Haushaltskrise – und wer hat Schuld?

Nach dem von der CDU angestrebten Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass Sondervermögen von der Bundesregierung nicht einfach umgewidmet werden können, befindet sich die Ampelkoaltion nun in einer veritablen Haushaltskrise. Und bei der Frage, wer daran nun schuld ist, wird ein Name irgendwie nie genannt – und das m. E. komplett zu Unrecht: Christian Lindner.

Der FDP-Chef ist nämlich zurzeit Bundesfinanzminister – und als solcher ja in erster Linie für die Haushaltspolitik der Bundesregierung verantwortlich. Insofern finde ich es schon reichlich befremdlich, dass das in den meisten Medien überhaupt nicht thematisiert wird. Mich wundert es nämlich nicht, dass es unter einer ökonomischen Blinze wie Lindner zu einer Haushaltskrise kommt.

Nur noch mal zur Erinnerung: Ein profilierter Ökonom wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stiglitz hatte ja schon zusammen mit dem Wirtschaftshistoriker Adam Tooze kurz nach den letzten Bundestagswahlen im Oktober 2021 davor gewarnt, jemanden wie Lindner zum Bundesfinanzminister zu machen (s. hier), und auch in anderen ökonomisch fundierten Artikeln wurde Lindner die Kompetenz für das Amt schlichtweg und nachvollziehbar abgesprochen (s. hier und hier).

Das sind nun nicht gerade Vorschusslorbeeren, finde ich …

Und dann kommt es auch tatsächlich zur Haushaltskrise – könnte man da nicht vielleicht mal einen Zusammenhang vermuten als Journalist?

Nun kann man natürlich sagen, dass Lindner doch nichts für den Krieg in der Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise, die dann wiederum zu hohen Preissteigerungen in Deutschland geführt hat, kann. Das ist wohl richtig, aber es geht ja eben auch um den Umgang mit diesen ganzen Krisen. Und da ist Lindner dann eben schon mittenmang.

Wenn seine Partei beispielsweise ständig betont, es dürfte keine Steuererhöhungen geben (und dabei immer nur ganz generell von Steuern spricht, ohne da mal zu differenzieren – denn einige Steuern könnten sinnvollerweise ja schon mal erhöht werden, andere eher nicht), und zudem auf der blödsinnigen Schuldenbremse beharrt, als wäre das eine religiöse Reliquie, dann hat das schon einiges mit der derzeitigen Haushaltskrise zu tun.

Dieses ganze Gehühner mit Sondervermögen ist ja nur notwendig geworden, weil es eben die Schuldenbremse in der Verfassung gibt. Klar, die hat nicht nur die FDP allein dort reingeschrieben, aber zurzeit pocht sie eben am allerlautesten auf deren Einhaltung – wider jede ökonomische Vernunft. Gerade in Krise braucht es nämlich einen aktiven Staat, der ausgleichend wirken kann. Stattdessen will Lindner natürlich lieber bei denen sparen, die eh schon sehr wenig haben – und das ist natürlich noch mal unvernünftiger. Doch um das zu erkennen, müsste man zumindest ansatzweise makroökonomisches Verständnis haben, denn dann weiß man, dass Sozialausgaben der öffentlichen Hand immer auch wirtschaftsbelebende Impulse haben, da diese Gelder sehr kurzfristig wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf zurückfließen. Arme Leute können schließlich nicht viel sparen, sondern geben das bisschen Geld, was sie haben, für Essen, Kleidung usw. aus.

Und dann kommen wir nämlich auch dahin, warum denn überhaupt die gestiegenen Preise in Deutschland solche dramatischen existenziellen Auswirkungen für viele Menschen und auch Unternehmen haben: Deutschlands Wirtschaft leidet schon seit Jahren an einem Binnennachfragedefizit, das nur immer gern beschönigend als „Exportweltmeisterschaft“ bezeichnet wurde. Dieses Defizit schlägt nun eben voll durch – und ist vor allem von der Politik zu verantworten, die von der FDP nicht nur mitgetragen wurde, sondern auch am liebsten noch stärker hätte vorangetrieben werden sollen.

Aber natürlich sieht die rechte und konservative Journaille (wobei zwischen beiden kaum noch ein Unterschied besteht, wie ich finde) vor allem die Grünen oder eben die Ampelkoalition insgesamt als Schuldige für die aktuelle Haushaltsmisere. Natürlich kann man die da auch nicht von jeder Mitverantwortung freisprechen, zumal auch bei den Grünen und der SPD lediglich neoliberales „Wirtschaftswissen“ – und damit eben keine wirkliche Expertise – vorhanden ist. Dennoch ist es absurd, dass der Bundesfinanzminister mit dieser Haushaltskrise so gut wie nicht in Verbindung gebracht wird.

Das zeigt allerdings auch mal wieder, dass die FDP nach wie vor der Liebling vieler Journalisten in Print und Fernsehen ist – und so werden da eben lieber die Samthandschuhe angezogen, anstatt mal deutlich zu formulieren, dass eine Haushaltskrise eine fast zwangsläufige Folge ist, wenn man eine ökonomische Niete zum Finanzminister macht.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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