Das Feudale steckt in uns allen

Das feudale Denken ist uns allen eigen. Niemand ist davor gefeit. Spätestens, wenn wir über das Eigentum, unser persönliches Eigentum, näher nachdenken würden, würden wir das auch erkennen können. Aber weil wir dies selten tun, meist gar nicht, ist es für uns so schwer, gegen den Feudalismus wirklich vorzugehen, genau das macht ihn derzeit wieder möglich, verhilft ihm zum Sieg über uns und unsere Freiheit. Denn das Feudale steckt in uns allen.

Ein Gastbeitrag von Heinz Peglau

Eigentum ist mehr als nur Besitz. Eigentum heißt Abgrenzung und auch Ausgrenzung, und damit wird das Wesen des Eigentums deutlich, welches letztendlich in der Macht zuerst über Dinge und dann über Menschen besteht, sich so zu verhalten, wie es dem Eigentümer gefällt, wie es uns allen gefällt, wenn wir über Eigentum verfügen.

Eigentum ist nun nichts, was man per se als schlecht definieren kann oder gar unnatürlich, im Gegenteil. Wie immer ist es die Quantität, die hier über Medizin oder Gift entscheidet.

Eigentum demokratisch kontrolliert und so geregelt, dass keinem Menschen durch andere Menschen Schaden zugefügt werden kann, ist nicht verwerflich, meist sogar nützlich, und sehr oft entspringt auch Nutzen über den Eigentümer hinaus für die Gesellschaft. Demokratisch kontrolliert, kann dieser dem Menschen innewohnende Trieb zum Eigentum, zur eigenen Existenzsicherung, auch durch Eigentum, durchaus geduldet werden und auch genutzt werden. Aber nur dann und nur unter dem Anspruch der Endlichkeit, sowohl in der Menge als auch im Hinblick auf die Zeit.

Die demokratische Begrenzung des Eigentums der Höhe nach und auch im Zeithorizont ist für mich zur Rechtfertigung des Eigentums und zum Schutze des Menschen und der Natur unumgänglich. Wir müssen das Feudale in uns in den Griff bekommen, es einhegen. Nur dadurch kann es gelingen, dem Feudalismus oder anderen schrecklichen Regierungsformen entgegenzutreten, die Demokratie wieder mit Leben zu erfüllen, sie aus dem TINA-Tiefschlaf wiederzuerwecken.

Da der Mensch die Natur braucht, wird diese auch dadurch, ihr Schutz, wie selbstverständlich hier mitgedacht. Mehr noch wird gerade hier deutlich, wie sehr der feudale Gedanke, unkontrolliert wirksam, als Sinn des Handelns sogar alternativlos durchgesetzt, die Natur und damit unser aller Lebensgrundlage zunehmend schädigt und am Ende zerstört. Immer sollten wir bedenken: Wir brauchen die Natur, die Natur uns aber nicht – und unsere Triebe schon gar nicht!

Nur derzeit wird weder unser Trieb und schon gar nicht das Eigentum kontrolliert, geregelt schon gar nicht, und demokratisch ist er nur insofern mehrheitsfähig, weil die Alternativlosigkeit beschworen und über die Wettbewerbsgesellschaft auch durchgesetzt wird. Im Gegenteil wird durch den Wettbewerbswahn unserer Gesellschaft, beruhend auf dem Irrglauben der neoklassischen Ökonomie, dem Irrglauben des Liberalismus, dessen Rückzug nämlich auf den Individualismus und auf den Egoismus des Einzelnen, der schon für das Gemeinwohl sorgen wird, gerade diese Rechtfertigung im täglichen Erleben des überwiegenden Teiles der Menschheit ad absurdum geführt, schon lange auch bei uns.

Die viel beschworene Leistungsgesellschaft wird durch große Vermögen und ihre Erben immer mehr zu einer Leistungsverhinderungsgesellschaft. Die Menschen werden immer defätistischer im Denken und auch im Handeln, wie mir die Demagogen des Populismus ständig vor Augen führen, auch die, die wir derzeit in den Regierungen und Parlamenten haben, die einzig dem Schutz des Eigentums, unserem Trieb dazu, sich derzeit noch verpflichtet fühlen oder aber auch nur Angst haben, sich dagegenzustellen, wenn die Erkenntnis gereift ist.

Der Kapitalismus ist dabei nur Mittel, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Sicht auf ihn von Jean Ziegler teile ich, wenn auch seine Lösungsvorschläge nicht die meinen sind. Auch der Kapitalismus hat letztendlich nur denselben Zweck: die Anhäufung von Kapital, und zwar über das produktive Kapital hinaus. Er dient zur Anhäufung des Reichtums, zur Eigentumsakkumulation, zur Machtakkumulation.

Er ist von einem Versprechen, Wohlstand für alle zu schaffen, zu einem Mittel der Restauration pervertiert worden, welche die Macht des Eigentums, der Eigentümer über uns zu altem „Glanze“ verhelfen soll. Es ist sein Wesen, weil es das Wesen des Eigentums ist, wenn es sich der demokratischen Kontrolle und Begrenzung entziehen kann. Es ist unser Trieb, der dies möglich macht, weil er unser Denken bestimmt und derzeit begrenzt, den wir einhegen sollten, um die Welt für alle Menschen wieder lebenswert zu machen, um die Natur vor uns zu retten.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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