Eine Reise im Schlafwagen – ein Erlebnisbericht

Am letzten Wochenende waren wir bei einer Freundin in Basel zu einer größeren Geburtstagsfeier eingeladen. Da uns das von Rendsburg in Schleswig-Holstein zu weit war, um mit dem Auto zu fahren, und fliegen für uns sowieso nicht infrage kommt, haben wir uns für den Schlafwagen der Bahn entschieden.

Da wir einen Hund haben, wäre eine Bahnfahrt am Tage nicht so gut zu bewerkstelligen gewesen, denn das Tierchen muss sich dann ja auch mal erleichtern können, was bei kurzen Stopps an Bahnhöfen nicht so richtig entspannt gewesen wäre. In der Nacht hingegen ist unser Hund ja gewohnt zu schlafen und eine längere Zeit nicht Gassi zu gehen.

So ein Schlafwagenabteil ist zwar nicht ganz günstig, aber die Aussicht, dann am Donnerstagabend loszufahren um 22 Uhr und am nächsten Morgen dann gleich erholt am Ziel anzukommen, erschien uns doch recht attraktiv. Zumal von Hamburg nach Basel auch ein Direktzug fährt, sodass nächtliches Umsteigen entfällt.

Die Deutsche Bahn bietet seit einigen Jahren keine Schlafwagenplätze mehr an, daher hat die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) die Wagen übernommen, ein bisschen modifiziert und betreibt nun unter dem trendigen Signet „Nightjet“ die Nachtfahrten mit Schlafmöglichkeiten auf dem deutschen Schienennetz. Das hat dann immerhin den Vorteil, dass man nicht auf die extrem unzuverlässige Deutsche Bahn angewiesen ist, wenngleich deren runtergekommenes Streckennetz natürlich immer noch für Probleme und damit zusammenhängende Verspätungen sorgen kann – was bei uns auf der Hinfahrt auch der Fall war, als wir über eine Stunde zwischen Hamburg und Bremen in der Pampa rumstanden und deswegen am Ende gut 40 Minuten zu spät in Basel ankamen. Aber da wir dort ja keinen Anschlusszug brauchten, war das durchaus zu verschmerzen.

Was hingegen schon etwas belastender war, war die Enge in dem Abteil. Und dabei hatten wir auf der Hinfahrt sogar noch ein Viererabteil, bei dem dann zwei Pritschen (als Betten kann man das kaum bezeichnen) nicht heruntergeklappt waren. Dort hatten wir dann zumindest eine kleine Sitzbank.

Ansonsten war immer viel Tetris angesagt, denn es gab im Grunde keine Ablage fürs Gepäck. Zwar fand sich über dem Fenster ein Metallgitter zur Gepäckaufbewahrung, das war allerdings so dicht an der Abteildecke dran, dass da weder unser kleiner Koffer noch unsere Rucksäcke reingepasst haben. Zum Glück waren wir ja nur für ein verlängertes Wochenende unterwegs, sodass wir keine größeren Koffer oder Reisetaschen dabeihatten.

So kauerten wir auf der Sitzbank, und fragten uns, wie man sich wohl zu viert in diesen schon zu zweit reichlich beengten Räumlichkeiten fühlen würde. Dabei sichteten wir die Papiertütchen, die wir bekommen haben: Darin fanden sich eine Schlafmaske, Ohrstöpsel, Einmal-Filzpuschen (dringend notwendig, wenn man nachts mal auf die Toilette muss und dann nicht seine Schuhe anziehen möchte – barfuß empfiehlt sich das in keinem Fall), zwei Miniatur-Manner-Schnitten, eine kleine Tüte mit irgendwelchen etwas merkwürdig schmeckendem Krümelkram auf Gemüsebasis, ein kleiner Wachschlappen und ein Stückchen Seife. Dazu gab es dann später vom Schaffner auch noch eine Picoloflasche Sekt, um so zumindest formal den Eindruck von Luxus und Komfort zu erwecken.

Allerdings konnte und der Schaffner auch nicht weiterhelfen mit der Klimaanlage. Diese pustete wie blöde sehr kalte Luft unter der Sitzbank heraus, was das Sitzen dort nicht sehr angenehm machte und zudem recht laut war. Die einzige Möglichkeit, das zu regulieren, bestand dann darin, an einem Regler die Temperatur zu ändern, sodass dann zusätzlich zur immer noch sehr kalten Luft unter der Bank warme Luft aus der Heizung am Fenster entströmte. Aber das kann’s ja irgendwie auch nicht sein.

Dann schnell noch den Zettel fürs Frühstück ausgefüllt, auf dem man sechs Komponenten ankreuzen kann, die einem dann am nächsten Morgen serviert werden, und ab in die Koje. Einen Bistro- oder gar Speisewagen, in dem man etwas kommoder hätte sitzen können, gab es nämlich leider nicht.

Dafür musste man dann zumindest etwas sportlich sein, um die obere Koje zu entern, denn eine Leiter oder so was gab es nicht. Für ältere Leute könnte dies eine ziemliche Hürde sein, überhaupt den zweiten Schlafplatz nutzen zu können.

Das Viererabteil war zwar etwas größer als die anderen Abteile im Waggon, hatte dafür aber den Nachteil, dass es direkt neben den Toiletten liegt. Und da klappte dann in schöner Regelmäßigkeit die Tür durchaus geräuschvoll und strömte Wasser durch die Leitungen nach, was das Einschlafen nicht eben erleichterte. Zudem schloss die Klappe zu einer Bedieneinheit oder so was Ähnlichem des Zugpersonals im Gang des Waggons nicht richtig, was dann bei jeder Erschütterung oder Kurve, die der Zug nahm, zu einem lauten „Rumms“ führte.

Als Krönung kam dann noch hinzu, dass immer wieder für eine Zeit Wasserrauschen zu vernehmen war. Ich dachte, dass das vielleicht von einer Zuleitung zu den WCs käme, aber gegen Morgen fand meine Frau dann heraus, dass das der Wasserhahn in unserem Zimmer war. Diese Schlafabteile haben nämlich auch ein Waschbecken, dass allerdings mit einer Platte abgedeckt ist, die wir dringend als Ablagefläche brauchten wegen der Enge im Abteil, sodass wir das Becken gar nicht genutzt haben. Dennoch lief da immer wieder, und das teilweise auch sehr lange, das Wasser – ohne dass man das abstellen konnte.

Reichlich gerädert nahmen wir dann morgens unser Frühstück ein, das zumindest recht o. k. war. Aber mehr als drei Stunden Schlaf waren für mich nicht drin gewesen in dieser Nacht.

 

Nach einem schönen und ereignisreichen Wochenende ging es dann am Sonntagabend in Basel wieder in den Nightjet. Diesmal hatten wir ein anderes Abteil, wie wir schon anhand der Nummerierung sehen konnten, sodass wir zumindest wohl nicht neben den Toiletten untergebracht wären.

Das war auch tatsächlich der Fall, denn diesmal hatten wir dafür auch kein Vierer-, sondern ein Zweierabteil. Und kam uns das auf der Hinfahrt schon wie eine Sardinenbüchse vor, so wurde das nun noch mal getoppt. Wenn eine Person mit einem Rucksack in das Abteil ging, musste die andere Person im Flur stehen bleiben, da schlichtweg kein Platz mehr vorhanden war.

Sitzen konnten wir dann auch erst in dem Abteil, als der Schaffner die obere Koje noch einmal hochgeklappt hatte. Dann konnten wir uns nebeneinander auf der unteren Pritsche platzieren. Gemütlich geht in jedem Fall anders. Na ja, dafür gab’s dann diesmal auch keinen Sekt, sodass wir uns dann sowieso bald die obere Schlafgelegenheit wieder herrichten ließen und uns ins hinlegten.

Immerhin rauschte dieses Mal kein Wasser, allerdgins war das Waschbecken in unserer Kabine so pekig, dass wir das auch gleich nach einer kurzen Inaugenscheinnahme wieder abdeckten und dann zum Zähneputzen doch die Toilette auf dem Gang wählten. Zudem war die Klimaanlage nicht ganz so ruppig eingestellt wie im Abteil auf der Hinfahrt, dafür waren die Abstände der Pritschen noch geringer, sodass ich mir mehrmals in der Nacht den Kopf stieß. Diese Zweierschlafstätten sind nämlich so konstruiert, dass immer zwei komplette Abteile übereinander angeordnet sind. Mit meinen 1,84 Metern hatte ich da schon reichlich Probleme – ich mag mir nicht vorstellen, wie das jemandem geht, der 1,90 oder noch größer ist …

Also versuchte ich, auf dem winzigen Kissen (das hatte diesmal tatsächlich nur die Größe eines Sofazierkissens, also etwa 20 x 20 cm) in den Schlaf zu kommen. Diesmal machte zwar kein WC Krach, und es klapperte auch keine Tür auf dem Gang, aber dafür war unser Hund recht unruhig, wenn der Zug hielt und wieder anfuhr. Da die Kabine so klein war, gab es eigentlich keine andere Möglichkeit, als dass der Hund mit auf der unteren Pritsche schlief. Wie gut, dass wir nur einen eher kleinen Mischling und keinen Schäferhund oder etwas noch Größeres haben.

Diesmal hatte der Zug keine Verspätung, allerdings gab es morgens dann zum Frühstück weder Kaffee noch Tee, sondern ein kleines Tetrapack mit Orangensaft – der Boiler war kaputt. Na ja, passte irgendwie zum Rest der ganzen Fahrt …

 

Dass diese Angebote als „Komfortpakete“ bezeichnet werden, ist eigentlich reiner Hohn, denn mit Komfort hat das echt nichts zu tun. O. k., außer dem Preis, der mit knapp 800 Euro für Hin- und Rückfahrt dann schon komfortabel hoch war, wie ich finde.

Die Bahn ist eigentlich ein sehr cooles Verkehrsmittel, nur wird da, wie ich finde, ständig alles falsch gemacht. Dass die Deutsche Bahn mit ihrer immer größer werdenden Unzuverlässigkeit Fahrgäste abschreckt, ist ja nun wahrlich nichts Neues, aber auch die ÖBB macht hier wenig, um Menschen dazu zu bringen, immer mal wieder mit dem Nighjet zu fahren: teuer, unbequem, kein Stück komfortabel, vollkommen beengt. Ich werde mir das in jedem Fall eher nicht noch mal antun – und das, obwohl ich die Idee, über Nacht zu reisen, eigentlich sehr gut finde. Aber wenn ich dann morgens gerädert am Zielort ankomme, dann kann ich auch gleich das Auto nehmen und nachts über halbwegs freie Autobahnen fahren.

Natürlich spart so eine Zugfahrt CO2 (darauf wurde auch in einem Flyer im Abteil hingewiesen), wenn das allerdings mit einer derart unkommoden Reise verbunden ist, dürfte das für viele dann doch nur ein recht kleiner Anreiz sein. Und das sollte eigentlich genau andersrum sein!

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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