Interessantes aus KW 21/2015

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Die Kommerzialisierung im Fußball ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, wie man anhand eines lesenswerte Kommentars von Nicole Selmer für das Fußballmagazin ballesterer sehen kann. Es geht dabei um den Konzern Volkswagen, der nun nach dem Aufstieg des FC Ingolstadt das dritte Team in der Bundesliga wirtschaftlich entscheidend prägt, wenn nicht gar dominiert. Für mich nicht unwahrscheinlich, dass Fußballergebnisse somit irgendwann von Marketingabteilungen zwecks möglichst guter Positionierung der PR-Träger Fußballvereine und nicht auf dem Rasen entschieden werden.

2. Die Sache ist zwar schon in aller Munde, aber wegen der offensichtlichen Widerwärtigkeit soll das hier noch mal Erwähnung finden: In einem taz-Artikel wird geschildert, welch rassistisches Verhaltens einem Hannoveraner Bundespolizisten vorgeworfen wird, der seine Taten auch noch prahlerisch via Social Media weiterverbreitet hat. Bestimmt heißt es dann wieder, dass dies ein „bedauerlicher Einzelfall“ sei, obwohl das Mitwirken oder zumindest schweigende Dulden der Kollegen offensichtlich ist. Interessant dazu auch das Interview mit dem Polizeiwissenschaftler Rafael Behr in der Süddeutschen Zeitung.

3. Eine gute Nachricht findet sich in einem Artikel auf der LobbyControl-Webseite: Die Landesregierung von Niedersachsen beendet ein Kooperationsprogramm von Gymnasien und Energiekonzernen, da dies nicht im Einklang mit den Antikorruptionsrichtlinien des Landes stünde. Das Engagement der Konzerne findet nämlich pikanterweise gerade in Gegenden statt, in denen Fracking betrieben wird.

4. Karel De Gucht wurde als EU-Handelskommissar vor allem bekannt, als er das Stammelinterview zu den Vorteilen von TTIP gab, bei dem er arg ins Schwimmen kam, als ihm der Reporter anhand einer Studie erklärte, dass ein angenommenes Wirtschaftswachstum über mehrere Jahre dann schon deutlich kleiner wird, wenn man das auf die einzelnen Jahre runterbricht. Nun kommt, was irgendwie zu erwarten war: Dieser Zahlenjongleur wechselt kurz nach Beendigung seiner Kommissarstätigkeit gleich in mehrere privatwirtschaftliche Vorstände von Unternehmen, die massiv Lobbyarbeit in Brüssel betreiben, gerade auch was TTIP angeht, wie LobbyControl berichtet. Surprise, surprise …

5. Gibt’s da doch noch ein Happy End bei den Esso-Hochhäusern in Hamburg-St. Pauli? Laut einem Artikel auf der Webseite des NDR gab es eine recht einvernehmliche Vorstellung der zukünftigen Bebauungspläne, bei deren Gestaltung allerdings auch Anwohner aus dem Stadtteil sehr stark mitgewirkt haben. Wenn das tatsächlich so glatt läuft, wie sich das jetzt liest, wäre das ja durchaus ein Vorgehen, das öfter bei größeren Bauvorhaben Anwendung finden könnte.

6. Der Fotograf Andrea Di Martino kam zufällig in eine Kirche, die seit Jahrzehnten als Lagerraum genutzt wurde. Das Foto hinterließ einen solchen Eindruck, dass er mehr dieser fremd genutzten Kirchen aufsuchte und fotografierte. Interessant, schön und vielleicht ja auch eine Idee für stillgelegte Kirchen in Deutschland.

7. Ein Videokommentar zum „No-Spy-Abkommen“ findet sich im denkfunk, den der hier schon mehrfach verlinkte Christoph Sieber dort eingestellt hat. Das sechsminütige Video kratzt am deutschen Verständnis der Freiheit und der zunehmenden politischen Verdrossenheit. Zum gleichen Thema bei der gleichen Quelle: ein herrlich spitzfindiger Videokommentar von Tom Wolf.

8. Ein sehr interessanter Artikel auf Publikative.org (leider nicht mehr online aufrufbar) beschäftigt sich auf der Grundlage des Buches Das Lachen der Täter von Klaus Theweleit mit den Persönlichkeitsstrukturen von Gewalttätern und Mördern – und weist dabei nach, dass diese unabhängig von Ideologie oder Religion vorhanden sind. So sind es die gleichen Muster, die beispielsweise Breivik, Ausländer quälende Bundespolizisten oder Wachleute in Flüchtlingsunterkünften, aber auch IS-Kämpfer  aufweisen.

9. Robert Misik beschäftigt sich in seinem Videoblog auf der Webseite von Der Standrad mit der derzeitigen Anti-Griechenland-Kampagne von EU-Regierungschefs und EZB und kommt zu einem drastischen Schluss: Im Prinzip handelt es sich hier um eine Art Putsch, der in einem Land der Eurozone inszeniert werden soll. Ähnliches geschah vor einigen Jahren auch in Italien mit Silvio Berlucsconi, dies ist noch mal eine extra interessante Passage des 13-minütigen Videos.

10. Und noch mal Der Standard, diesmal allerdings in schriftlicher Form: Ein Kommentar der Lehrerin Margit Neuböck befasst sich mit dem Wandel des Bildungssystems (ist zwar aus österreichischer Sicht geschrieben, aber auch 1 : 1 auf Deutschland übertragbar), der bewirkt, dass keine kritisch denkenden, kreativen Menschen mehr ausgebildet werden, sondern stumpfe, mittelmäßige Befehlsempfänger ohne Tendenz, etwas zu hinterfragen.

11. Auf der Webseite des Recherchebüros CORRECT!V findet sich ein Text, in dem es um einen Gesetzesentwurf der EU-Kommission geht, mit dem Geschäftsgeheimnisse besser geschützt werden sollen, was ein ziemlich grober Angriff auf die Pressefreiheit wäre, da es ja genau die Aufgabe von kritischen Journalisten ist, schäbiges Geschäftsgebaren von Firmen offenzulegen. Geschrieben wurde der Entwurf von einer Anwaltskanzlei, die ihren Kunden (überwiegend multinationale Konzerne) „schnellere, wirtschaftlich optimale Ergebnisse“ verspricht. Die Wirtschaft schreibt sich also mal wieder ihre Gesetze selbst und betreibt auf diese Weise Demokratieabbau.

12. Noam Chomsky ist ein sehr schlauer Kopf, bei dem es sich immer lohnt, gut zuzuhören. Auf YouTube kann man nun ein 20-minütiges Interviewvideo von euronews sehen, in dem er sich ausführlich zur aktuellen globalen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Situation äußert.

13. Gerade ist der Grundrechte-Report 2015 erschienen, und aus diesem Anlass findet sich auf Telepolis ein interessantes Interview mit der Mitherausgeberin Elke Steven. Diese kommt zu dem Schluss, dass es mit den Grund- und Menschenrechten bei uns im Land zusehends schlechter bestellt ist, was bei Themen wie Flüchtlingselend, Massenüberwachung durch NSA und BND, Polizeigewalt oder auch Vorratsdatenspeicherung auch nicht wirklich verwunderlich ist.

14. Unglaublich! US-Außenminister Kerry schwadroniert in Südkorea ganz offiziell daher, wie ein Telepolis-Artikel berichtet, dass es wichtig sei, die Freiheit und Privatsphäre der Menschen im Internet zu gewährleisten. Natürlich meint er damit Nordkorea – und scheint irgendwie nicht auf dem Schirm zu haben, wessen Geheimdienst denn die gerade Menschen in allen Ländern ausspioniert bis zum Gehtnichtmehr. Oder ist der Typ einfach nur schizophren und glaubt den scheinheiligen Kram, den er so von sich gibt, tatsächlich selbst?

15. Und Telepolis zum Dritten: In einem ausgesprochen interessanten Interview mit Christian Nürnberger, Journalist und Autor des gerade erschienenen Buchs „Die verkaufte Demokratie“, wird sehr direkt dargelegt, wie stark der Demokratieabbau von den marktradikalen Kräften bereits vorangetrieben wurde. Nicht angenehm, so was zu lesen, aber sehr wichtig, darüber Bescheid zu wissen.

16. Exemplarisch am Beispiel der jüngst stattgefundenen Besetzung der Amsterdamer Universität durch Studenten wird in einem Artikel in der Zeit aufgezeigt, woran es bei der heutigen universitären Bildung hapert: Ökonomisieung und privatwirtschaftliche orientiertes Management führen zu einem stetigen Abbau der Forschung und einem immer schlechteren Bildungsangebot bei gleichzeitig immer aufgeblähterem Verwaltungsapparat, in dem irgendwelche BWLer unsinnige Tätigkeiten ausüben. Gut, dass sich Protest gegen diesen Unsinn regt, schlimm, dass dieser dann von der Staatsmacht niedergeknüppelt wird.

17. Im Magazin enorm findet sich ein interessanter Artikel (leider nicht mehr aufrufbar) über ein gesundheitliches Präventionskonzept, das im Schwarzwälder Kinzigtal seit einigen Jahren zur Anwendung kommt und einiges an Erfolgen vorweisen kann: gesündere Patienten, weniger Kosten für die Krankenkassen und Ärzte, die mit Verhinderung statt Behandlung von Krankheiten gutes Geld verdienen. Wäre schön, wenn solche Modelle Schule machen würden!

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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