Ende des „Handelskriegs“ zwischen den USA und der EU

Überraschenderweise haben sich gerade US-Präsident Donald Trump und der Vorsitzende der EU-Kommission Jean-Claude Juncker bei einem Treffen auf eine Vereinbarung geeinigt, um den sogenannten Handelskrieg zu beenden. Die angedrohten protektionistischen Zölle auf Automobile, die von der EU in die USA exportiert werden sollen, werden erst mal nicht umgesetzt, die bereits beschlossenen Zölle auf Stahl und Aluminium sollen dann demnächst in weiteren Verhandlungen wohl wieder ad acta gelegt werden. Ein Grund zu Freude? Vordergründig schon, wenn man hingegen ein, zwei Schritte weiterdenkt, dann könnte da ziemlich Unangenehmes heraufziehen …

Wie in einem Artikel der FAZ zu dem Thema nämlich zu lesen ist, steht Trump in den USA mächtig unter Druck, da die heimische Landwirtschaft durch seine protektionistische Politik bzw. die daraus resultierenden „Vergeltungszölle“ in arge Schwierigkeiten geraten ist, sodass bereits ein 12-Milliarden-Hilfsprogramm aufgesetzt wurde, das von vielen allerdings als unzumutbares Almosen empfunden wird.

Und dann hat auch noch gerade gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Verschärfung der Regeln für gentechnisch verändertes Saatgut beschlossen, wie ein Artikel der Deutschen Welle berichtet. Das freut Umwelt- und Verbraucherschützer, denn da die große Mehrheit der Bevölkerung gentechnisch manipulierte Lebensmittel nach wie vor ablehnt, macht eine entsprechende Kennzeichnungspflicht die derart manipulierten Produkte unattraktiv für den Hersteller, da sie kaum jemand kaufen würde. Die Landwirte finden das Urteil natürlich überhaupt nicht gut, und gerade für die Agrarexporte aus den USA, wo ja Gentechnik wesentlich selbstverständlicher und häufiger eingesetzt wird als in der EU, ist dieses Urteil alles andere als günstig.

Da aber dieses Urteil nun im Sinne der Mehrheit der EU-Bevölkerung ist, wunderte ich mich gestern dann schon ein bisschen, als ich feststellte, dass beispielsweise auf Spiegel Online dann schon gleich in bester Mietfedermanier dagegen angeschrieben und die Gentechnik in höchsten Tönen gepriesen wurde.

Im Zusammenspiel mit der eingangs geschilderten handelspolitischen Wiederannäherung der USA und EU ergibt das dann aber auf einmal nicht nur Sinn, sondern deutet in eine Richtung, die ausgesprochen unschöne Auswirkungen haben könnte. Schon am Montag wurde in einem ntv-Artikel von Forderungen des berüchtigten erzneoliberalen Ifo-Instituts berichtet, eine G7-Freihandelszone, von der auch schon US-Finanzminister Steven Mnuchin gesprochen hatte, zu installieren. Da die EU mit Kanada und Japan ja schon die Freihandelsabkommen CETA und JEFTA abgeschlossen hat, käme dies nun quasi einer Neuauflage des durch Trump auf Eis gelegten TTIP gleich.

Das wäre dann wohl auch eine Möglichkeit, wie die Hersteller von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln in den USA das EuGH-Urteil umgehen könnten. Denn derartige Freihandelsabkommen sind ja vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sogenannte Handelshemmnisse, also z. B. Verbraucher- und Umweltschutz, aus dem Weg geräumt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass das EuGH-Urteil kaum Bestand haben dürfte, wenn erst mal aus den USA haufenweise Klagen deswegen bei den EU-Staaten eintrudeln.

Wenn man diese Dinge zusammennimmt, ist es also wenig überraschend, dass Trump sich auf einmal einsichtig zeigt (im neoliberalen Sinne, Heiner Flassbeck beispielsweise hat ja in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vor einigen Monaten eine etwas andere Sichtweise auf diese traumpschen Strafzölle dargestellt) und sich der EU erneut annähert, die er noch vor nicht mal zwei Wochen so beschrieb: „Ich denke, die Europäische Union ist ein Feind mit Blick auf das, was sie uns im Handel antut.“ Dieser Wandel wird auf der Facebook-Seite von ZDF heute mit Erstaunen dokumentiert, bekommt aber im Hinblick auf das EuGH-Urteil dann eine durchaus stringente Logik.

Und ausbaden dürfen es dann vermutlich bald die Verbraucher in Europa, denen nun gerade noch suggeriert wird, dass der Freihandel mit den USA im Grunde doch super ist und Strafzölle böse sind, während zugleich das EuGh-Urteil schon mit schlechter Presse bedacht wird – und die dann gegen ihren Willen schon bald ungekennzeichnetes Genfood in den Supermärkten finden könnten. Mahlzeit!

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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