Migration, Migration, Migration – und immer auch in Verbindung mit Kriminalität. Auf diese Weise schüren rechte Politiker und Medien immer wieder gern rassistische Stimmung und verbreiten Angst bei den Menschen. Doch an diesem Narrativ ist überhaupt nichts dran.
Man beruft sich dabei dann gern auf die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), doch werden die dortigen Werte meistens sehr selektiv genutzt, damit sie genau zu der Panikmache passen, die man im Sinn hat.
Georg Restle hat sich in einer Monitor-Reportage mit dem Titel „Volk in Angst: Wie mit Verbrechen Politik gemacht wird“ mal etwas genauer mit der PKS auseinandergesetzt. Dabei erläutert die Ungenauigkeiten, die sich bei dieser Statistik zwangsläufig ergeben, und bettet die aufgeführten Werte in einen größeren Kontext ein. Auf diese Weise ergibt sich dann nämlich ein etwas anderes Bild, als es die bewusst verkürzenden und irreführenden Aussagen von Rechtspopulisten vermitteln.
Zum einen sieht man, dass Deutschland zurzeit nach wie vor eines der sichersten Länder der Welt ist. Und zum anderen wird auch klar, dass im längerfristigen Trend die Kriminalität hierzulande abnimmt. Aber wenn man sich beispielsweise ein Jahr der Corona-Pandemie herausgreift, als es nachvollziehbarerweise aufgrund der Lockdowns weniger Verbrechen gab, und dieses dann dem letzten Jahr gegenüberstellt, dann geht es wohl vor allem darum, das Gefühl von Unsicherheit zu vermitteln.
Denn aus Angst lässt sich leider sehr gut politisches Kapital schlagen. Und je weiter rechts Politiker und Medien stehen, desto mehr schüren sie Ängste, die im Grunde gar nicht bestehen, da man auf diese Weise wunderbar von tatsächlichen Problemen, für die Konservative und Rechte keine Lösungen anzubieten haben, ablenken kann. Leider funktioniert das ziemlich gut, wie man ja an öffentlichen Diskussionen und auch an den Wahlergebnissen sehen kann.
Insofern ist die halbe Stunde, die diese Reportage dauert, gut investierte Zeit, denn es werden weit verbreitete Mythen in Bezug auf Ausländerkriminalität widerlegt. Das wird Rechte natürlich nicht interessieren, aber nicht nur bei AfD-Jüngern findet sich ja die Ansicht, dass vor allem Nichtdeutsche kriminell seien und dass dies ein großes Problem sei.
Wenn man nämlich, so wie Restle, die PKS-Zahlen etwas analytischer unter die Lupe nimmt, dann kommt man darauf, dass die Hauptkriterien dafür, kriminell zu werden, nicht deutsch oder nicht deutsch sind, sondern vielmehr: männlich, unter 30 und mit schlechter sozialer Perspektive. Bei dieser Bevölkerungsgruppe findet sich ein etwa gleich hoher Prozentsatz an Menschen, die kriminell werden, sowohl bei Deutschen als auch bei Nichtdeutschen. Daraus ergäbe sich dann ein komplett anderer Ansatz, diesem Problem zu begegnen: Statt „Grenzen zu“ müsste man sich beispielsweise eher darum kümmern, dass Angebote der Jugendarbeit verbessert werden, dass Gewaltprävention in Schulen eine höhere Priorität bekommt, dass patriarchale Strukturen aufgelöst werden, dass junge Menschen bessere Lebensperspektiven bekommen.
Ach so: Ein stabiles soziales Umfeld gehört auch zu den Sachen, die die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Menschen kriminell werden. Woran man dann auch sieht, dass die von Rechtspopulisten und -extremisten immer wieder geforderte Aussetzung des Familiennachzugs von Geflüchteten extrem kontraproduktiv ist.
Aber vermutlich wollen Rechte von CDU über FDP bis AfD auch gar nicht, dass weniger Menschen (und vor allem weniger Migranten) kriminell werden, denn mit jedem Vorfall lässt sich ja die eigene Anhängerschaft noch mehr verängstigen und verunsichern. Und davon leben rechte Politiker nun mal.
Ob eine solche Reportage nun diese Entwicklung umkehren kann, mag bezweifelt werden, in jedem Fall bietet sie hervorragendes Aufklärungsmaterial für Bürger, die noch selbst denken und sich nicht allzu gern ins Bockshorn jagen lassen.