Ein Sozialstaat ohne Sozialversicherungen wäre kein Sozialstaat mehr

Der Sozialstaat ist mehr als der Bundeshaushalt oder die Haushalte der Länder und Kommunen. Der Sozialstaat ist auch mehr als die Ausgaben für Soziales. Der Sozialstaat ist die Fülle seiner Aufgaben, die man nicht auf das Geld, die Ausgaben allein reduzieren darf.

Der Sozialstaat ist hauptsächlich ein Gedanke, eine praktische Handlungsanweisung an alle in der Politik und außerhalb und Teil jeglicher Anstrengungen von guter Politik. Nicht umsonst haben unsere Väter und Mütter des Grundgesetzes dies als Artikel uns ins Grundgesetz geschrieben. Die konnten noch denken, hatten es noch nicht verlernt, wie viele heute, deren eigentliche Aufgabe es wäre, das Grundgesetz und damit uns zu beschützen. Schlechte Politik zeichnet sich durch ein Vergessen, ein Ignorieren, ein Zerstören des Sozialstaates und seines Gedankens aus, rückt ihn aus dem Zentrum ins Abseits, wie es seit Jahren hier geschehen ist und es immer noch geschieht. Die Politik des Sozialstaatsabbaus müssen wir seit Jahren beklagen, müssten wir, wenn wir den Sozialstaat noch verstehen würden. Tun wir das? Ich zweifele zunehmend.

Der Sozialstaat wird nie allein auf die Verantwortung des Einzelnen reduziert werden können, auf Geld allein. Macht man das, so zerstört man ihn. Wer anderes behauptet, irrt sich, und zwar grundsätzlich und gewaltig.

Der Sozialstaat braucht die Gemeinschaft, insbesondere die Versicherungsgemeinschaft, den Versicherungsgedanken. Ohne den einen Gedanken kann es den anderen in gesamtgesellschaftlicher Bedeutung nicht geben. Gesellschaft ist, wenn sie gut funktionieren soll, immer eine, welche diesen Versicherungsgedanken in sich trägt, hegt und pflegt, nicht nur institutionell, sondern quasi als innere Überzeugung aller. Den Sozialstaat gibt es nur, wenn die Menschen intellektuell dazu in der Lage sind zu erkennen, dass sie allein zu schwach sind, nur die Gemeinschaft ihnen Schutz und Sicherheit bieten kann, sie mit ihrem kleinen oder auch großen Beitrag, monetär oder tatsächlich, sich dem Großen und Ganzen der Gemeinschaft sicher sein können, gerade dann, wenn sie einmal nicht in der Lage sind, ihren Beitrag zu leisten.

Der Sozialstaat ist sogar Voraussetzung für eine liberale Gesellschaft, kann dieser nur nicht mehr gerecht werden, wenn er wirtschaftsliberal an den Rand gedrängt wird, wie wir dies derzeit gerade tun und genau deshalb mit den Problemen des Sozialstaats konfrontiert werden, hausgemachte Probleme sind es allerdings, mehr auf Unfähigkeit der Politiker und der Verwaltungen zurückzuführen als auf das einst gut funktionierende System des Sozialstaats, welches wir nun seit Jahren schleifen.

Der Sozialstaat ist ohne den Versicherungsgedanken gar nicht zu denken, ohne die Sozialversicherungen gar nicht zu denken in Deutschland oder andernorts, und deshalb ist jeder Angriff auf die Sozialversicherungen auch ein Angriff auf den Sozialstaat, insbesondere die Finanzierung des Sozialstaates.

Jeder Versuch, den Sozialstaat im Wesentlichen auf eine reinen Geldleistung reduzieren zu wollen, auch wenn dieser Versuch von studierten „Philosophen“ herbeigeredet wird, von Utopisten esoterisch schöngeredet, von halbgebildeten Journalisten herbeigeschrieben wird, von Ökonomen als Alternative entsprechend ihrer Saldenökonomie angesehen wird, bedeutet nichts anders zuletzt, als diesen Sozialstaat, die Solidarität, die Versicherung, sich auf andere verlassen zu können, zu zerstören. Die Abhängigkeit von Renditen und der Bereitschaft derer, die Renditen dann auch zu teilen, haben nichts Soziales mehr an sich, werden quasifeudal der Bereitschaft weniger dazu dann übertragen, als Almosen für die, deren Renditen nicht ausreichen, sich selbst zu helfen. Wer meint, dass hier dann der Rechtsstaat ausreichen würde, mehr zu schaffen als das Almosen, hat den Rechtsstaat einfach nicht verstanden, überträgt diesem eine Aufgabe, der er nicht gewachsen ist, nicht gewachsen sein kann, ignoriert, dass Recht auch zu Unrecht gemacht werden kann, demokratisch, rechtsstaatlich dann sogar im Verfahren. Griechenland hat längst den Beweis dafür angetreten, wie rechtsstaatlich das Soziale mit Füßen getreten werden kann.

Renditen bieten generell keine Sicherheit, schon gar nicht für die Allgemeinheit. Sie dienen dem Profit. Sie dienen nur denen deshalb, denen sie diese Profite bringen, und sie werden auch diesen nur eine begrenzte Sicherheit gewähren können in Höhe ihrer Rendite und auch nur so lange, wie die Renditen sprudeln, sie nicht auf die Allgemeinheit angewiesen sind, weil die Renditen geringer oder gar nicht mehr sprudeln oder weil sie sich vielleicht sogar verzockt hatten, wie unsere Banken und privaten Versicherungen 2008, die wir dann aufwendig auf Kosten der Schwachen in Deutschland und Europa „retten“ mussten. Die Folgen spüren wir ja, auch die, die nun ihr Alter mit den Ablaufleistungen ihrer privaten Anlagen zu gestalten gedenken, rechtsstaatlich jedoch mitgeteilt bekommen haben, dass die einstigen Versprechen gar nicht eingehalten werden müssen; Vertrag ist eben doch nicht Vertrag, wenn er zwischen Großen und Kleinen geschlossen wird, wenn die Großen Probleme bekommen, ihren Teil einhalten zu müssen.

Sprudeln die Renditen, ist alles in Ordnung. Sprudeln sie aber nicht, so bekommen wir, bekommt die Gesellschaft ein Problem, werden die, welche sich an diese hohen Renditen gewöhnt haben, ungern dazu bereit sein, ihren eigenen Gürtel enger zu schnallen. Es reicht schon, wenn die Vermögen in Gefahr kommen, die Basis der Renditen, wie uns die jüngste Vergangenheit zeigte, was gerade die Griechen dann teuer bezahlen mussten, die Alten dort, die Kranken dort, die Jungen dort, nicht die Reichen dort. Die reichen Griechen hatten ihr Geld längst im Trockenen, in Berlin beispielsweise, weil dort die Renditen die Mieten gerade in die Höhe treiben, die Mieter in die Armut, die Mieter in Berlin nun auch die griechischen Reichen noch ein wenig reicher machen, machen müssen mangels sozialstaatlicher Alternativen. Der Kapitalismus ist immer von der Krise her zu denken, in diesem Falle ganz besonders. Ich werde darauf zurückkommen in den nächsten Wochen, auch auf die kriminelle Energie, die er entfesseln kann, wenn man zulässt, dass er sie entfesseln kann, wenn man leichtsinnig wird, wie diese heutige Politikergeneration und die davor.

Wir brauchen die Sozialversicherung unbedingt für das richtige gesellschaftliche Denken, aber auch für die Finanzierung des Sozialstaates, um das richtige Denken von Sozialstaat auch erhalten zu können; mehr denn je, brauchen wir sie, nur eben besser als derzeit muss sie gemacht werden. Abschaffen dürfen wir sie in keinem Falle, nicht einmal weiter einengen in der Bedeutung dürfen wir sie. Sie ist wieder aufzuwerten, schlagkräftiger und zukunftssicherer zu machen und ins Zentrum zu rücken, aus dem Abseits zu holen, sie ist den Populisten aller Colour argumentativ zu entreißen, denen außer Beitragserhöhungen und Leistungssenkungen, direkte und vor allem indirekte, nichts einzufallen scheint.

Der Sozialstaat wird bei uns in Deutschland durch Steuern und Beiträge finanziert, durch die Haushalte des Staates und seine Nebenhaushalte, die Sozialversicherungen, und das aus guten Gründen. Einer wird offensichtlich, wenn wir den Kapitalismus – in dem wir leben, ob wir ihn nun Marktwirtschaft nennen oder nicht – von der Krise her denken – ich wiederhole mich -, wie man den Kapitalismus eigentlich immer von der Krise her denken müsste, gerade wenn man Verantwortung zu tragen bereit ist, wie er allerdings allzu selten gedacht wird, auch von denen, gerade von denen, die unsere Sozialversicherungen unter Beschuss genommen haben, von den BGE-Befürwortern bis zu denen, die alles privatisieren wollen, schon viel zu viel privatisiert haben, aber vor allem von der Politik, von den Politikern, die immer nur in ihren Budgets zu denken bereit scheinen, von Haushalt zu Haushalt, von Wahl zu Wahl, vorausschauendes Denken dadurch lange schon verlernt haben, ebenso wie grundsätzliches Denken, wie Denken in Folgen und Nebenwirkungen, im Grunde alle deshalb nur auf Sicht noch fahren, auch dann, wenn sie uns anderes weismachen wollen.

Ein Sozialstaat, welcher nicht auf Sozialversicherungen zurückgreifen kann, ist auf Gedeih und Verderb den Einnahmen des Staates unterworfen, das gelte es immer zu berücksichtigen, bevor man Alternativen vorschlägt oder auch nur andenkt. Ob er dann besser wäre, denkt man ihn ohne Sozialversicherungen, ist eigentlich obsolet, denn er wird gar nicht mehr sein, nehme man ihm die Sozialversicherungen. Ein wenig logisches Denken im kapitalistischen System reicht dazu aus, dies zu erkennen. Nur solange die Steuereinnahmen entsprechend den steigenden Ausgaben für den Sozialstaat steigen, ist alles in Ordnung, kann der Staat auch der Aufgabe, Soziales zu leisten, nachkommen, werden die Haushalter dazu die nötigen Mittel auch bereitstellen. Wehe aber, sie sinken, die Steuereinnahmen gehen zurück, wehe, die Sozialausgaben verhalten sich dann antizyklisch – dies tun sie allerdings immer in Zeiten der Rezession -, dann kommt dieser angebliche Sozialstaat sehr schnell unter Druck und damit die Bezüge derer, die auf diese Leistungen angewiesen sind. Rentner und Kranke, Arbeitslose in welcher Form des Leistungsbezuges auch immer, sind dann dem Wohl und Wehe derer ausgeliefert, welche über die Verteilung im Haushalt entscheiden dürfen. Die Rente und das Militär stehen in Konkurrenz, das Arbeitslosengeld und die Steuergutschriften für Reiche und Konzerne stehen in Konkurrenz, neue Steuern zu erheben wird zur Unmöglichkeit, will man den Abschwung nicht noch beflügeln, werden die Ökonomen dann nicht zu ganz Unrecht sagen, wenn man überhaupt eine Mehrheit unter den derzeit und dann wohl überwiegend meist wirtschaftsliberalen Parteien dafür finden könnte. Alles hinge von der ökonomischen Stärke ab und damit alles von den ökonomisch Starken. Die notwendigen Schuldzuweisungen – auch darauf werden ich später einmal eingehen – werden schnell gefunden sein, wem was zu kürzen sein wird und wem nicht. Ich überlasse es dem Leser, der Leserin, sich auszumalen, wer das dann sein wird, wo gespart werden wird, aber am Militär, an unsinnigen und teuren Bauvorhaben, an den Diäten sicher nicht. Die Utopie, alles über Geld und den Bundeshaushalt allein regeln zu können, würde zur Dystopie werden. Das Soziale würde im Zweifel dem ökonomischen Aufschwungsversprechen geopfert werden, rechtsstaatlich zwar, aber mit Sozialstaat hätte das dann nichts mehr zu tun, würde man das in den Sozialversicherungen gebundene gesellschaftliche Kapital dem Staatshaushalt zuordnen oder gar privatisieren, wie es die Maschmeyers immer noch gern hätten, noch mehr, als sie dies schon erreicht haben über Rürup und Riester, über Schröder und Merkel.

Bleibt das Schuldenmachen in der Krise, oder? Folgen wir Keynes, wenn wir ihn auch nicht verstehen, weil Keynes so nie gedacht hätte, nur von Kleingeistern so behauptet wird, bewusst diffamiert wird, wohl auch, weil seine Theorien zu schwer für einfache Gemüter sind. Aber das ist ein anderes Thema, soll uns hier nicht aufhalten.

Nein Schulden zu machen hilft dann nicht, würde alles nur noch schlimmer werden lassen. Schulden, um dies auszugleichen, um nicht Steuern erhöhen zu müssen, nicht zu kürzen, kann man auch nur begrenzt, sehr begrenzt aufnehmen. Mehr als gekaufte Zeit, wie Streeck es so schön formulierte, käme dabei nicht heraus. Die Administrationen, die Schuldenadministrationen der Bundesrepublik unter Führung der Union in der Kohl-Ära, haben dies deutlich gezeigt, denn die haben genau dies getan unter Waigel beispielsweise, dem Schuldenkönig, haben die Steuer- und Abgabenentlastungen, die Verluste bei den Steuereinnahmen und den Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen, die vielen Herausforderungen durch die Migration aus Osteuropa und dann die deutsche Einheit genauso, über Schulden nämlich, finanziert. Man kauft nur Zeit, bekommt nur eine weit höhere Rechnung am Ende präsentiert von den Finanzmärkten. Die Finanzmärkte schauen nämlich ganz genau hin, und was empfehlen sie im Zweifel? Ja natürlich, die Sozialausgaben zu senken, Reformen durchzusetzen erwarten sie von den Regierungen, was dann nur wieder heißt zu kürzen, im Sozialen zu kürzen und noch mehr die Steuern zu senken werden sie verlangen für die, die dann noch Steuern auf Einkommen und Erträge zahlen. Gut zu sehen gewesen bei uns unter Rot-Grün. Gut zu sehen gewesen in Griechenland, zu sehen in Frankreich derzeit, und Italien hat auch genügend von dieser „Medizin“ abbekommen in den letzten Jahren, ebenso wie Spanien. Eine bittere „Medizin“, wie nun die bestätigen können, die unter dieser „Medizin“ hier in Deutschland schon lange leiden als ALG-II-Bezieher, als Rentner und Rentnerin am Existenzminimum oder oft sogar darunter, als Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin am Existenzminimum oder auch darüber, die zu Recht derzeit schon lange über die verhältnismäßig zu hohe Steuerbelastung klagen. Auch darauf werde ich sicher in nächster Zeit zurückkommen, zurückkommen müssen in ähnlichem Zusammenhang, denn auch hier hängt alles mit allem zusammen, ist es ein wenig komplizierter, als uns die Populisten innerhalb und außerhalb der Regierungen weismachen wollen, allen voran die Reinkarnation von Wolfgang Schäuble mit Namen Olaf Scholz.

Alles über den Staatshaushalt zu finanzieren wäre deshalb schon mit Blick auf die Finanzmärkte Wahnsinn. Aber das interessiert anscheinend niemanden mehr. Lieber träumen viele von einem staatlichen bedingungslosen Grundeinkommen oder der Verlagerung der Pflegeaufgaben auf die Kommunen und die gleichzeitige Abschaffung der Pflegeversicherung, weil wir die dann ja nicht mehr brauchen würden. Wie das die Kommunen finanziell leisten können sollen – egal. Hauptsache weg mit der Versicherung, wie es die taz in einem sonst sehr lesenswerten Beitrag vorschlug: Schafft die Pflegeversicherung ab. Ja, in Skandinavien funktioniert das, aber welche fundamentalen Unterschiede es zwischen Skandinavien und uns gibt, muss man dabei auch mitbedenken, gerade bei der Finanzierung des Gemeinwohls. Die Skandinavier sind nämlich auch gern bereit, dafür höhere Steuern zu bezahlen, auch die Besserverdienenden, das Gemeinwohlvermögen ist nicht so sehr privatisiert worden wie bei uns, kurzum: Das Denken ist ein völlig anderes dort, ein gesellschaftlich besseres als bei uns im neoliberalen Deutschland. Denn das wir noch in einer sozialen Marktwirtschaft leben, ordoliberal handeln würden, das glauben wohl nur noch die Politiker und Politikerinnen, die das behaupten, und die, die ihnen immer noch darob Glauben schenken. Tun wir nicht, schon lange nicht mehr leben wir in einer sozialen Marktwirtschaft, handeln wir nicht mehr entsprechend den Paradigmen einer sozialen Marktwirtschaft. Ich hatte das erst kürzlich aufgezeigt: Wer die Demokratie retten will, muss den Sozialstaat retten.

Wir leben im Neoliberalismus, nicht in einer sozialen Marktwirtschaft, denn wir haben den Preis der Arbeit zu ermitteln den Märkten übergeben, lassen die kooperative Lohngestaltung der Tarifautonomie nur noch für die wirken, die das Glück haben, in einem tarifgebundenen Unternehmen arbeiten zu dürfen, meist über Betriebsvereinbarungen. Alles andere überlassen wir lange schon dem Wettbewerb, der Selbstvermarktungsfähigkeit, so als ob der Mensch eine Ware wäre, die man auf Märkten handeln könnte. Wir haben dem Staat die Aufgabe übertragen, den Abstand zwischen Löhnen und Transferleistungen aufrechtzuerhalten, ihm damit die Möglichkeit genommen, ordoliberalen Einfluss auf die Sozialpartner zu nehmen, damit das härteste Instrument der sozialen Marktwirtschaft genommen, dem Staat genommen, um die Lebensqualität aller zu heben, zu erhalten. Mehr noch, wir haben den Staat und die Politik in den Dienst der Reichen, der Konzerne und der immer kleiner werdenden Mitte, der alten wie der neuen, gestellt. Soziale Marktwirtschaft ist das nicht, schon lange nicht mehr, spätestens seit Schröder nicht mehr. Otto Graf Lambsdorff würde im Grab Veitstänze aufführen, wenn er könnte, Schäuble lacht sich wohl jeden Abend in den Schlaf derzeit, wenn der Erste wüsste, wie weit er doch gekommen ist, und der Zweite, weil er es weiß, wie weit er schon gekommen ist, was noch möglich scheint, selbst Kanzler könnte er noch werden, eigenhändig die nur noch den Märkten dienende Demokratie zum Abschluss bringen, welche Schröder so gut vorbereitet und Merkel so gut weitergebaut hat, gerade indem beide den Sozialstaat abgebaut haben, zum Sturm quasi freigeschossen haben, die Sozialversicherungen an die Grenzen ihrer Existenzberechtigung geführt haben.

Nun könnten die Sozialversicherungen bald über die Klippe gestoßen werden, eine nach der anderen, so fürchte ich. Die Liberalen und die vom Liberalismus Verführten aller Parteien haben diese als letztes Bollwerk entdeckt, welches es zu zerstören gelte. Sie weisen zu Recht auf Probleme der Sozialversicherungen, des Kern des Sozialstaates, hin, wie die taz letztens, aber sie tun nichts, um diese zu lösen, im Gegenteil, sie verschärfen die Probleme, entweder aus Unverständnis – welches ich bei den meisten unterstelle – oder aus Kalkül. Bisher ist dieser Plan aufgegangen, gerade derer, die hier mit Kalkül handeln. Es wird Zeit, sich dagegenzustellen, denn in einem hat Norbert Blüm immer recht gehabt: Nur die gesetzliche Rente ist sicher, gerade weil sie eine Versicherungsleistung ist und kein Almosen aus Steuern.

Gern diskutiere ich deshalb alle Vorschläge, denn Vorschläge werden gebraucht, es ist höchste Zeit für seriöse Vorschläge. Aber nicht Vorschläge, die anstatt der Sozialversicherungen mir meinen Alternativen aufzeigen zu können oder unsinniges Geschwaffel über den Preis, den wir für die Migration angeblich zu zahlen hätten, wie von Augstein im Spiegel an Satire grenzend gefordert worden ist: Einwanderung – Ein deutscher Traum; gern aber solche Vorschläge – offen ohne Grenzen beim Denken -, die helfen, die Sozialversicherungen zu reformieren, noch lieber die, die dabei dann wieder auf der sozialen Marktwirtschaft fußen, bei allen Schwächen, die sie hatte und hätte, hätten wir sie wieder, aber besser war sie sicherlich als der Neoliberalismus, dem wir derzeit frönen.

Es wird noch vieles zu sagen sein, denn der Kampf um den Sozialstaat, um moderne Sozialversicherungen, die ihren Aufgaben auch wieder gerecht werden können, ohne weiterhin nahe am Abgrund zu stehen, hat gerade erst begonnen, die Rückzugsgefechte müssen endlich ein Ende haben.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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