisch CDU. [Karl]

15. Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) hat einen auf mehreren Fallstudien basierenden Bericht veröffentlicht, in dem die Privatisierung der Rente auf den Prüfstand kommt, wie ein Artikel von der Freitag berichtet. Das Ergebnis: Privatisierung führte zu einem Verfall der Renten und produziert Altersarmut bei gleichzeitigen deutlich gestiegenen Kosten, die vor allem von der Versicherungs- und Finanzwirtschaft eingestrichen werden. Zudem schlagen die Finanzmarktrisiken voll auf die Renten durch, was wie zuletzt 2008 katastrophale Folgen haben kann. Einige schlaue Ökonomen haben diesesDesaster ja schon vor Jahren vorausgesagt, aber auf die hat man ja leider nicht gehört … [Karl]

16. Nach dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg fragt ein Artikel in der jungen Welt nun, wem dieser Vorfall am meisten nutzt. Und die Antwort ist ziemlich offensichtlich: der Macron-Regierung, die aufgrund der Gelbwesten-Proteste der letzten Wochen massiv unter Druck geraten ist. Das muss nun nicht bedeuten, dass es sich bei dem Anschlag um einen „Inside Job“ gehandelt hat, allerdings sind diverse Parallelen zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt von vor zwei Jahren, in den die deutschen Sicherheitsbehörden ja bis über beide Ohren verstrickt waren, schon auffällig. [Karl]

17. In einem Gastbeitrag auf Zeit Online benennen Antonia Schuster und Michael Lindner, die am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) geforscht haben, zehn Fakten zum Klimawandel, die häufig vorgebrachte Falschbehauptungen von denjenigen, die den menschgemachten Klimawandel leugnen, widerlegen. Dabei erläutern sie auch, wieso es oft so schwer ist, Menschen trotz eindeutiger Faktenlage von Dingen zu überzeugen, die sie eben einfach nicht wahrhaben wollen, weil sie so gut ins eigene Weltbild passen. Gute Argumentationshilfe, wenn man mal wieder mit Menschen zu tun hat, die hemmungslos die PR der Energiekonzerne verbreiten, dass der Mensch nichts mit der Erderwärmung zu tun hat. [Karl]

18. In einem Artikel in der taz berichtet Cinzia Sciuto von den aktuellen politischen Entwicklungen in Italien. Der Konflikt mit der EU wegen des Haushaltsdefizits ist ja in vielen Medien präsent, wesentlich weniger beachtet wird, dass die italienische Regierung einen reaktionären Roll-back in vielen Bereichen der Familienpolitik plant – oft auch noch so, dass die entsprechenden Minister davon beruflich auch noch profitieren. So sollen Frauenrechte beschnitten und zivilrechtliche Errungenschaften der letzen Jahrzehnte abgebaut werden. Bedenkliche Entwicklung! [Karl]

19. Wow! Eine treffende Schilderung der derzeitigen Situation des globalen Kapitalismus liefert Hans-Peter Martin in einem Artikel auf Makoroskop. Darin lässt er teilweise von Profiteuren des Neoliberalismus beschreiben, wie diese Ideologie gescheitert ist – was ebenjenen durchaus bewusst ist. Zudem wird die Destruktivität des Neoliberalismus eindeutig benannt und auch beschrieben, wie diese Ideologie die liberale Demokratie zerstört. Das ist relativ frustrierend zu lesen, aber beschreibt leider auch die elementaren Grundzüge unserer Gesellschaft. Mein persönlicher Artikel der Woche – unbedingte Leseempfehlung! [Karl]

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