Landtagswahl in Sachsen-Anhalt

Vorletztes Wochenende hat Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag gewählt, und urlaubsbedingt komme ich erst jetzt dazu, etwas darüber zu schreiben. Na ja, ist ja aber irgendwie auch eigentlich komplett egal, denn was soll man da noch viele Worte verlieren?

Das Wahlergebnis ist eine Bestätigung für den amtierenden Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), dessen Partei mehr als sieben Prozentpunkte zulegen konnte. Die AfD hat zwar dreieinhalb Prozent weniger eingefahren, allerdings wird das schon fast wieder wettgemacht von jeweils eineinhalb Prozent Plus aufseiten der FDP und der Querdenker-Truppe „dieBasis“.

Insgesamt ergibt sich also damit ein deutlicher Zugewinn des rechten Lagers, wobei Schwarz, Blau und Gelb nun über 70 von 97 Sitzen im Landesparlament verfügen.

Das wäre an sich natürlich schon schlimm genug, es gerät allerdings zur Groteske, wenn man bedenkt, dass nun gerade Sachsen-Anhalt ein Land ist, in dem sich viele Menschen nicht nur abgehängt fühlen, sondern dies auch tatsächlich sind. Dies manifestiert sich beispielsweise darin, dass jeder fünfte Einwohner dort von Armut bedroht ist (s. hier).

Dass arme Menschen oft resignieren und deshalb auch nicht mehr zur Wahl gehen, ist kein ganz neues Phänomen, und das schlägt sich auch in einer Wahlbeteiligung von nur etwa 60 % nieder. Klar, gab schon mal niedrigere Werte, aber wenn fast die Hälfte der Wahlberechtigten ihr Grundrecht zur Abstimmung einfach nicht wahrnimmt, finde ich das nach wie vor kein gutes Zeichen für den Zustand unserer Demokratie.

Und wenn dann diejenigen, die zur Wahl gehen, auch noch in einem nicht gerade von „blühenden Landschaften“ geprägten Bundesland rechte und rechtsextreme Parteien wählen, die ja nun dafür bekannt sind, gerade nichts für die breite Masse der Menschen und schon mal erst recht nichts für diejenigen, die arm sind (und daher auch keine Schmiergelder bezahlen oder lukrative Pöstchen anbieten können), übrig haben, dann scheinen politische Inhalte bei einer solchen Wahl kaum relevant zu sein.

Resignation, politisches Desinteresse – das ist nicht gerade ein solides Fundament für eine Demokratie.

Genauso wie es nicht eben dafür spricht, dass da ein besonders hohes Level an bürgerlicher Mündigkeit vorliegt. Und eine funktionierende Demokratie braucht nun mal mündige Bürger, die das Gemein- und Staatswesen mitgestalten.

Aber was soll man eben auch erwarten nach jahrzehntelanger Indoktrination (oder etwas provokanter gesagt: Verblödung) im Sinne der neoliberalen Ideologie? Professor Rainer Mausfeld hält ja seit Jahren Vorträge zu genau dem Thema und hat auch schon etliche Bücher dazu geschrieben. Aber klar: Diejenigen, die von unserem Wirtschaftssystem über Gebühr profitieren, haben eben immer mehr Mittel zur Verfügung, um über Medien, die ihnen oft genug selbst gehören, und Politiker, die mit Geld oder lukrativen Anschlussjobs geködert wurden, diejenigen anzulügen, auf deren Kosten sie selbst ihre immer obszöneren Gewinne einfahren.

Und anstatt dass nun das Internet mit seinen schier unendlichen Möglichkeiten der Informationsgewinnung und des diskursiven Austauschs dazu führt, dass die politische Informiertheit einen immer höheren Grad erreicht, findet genau das Gegenteil statt: Filterblasen, Massen von News und Belanglosigkeiten, das Netz dominierende riesige Digitalkonzerne sowie eine unter kommerziellen Gesichtspunkten gestaltete Personalisierung tragen einen erheblichen Teil dazu bei, dass eben solche absurden Wahlergebnisse wie jetzt in Sachsen-Anhalt herauskommen.

Wer also gedacht hat, dass die Corona-Pandemie die Schwächen des neoliberalen Systems und die Korrumpiertheit seiner politischen Protagonisten hinreichend entlarvt hätte, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Tja, das war wohl auch mal wieder nix.

Was für ein Trauerspiel … Und so hab ich zunehmend das Gefühl, in einem Zug zu sitzen, der auf einen Abgrund zurast, und dabei nur die Möglichkeit zu haben, mein eigenes Abteil ein bisschen schöner einzurichten. Der Zugführer hingegen ist unerreichbar.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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