Vorweg: Ich glaube nicht, dass die AfD nur aufgrund von Auslandskohle so groß geworden ist, wie sie es zurzeit leider ist. Denn diese Partei spricht letztlich viele Ressentiments an, die seit Jahren hier bei uns im Land geschürt wurden – beispielsweise durch die BILD. Zudem verstehen sie (eine Parallele zu Adolf Hitler damals), wie sie die neuen Medien zu nutzen haben, mit denen sie viele Menschen ansprechen (s. hier).
Dass die AfD mittlerweile so bedeutend ist, ist m. E. somit eher ein inländisches Problem, und man müsste hier anfangen, nach Lösungen zu suchen: Den Sauhaufen zu verbieten, um sie von der Staatskohle zu trennen, wäre eine Sache. Deren Politiker nicht in Talkshows einzuladen eine weitere.
Und deren Positionen nicht zu übernehmen oder, wenn es gerade mal der eigenen Agenda dient, nicht mit denen zusammenzuarbeiten (was auf Landesebene schon fast alle Parteien gemacht haben) wäre auch extrem wichtig. Mittelfristig müsste man dann gegen die weitere Ungleichheit vorgehen, denn diese erzeugt Ängste und auch reale Nöte, was immer ein Nährboden für rechte Bauernfänger ist.
Das funktioniert allerdings in unserem Wirtschaftssystem nicht, weswegen der Rechtsruck auch darin angelegt ist (s. hier). Ich schreibe seit Jahren darüber (beispielsweise 2016 bereits in einem Artikel), gebe rechtem Pack auch ständig Widerworte – hat nur leider bisher nichts genützt, denn man arbeitet dabei gegen systemische Ursachen an, gegen die ein Einzelner kaum etwas ausrichten kann.
Was das Ganze nun noch verschärft, ist, dass neoliberale Politiker selbst immer mehr die Nähe von AfDlern und anderen Rechtsaußen suchen. Das war nicht nur in Thüringen der Fall, als CDU und FDP zusammen mit der AfD Anfang 2020 den FDPler Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten wählten. Nein, auch im selben Bundesland stimmt man auch sonst gern in dieser Konstellation gemeinsam ab. Und nicht nur dort, wie ich letztes Jahr bereits in einem Artikel schilderte, auch die SPD und die Grünen zeigten da beim Thema Rechtsextremismus in Hamburg und Hessen erschreckend wenig Berührungsängste mit der AfD.
Alles Ausnahmen? Mitnichten! So langsam, aber sicher ist ein System dahinter zu erkennen, nämlich dass Neoliberale lieber mit Faschisten paktieren, als von ihrer zusehends kaputten Ideologie abzuweichen oder eventuell einen Machtverlust hinzunehmen. So hat gerade EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) auf europäischer Ebene für eine Kooperation mit der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) plädiert – und in dieser finden sich beispielsweise die rechtsextreme polnische PiS, die spanische Rechtsaußentruppe Vox oder auch die in Italien gerade regierenden Faschisten von Giorgia Meloni (s. hier).
Apropos Meloni: Die finden auch andere deutsche Politiker so richtig knorke, und eben nicht nur solche von der AfD, wie auf der Facebook-Wall der ARD-Sendung Monitor zu sehen ist:
Na ja, der Söder halt, bei dem ist ja eh Hopfen und Malz verloren, wird nun der eine oder andere denken. Dennoch dürfte sich auch ein Rechtspopulist wie Söder dagegen verwehren, nicht zur demokratischen Mitte gezählt zu werden – genauso wie viele CDU/CSU-Wähler.
Vor allem ist Söder da auch nicht der Einzige:
Ups – das ist ja der Bundeskanzler. Und bei welcher Partei ist der noch mal? Bei der SPD, oder? Na ja, bei seinem markigen Spruch, dass endlich in großem Stil abgeschoben werden müsste, der es ja immerhin bis auf die Titelseite des Spiegel geschafft hat, hat der Cum-Ex-Buddie ja schon mal rechtes Terrain recht deutlich beackert. Warum dann also nicht auch mit der netten Faschistin aus dem fröhlichen Süden ein bisschen schäkern und ihr tolle Komplimente machen, so von wegen guter Zusammenarbeit?
Vor vier Jahren habe ich bereits einen Artikel geschrieben über den reaktionären Backlash, der im Zuge der Corona-Pandemie vorangetrieben wurde. Mittlerweile hat man offenbar überhaupt keine Hemmungen mehr, sich zu jenen politisch zu bekennen, die immer noch weiter ihre ewiggestrigen Ansichten durchsetzen wollen. Ist nur blöderweise gerade kein so richtig guter Zeitpunkt dafür, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Krisen eher eine nach vorn blickende Politik der neuen Wege erfordern würden …
Und so könnte es passieren, dass auf EU-Ebenen bald schon eine Art Probelauf der Zusammenarbeit von Konservativen und Rechtsradikalen stattfinden könnte. Wenn das dann gut hinhaut und es einem die dösigen Unions- und FDP-Wähler nicht übel nehmen, dann kann man das mit Sicherheit auch nach der nächsten Bundestagswahl mal hierzulande ausprobieren.
Und dann haben wir eventuell einen Innenminister Björn Höcke.
Soll dann nur bitte keiner sagen, man hätte das ja nicht ahnen können …