Dass ich kein Freund der FDP bin, habe ich ja schon öfter deutlich gemacht. Was die Partei allerdings nun nach ihrer schäbigen Regierungssabotage im Wahlkampf hinlegt, zeigt dann, dass das Niveau dieser Trümmertruppe doch noch immer weiter sinken kann.
Was soll eine Partei aber auch machen, die in den letzten Jahren als Teil der Regierung mehr als deutlich gezeigt hat, dass sie a) nicht verantwortungsvoll politisch handeln kann, b) stets nur auf Destruktivität zugunsten der eigenen Klientel setzt und c) immer weiter und offensichtlicher nach ganz rechtsaußen rutscht (wenn beispielsweise Parteichef Christian Lindner sagt, man solle nun „mehr Musk und Milei wagen“).
Ganz weit rechts gibt es schließlich schon die AfD, Korruption und Klientelpolitik für Vermögende sind mittlerweile auch Kernkompetenzen der CDU – also versucht man bei Lindners Wahlverein nun, irgendwie über die fünf Prozent zu kommen, damit die Fleischtöpfe für Bundestagsabgeordnete weiter gesichert sind, schöne Posten oder andere Zuwendungen von Unternehmen nach wie vor verteilt werden und man zudem weiterhin die Demokratie destabilisieren kann. Und vielleicht ist ja unter einem Kanzler Merz dann doch noch der eine oder andere Ministerposten drin – wer weiß? Schließlich ist die FDP ja der Liebling der Alphajournalisten und Chefredakteure, sodass die Partei nicht nur von der BILD nach wie vor hemmungslose mediale Unterstützung erfährt.
Mit Inhalten hat es die FDP ja schon seit Jahren nicht mehr, erst recht nicht im Wahlkampf, aber was da zurzeit abgeliefert wird, ist dann in der Tat an zynischer Widerwärtigkeit nicht mehr zu überbieten. Es gibt da bei uns in Rendsburg in einer innenstädtischen Nebenstraße so einen FDP-Laden, und wenn man daran vorbeikommt, fällt es einem schwer, zuvor Gegessenes noch bei sich zu behalten.
Auf die dort ausgestellten Plakate möchte ich nun mal im Einzelnen eingehen, angefangen mit dem unverbindlichsten.
Dass nun die FDP in Schleswig-Holstein mit Wolfgang Kubicki wirbt, ist ja kein Wunder, denn immer ist der Typ Bundestagsvizepräsident und gern gesehener Talkshowgast im Fernsehen. Da ist es dann auch egal, dass er sich gern zu Kreuzfahrten einladen lässt und dabei auch noch seine Frau mitnimmt (s. hier) oder Fahrten zu Netzwerktreffen mit Lobbyisten auf Mallorca als „Dienstreise“ von öffentlichen Geldern bezahlen lässt (s. hier) passt natürlich auch gut zur FDP: Wer die bezahlt, bestimmt die Musik. Schließlich will man ja auch Vorteile davon haben, in einer Partei tätig zu sein, deren Korrumpiertheit nun wahrlich kein Geheimnis ist.
Dass Kubicki dann als Bundestagsvizepräsident eigentlich dafür zuständig ist, genau solches Treiben von Politikern zu unterbinden, kann man dann getrost unter der Redewendung vom Bock, der zum Gärtner gemacht wird, verbuchen. Aber selbst Wolfgang „ich weiß nicht, wo die 100.000 DM geblieben sind“ Schäuble war ja schon Bundestagspräsident und hat das Ansehen dieses Amtes somit reichlich besudelt. Wobei Kubicki es immerhin geschafft hat, da noch einen draufzusetzen, hat er doch als Nebentätigkeit den Cum-Ex-Strippenzieher Hanno Berger anwaltlich beraten – also denjenigen, der einen Steuerraub in Milliardenhöhe inszeniert hat.
O. k., auf solche Sachverhalte will man dann wohl eher nicht so gern zu sprechen kommen vonseiten der FDP, also haut man lieber einen schönen Allgemeinplatz raus: „Konsequenz hat ein Gesicht.“ Was denn nur bitte für eine Konsequenz, frage ich mich. Konsequente Abgebrühtheit? Konsequente Amoralität? Konsequente Vorteilsnahme? Konsequente Unglaubwürdigkeit? Das sollte man dann vielleicht doch dazu schreiben, oder?
Das war nun das harmloseste der drei Plakate und im Grunde etwas, was man von der FDP sowieso schon seit Längerem gewöhnt ist: hohlbirnige Phrasendrescherei und Allgemeinplätze, die gut klingen, aber mit der FDP-Politik sowieso nichts zu tun haben – und somit schon recht zynisch rüberkommen. Dieser Zynismus wird dann aber noch mal gesteigert, wenn die Visage von Parteichef Christian Lindner ins Spiel kommt:
Na hoppla, dachte ich mir, da spricht nun aber jemand von etwas, von dem er so gar keine Ahnung hat. O. k., das trifft auf Lindner eigentlich irgendwie immer zu, wenn er den Hals aufreißt, aber hier ist es nun besonders offensichtlich. Denn schließlich sei doch die Frage erlaubt, was denn Lindner selbst so bisher an Joberfahrung vorzuweisen hat.
Meines Wissens hat er noch jedes Unternehmen, das er gegründet hat, vor die Wand gefahren, teilweise mussten dann sogar öffentliche Gelder zum Ausbügeln seiner Inkompetenz aufgewendet werden. Also mal so von wegen „alles geben“ … Und als er dann merkte, dass arbeiten nicht so sein Ding ist, hat er sich lieber mit reichlich Steuergeldern alimentieren lassen, um als Abgeordneter sein Unwesen zu treiben – und auch da nichts auf die Reihe zu kriegen, also zumindest aus Sicht der allermeisten Bürger, die ihm sein Salär finanzieren – immerhin seitdem er 21 Jahre alt war.
Und nun will so ein Hallodri also Menschen, die sich Tag für Tag für oftmals viel zu wenig Lohn und mit viel zu viel Belastung ins Burn-out schuften, erzählen, dass sie doch mal bitte endlich alles geben sollten? Vor allem: Was ist denn dieses „alles“? Vermutlich meint Lindner damit unbezahlte Überstunden, Verzicht auf Lohnerhöhungen und Freude über Arbeitsverdichtung.
Oder meint er etwa, dass er selbst alles für irgendjemandes Job geben will? Ein verantwortungsloser Intrigant, der gerade erst gezeigt hat, dass ihm die Menschen in diesem Land am Allerwertesten vorbeigehen, will sich nun zum Retter von Jobs aufschwingen? Und dass, obwohl gerade die Finanzialisierung von vielen Unternehmen, die vor allem auch von der FDP vorangetrieben wird, und das Schleifen von Arbeitnehmerrechten, das ebenfalls vor allem von der FDP vorangetrieben wird, nicht eben der quantitativen und qualitativen Steigerung von Arbeitsplätzen dient.
Mehr Zynismus geht eigentlich kaum noch …
Kommen wir zum Höhepunkt der Plakatekelhaftigkeit bei der FDP:
Sinister vor schwarzem Hintergrund blickt uns Lindner besorgt an. Klar, das Thema ist ja auch: Migration!
Mal abgesehen davon, dass guter Wille eigentlich grenzenlos sein sollte, hat das Recht auf Asyl nun so gar nichts mit gutem Willen zu tun. Das ist vielmehr die bei Rechtsextremen beliebte Denke, dass Geflüchtete ja so was wie Gäste wären. Nein, sind sie nicht, es ist ein Menschenrecht, dass sie hierher kommen können. Und es ist unsere verdammte Pflicht, uns um diese Menschen zu kümmern, deren Lebensgrundlage wir auf so verschiedene Arten und Weisen ruinieren (s. hier).
Aber – huch! – das wäre ja Verantwortung, die man übernehmen würde, und mit Verantwortung hat es Lindner ja nun nachgewiesenermaßen nicht so … Also trötet er lieber ins Horn von rechten Jammerlappen, um so wieder mal Migranten als Sündenböcke präsentieren zu können, die für die Verwerfungen, die vor allem durch neoliberale und damit auch von Lindner Mistverein stets vorangetriebene Politik verursacht wurden, herhalten müssen.
Wer bei so einem Plakat noch Zweifel daran hat, dass die FDP mittlerweile eine Rechtsaußenpartei geworden ist, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Aber klar: Sehr reiche Menschen wissen auch, dass Demokratie eher hinderlich dabei ist, ihre absurd großen Vermögen noch weiter zu vergrößern. Da sind totalitäre Strukturen schon praktischer, und genau deren Etablierung steckt nämlich hinter so einer Aussage.
Ich zitiere mal aus einem (leider nur gegen Bezahlung lesbaren) Artikel von Bernd Kasparek und Vassilis Tsianos in den Blättern für deutsche und internationale Politik:
Derartige Versuche, das Verhältnis zwischen Exekutive und Judikative zu verschieben, rühren an Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. Tatsächlich ist die Positionierung der Politik über dem Recht nichts anderes als die Wiederkehr des Autoritarismus. Sein Vehikel: der pauschalisierende und kontrafaktische Migrationsskeptizismus.
Denn genau das ist ja das Ziel von solchen Ansinnen: Europäisches und nationales Rechts auszuhebeln, Menschenrechte verhandelbar zu machen oder gar abzuschaffen und somit der Politik die Entscheidungsgewalt über die Justiz zu geben. Klar, die CDU tickt mittlerweile genau so, aber das ist ja kein Grund, nun so offensichtlich nachzuziehen vonseiten der FDP, oder?
Alt-FDPler Gerhard Baum, noch ein Sozialliberaler, brachte den Zustand seiner Partei kürzlich so auf den Punkt: „Eine Partei mit einem Prozent Sachkompetenz und vier Prozent Wähleranteil“ (s. hier) – und forderte einen Neuanfang, entweder mit oder ohne Lindner. Daraus scheint nun nichts zu werden, denn nicht nur glotzt einen wieder die Lindner-Visage von allen Plakaten an, sondern die Wahlslogans zeigen auch, dass da kein Neuanfang stattfinden wird, sondern es eher immer weiter in die bereits eingeschlagene Richtung geht: mehr Menschenverachtung, mehr Zynismus, mehr Spaltung der Gesellschaft, mehr Politik als Dienstleistung für Vermögende, mehr antidemokratischer Rechtsextremismus.
Lieber Herr Baum, Sie scheinen mir ein sehr anständiger Mensch zu sein. Tun Sie sich selbst einen Gefallen und treten Sie aus dieser Trümmertruppe namens FDP aus – schnellstmöglich!