Freiheit als Synonym für blinden Egoismus

Immer wieder erlebe ich es, dass Menschen in Gesprächen tatsächlich der Meinung sind, dass der Besitz von Geld etwas mit Intelligenz oder Bildung zu tun hat. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um geerbtes Geld oder Rücksichtslosigkeit handelt, um ein Vielfaches höher. Gerade wenn man sich die derzeit mächtigsten Männer (!) der Welt anschaut, dann wird langsam klar, dass es sich vor allem um Rücksichtslosigkeit und blinden Egoismus handelt (deshalb „blind“, weil der Reichtum nichts wert ist, wenn Geld nichts mehr wert ist, doch dazu gleich).

Die Reihe der Staatschefs, die lauthals „Freiheit“ fordern, wird immer länger: Vladimir Putin, Donald Trump, Viktor Orbán, Javier Milei oder Nayib Bukele. Ob ich Elon Musk da nun mit aufnehme, wo er seine politische Macht ungehemmt einsetzen kann, auch ohne Staatschef zu sein? Geschenkt. Sie alle fordern besagte „Freiheit“, und die Menschen jubeln ihnen dafür zu. Vor allem Menschen, die sich vernachlässigt oder zurückgesetzt, unverstanden oder ungeliebt fühlen. Aber sie missverstehen den Kern der Botschaft: Es geht diesen Unternehmern (!) nicht um die „Freiheit“ der oder des Einzelnen, sondern um die „Freiheit“, ihre Geschäfte unreguliert zu betreiben und damit noch mehr Macht und Geld zu erhalten! Im Prinzip ein nachvollziehbares Verhalten, aber es ist zu kurz gedacht, und vor allem bedeutet es auch rücksichtslose Ausbeutung und keinerlei soziales Gewissen.

Damit das einmal (mehr) deutlich geschrieben zu finden ist …

Der Staat sollte dafür sorgen, dass Menschen ohne Millionen oder Milliarden auf dem Bankkonto ein bezahlbares Gesundheitssystem haben, ein funktionierendes Verkehrssystem, eine unbestechliche Justiz und Polizei sowie gleiche Bildungschancen für die Kinder. Das alles kann sich jemand mit einem durchschnittlichen Einkommen nicht einfach so kaufen, und ich tippe gerade mal spontan darauf, dass Du in der gleichen, misslichen Lage steckst? Oder gehörst Du zu dem 1 % Superreichen, die sich Ärzte kaufen, Straßen bauen (oder den Helikopter nehmen) und Wachschutz mieten können? Die sich Gerechtigkeit mit Bestechung erkaufen können und bei denen Bildung im Prinzip keine Rolle spielt, weil Geld so ziemlich jede Tür öffnen kann? Nein? Aber genau diese „Freiheit“ meinen Leute wie Alice Weidel, Christian Lindner oder oben genannte Staats- und Konzernchefs.

Ich verstehe sehr gut, dass so ein Egoismus ein Antrieb sein kann, um den Rest der Welt „links“ liegen zu lassen und auf die rechte Seite zu wechseln. Aber zu verstehen bedeutet nicht, dass ich einer Meinung damit bin oder dass ich es für akzeptabel halte! Was ich noch viel weniger verstehe, sind die Menschen, die diesen machtgeilen und rücksichtslosen Gestalten an den Lippen hängen, weil sie unter „Freiheit“ nur verstehen, dass sie tun und lassen können, was sie wollen (am Ende können sie das auch, aber ihre Optionen sind ohne Krankensystem, Verkehrssystem, Infrastruktur und ausreichend Geld doch stark eingeschränkt – und die „Freiheit“, seine Tapete zu essen oder doch lieber an der Tafel anzustehen, ist wenig frei, wie ich finde).

Allerdings sollte auch den Superreichen klar sein: In einer Welt ohne staatliche Reglementierung, ohne gerechte Verteilung (!) und ohne entsprechend verarmte Menschen werden sie auf jede Menge Feindseligkeit und Missgunst treffen (anstatt auf Menschen, die davon träumen, auch mal ein so reiches und egoistisches Verhalten ausleben zu können). Es wird kaum zahlungsfähige Konsumenten mehr geben, und die Konkurrenz kann auch mit illegalen Mitteln (bis hin zum Mord) die Ressourcen ihrer Widersacher in Besitz nehmen. Ich kann nur annehmen, dass Geld einen ähnlichen Suchtfaktor wie Alkohol hat, denn sonst wäre ein so übertriebenes Verhalten kaum zu erklären, da diese Leute schon mehr als genug für 100 Leben im Luxus haben. Aber „mehr“ kennt keine Grenzen nach oben!

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“

 

Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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