Interessantes aus KW 40/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Im NDR lief im Rahmen von 45 Min eine entsprechend lange Dokumentation über den Umgang mit Cannabis. Dabei geht es sowohl um die Auswirkungen während des Wachstums als auch um andere Aspekte im Umgang mit diesem Rauschmittel. Neben einer ausführlichen Berichterstattung zum Konsum im deutschen Straßenverkehr finden auch Menschen aus den Vereinigten Staaten Gehör. Dazu passend lief dieses Jahr bei den Offenen Karten ein 15-minütiger Bericht, der mit Fakten und Zahlen zum Thema glänzt. Sehr interessant! [Dirk]

2. In der Süddeutschen Zeitung findet sich ein Interview mit dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer, in dem dieser über die Ursachen des Erfolges der AfD und das Wesen der Rechtsaußenpartei spricht. Dabei verweist er darauf, dass er und seine Kollegen schon Anfang des Jahrtausends das rechte Potenzial in der deutschen Bevölkerung erkannt und vor dessen Mobilisierung gewarnt hat, was allerdings von der Politik nicht nur weitgehend ignoriert, sondern sogar noch befeuert wurde durch eine weitergehenden neoliberalen Umbau der Gesellschaft. Für die meisten unterströmt-Leser nicht allzu überraschend, allerdings vor allem deswegen interessant, weil sich so klare Worte zu den systemischen Ursachen des Rechtsrucks sonst nur selten in den sogenannten Leitmedien finden. [Karl]

3. Günther Moewes fasst in einem Gastartikel in der Frankfurter Rundschau kurz und knackig zusammen, dass die extrem große Ungleichverteilung von Vermögen in Deutschland kein Phänomen der letzten Jahre ist, sondern dass dessen Wurzeln schon direkt nach dem Zweiten Weltkrieg bewusst von der CDU angelegt und schon 1969 in einem Spiegel-Artikel offengelegt und kritisiert wurden. Geändert hat sich seitdem leider nur, dass der Spiegel kaum noch derartige kritische Berichte liefert, sondern dass nun vor allem NGOs und Blogger dafür verantwortlich sind. [Karl]

4. Zum Thema Umweltschutz und Pestizide hat die Sendung quer diese beiden drei- bis vierminütigen Beiträge gesendet. Während es sich beim Beitrag zu den Pestiziden um das Dorf Mals handelt (wir haben hier mehrfach darüber berichtet), welches sich allen Pestiziden verwehrt, ist der Beitrag zum Umweltschutz ein Kommentar (in gewohntem Zwiegespräch des Christoph Süß mit sich selbst). Und als Off-Topic der schockierende englischsprachige fünfminütige Ausschnitt aus der Serie Newsroom mit Jeff Daniels: deutliche Worte vom stellvertretenden Leiter der US-Umweltbehörde … [Dirk]

5. Dieser Tage erscheint das Buch „Die Antisemitenmacher“ von Abraham Melzer. Die NachDenkSeiten präsentieren dessen Vorwort von Moshe Zuckermann, in dem dieser beschreibt, von wem und auf welche Weise der Vorwurf des Antisemitismus in Deutschland als Kampfbegriff verwendet wird, um israelkritische Stimmen mundtot zu machen. Zudem zeigt Zuckermann auf, wie diese vor allem aus der Neurechten kommenden Scharfmacher nicht nur den Begriff des Antisemitismus verwässern, sondern auch die Benennung von wirklichem Antisemitismus verhindern und darüber hinaus auch noch mit ihrer kruden Argumentation letztlich den Bestand des Staates Israel gefährden. [Karl]

6. In der ZDF-Sendung Volle Kanne wurde ein etwa achtminütiger Beitrag gezeigt, indem zunächst mal dargestellt wird, wie Kunden bei Unternehmen wie der Deutschen Post oder Real mit Kameras überwacht werden, sodass dann Metadaten gespeichert werden. Was man damit anstellen kann und wieso dies nicht nur datenschutzrechtlich ausgesprochen bedenklich ist, wird danach in einem Interview von Rena Tangens von digitalcourage erläutert. Schöne neue Welt … [Karl]

7. Nach dem Freispruch für Hypo-Real-Estate-Chef Georg Funke befasst sich Jens Berger in einem Artikel auf den NachDenkSeiten mit den juristischen Folgen für die Topbanker, die für die Finanzkrise von 2008 verantwortlich waren. Und da sieht es in der Tat recht mau aus, da es neben vielen Freisprüchen nur ein paar kleine Bewährungsstrafen und Geldbußen, die in keinem adäquaten Verhältnis zum verursachten Schaden stehen, gab. Ein Grund dafür ist, dass Richter und Staatsanwälte oftmals schlicht nicht verstanden, worum es bei den komplizierten Finanztransaktionen überhaupt ging. So scheint es also, dass das Finanzwesen mit seinem Treiben zurzeit außerhalb des Rechtsstaates agiert und somit Verantwortliche auch bei zukünftigen Krisen nicht belangt werden können. [Karl]

8. In einem Artikel auf neulandrebellen beschreibt Tom Wellbrock die unzureichende Art und Weise, wie von den etablierten Parteien auf den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl reagiert wird. Unzureichend deswegen, weil es kaum mal eine Spur von Reflexion oder gar Selbstkritik gibt, sodass eine Analyse, was denn die AfD so stark gemacht hat (nämlich das Versagen der Regierungsparteien in Bereich der Sozialpolitik, was zu immer mehr Armut und Abstiegsängsten führt), fehlschlagen muss. Letztlich kreisen derartige Politiker, wie Wellbrock treffend feststellt, eben nur um sich selbst … [Karl]

9. Auch Jakob Augstein widmet sich in seiner Kolumne auf Spiegel Online dem Wahlergebnis, allerdings liegt sein Fokus darauf, dass dadurch vor allem aufgezeigt wird, wie gespalten Deutschland mittlerweile ist, und zwar in Ost und West, in Arm und Reich. Dass eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen nicht ansatzweise dazu in der Lage sein dürfte, diese Spaltungen zu verringern, sondern diese eher noch vorantreiben wird, ist Augsteins Schlussfolgerung, der man leider zustimmen muss. [Karl]

10. Und noch etwas zur Bundestagswahl: Im Stern findet sich ein interessantes Interview mit Richard David Precht zu dem Thema, in dem der Philosoph nicht nur seine Ansichten zur AfD, die er für eine reine Protestpartei und daher nicht für allzu gefährlich hält, sondern auch zur Bildung einer Jamaika-Koalition äußert. Darüber hinaus bringt er auch das Versagen der Großparteien CDU und SPD zur Sprache, dass viele Wähler überhaupt erst zur AfD getrieben hat. [Karl]

11. Bernd Althusmann (CDU) möchte demnächst Ministerpräsident in Niedersachsen werden. Nun kam gerade heraus, wie ein Artikel im Weser-Kurier berichtet, dass er 2012 in seiner Zeit als Kultusminister des Bundeslandes allem Anschein nach ein Gefälligkeitsgutachten ohne die notwendige Ausschreibung an eine Anwaltskanzlei vergeben hat, mit dessen Ergebnis (das vorher natürlich schon feststand) die von Rechnungshof und Staatsanwaltschaft gerügte Praxis von Honorarkräften an Ganztagsschulen legitimiert werden sollte. Irgendwie scheint es ja bei der CDU ein unabdingbares Karrierekriterium zu sein, Dreck am Stecken zu haben … [Karl]

12. Imke Direxen von LobbyControl befasst sich in einem Gastbeitrag auf Spiegel Online mit dem Thema Lobbyismus, wobei sie sich vor allem auf die Machtfrage unterschiedlicher Lobbyisten konzentriert. Lobbyismus selbst ist nämlich erst mal noch nichts Verwerfliches, wenn es darum geht, dass unterschiedliche Interessengruppen in einen politischen Entscheidungsprozess mit eingebunden werden. Problematisch ist es nur, wenn hier eine Einseitigkeit droht aufgrund stark unterschiedlicher finanzieller Möglichkeiten der einzelnen Akteuere. Eine sehr differenzierte Sichtweise auf ein Problem, das allzu oft immer noch mit „Die Politiker sind ja ohnehin alle käuflich“ unzutreffend abgetan wird. [Karl]

13. Die AfD stellt sich ja immer gern als Partei dar, die die Interessen des „kleinen Mannes“ vertritt. Dass es damit nicht weither ist, wird an einem Artikel der Website gegen-hartz.de deutlich, in dem beschrieben wird, wie die AfD zurzeit den Sozialverein „Tacheles“, der sich in erster Linie um erwerbslose Menschen kümmert, attackiert. Aufgrund eines Aufrufs zu einer Demo gegen Rassismus, der auf der Website des Vereins geteilt wurde, und einer ebenfalls dort zu findenden Kritik an der Schließung des Portals Indymedia wird nun versucht, „Tacheles“ und dessen Vorsitzenden Harald Thomé in die linksextreme Ecke zu rücken und entsprechend zu diffamieren. Demaskierend vor allem für die AfD, wie ich finde. [Karl]

14. In einem Artikel auf den NachDenkSeiten beschreibt Markus Klöckner die Funktionsweise von Herrschaftssprache anhand der Beispiele von „sich abgehängt fühlenden“ Menschen, die man „mitnehmen“ müsse. Diese Formulierungen sind immer wieder im öffentlichen Diskurs zu finden, aber anstatt dass Journalisten diese hinterfragen und richtigstellen, werden sie oftmals einfach übernommen. Welche Funktion damit erfüllt wird, wie die Debattenkultur und letztlich auch die Demokratie selbst darunter leiden, erläutert Klöckner nachvollziehbar und mit einigen Beispielen. Interessant – darauf werde ich zukünftig mal verschärft achten … [Karl]

15. Großbritanniens Außenminister Boris Johnson hatte letzte Woche für Aufregung gesorgt, als er den libyschen Stand bei Sirte als potenzielles Tourismusziel benannte, wenn man dort doch nur mal die Leichen wegräumen würde. Nun gibt Micky Beisenherz in einem Interview mit Deutschlandfunk Nova zu bedenken, dass diese Aussage zwar ob ihres Zynismus zunächst mal eine empörte Reaktion provoziert, im Endeffekt aber nur sehr sinnbildlich dafür ist, wie wir generell konsumieren. Dabei nimmt Beisenherz sich selbst nicht von seiner so formulierten Kritik an unserem verdrängenden und destruktiven Lebensstil aus. [Karl]

16. Eine interessante Sichtweise auf die Hintergründe des katalanischen Referendums, das von der spanischen Polizei mit äußerst brutalen Mitteln zu verhindern versucht wurde, bietet der katalanische Autor Albert Sánchez Piñol in einem Gastartikel in der Süddeutschen Zeitung. Darin beschreibt er die Ursachen für die Separationsbestrebungen und kennzeichnet das Vorgehen der spanischen Zentralregierung, die Menschen mit Gewalt an ihrer Stimmabgabe hindert, als verlogen und undemokratisch. [Karl]

17. Surprise, surprise: Die Steuerdeals von Luxemburg und Irland mit den Konzernen Amazon und Apple waren illegal. Das stellte nun einem Telepolis-Artikel zufolge EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager fest. Die Unternehmen wollen natürlich, was auch keine Überraschung ist, dennoch nicht zahlen. Wie man mal wieder sieht, sind Nationalstaaten und deren Gesetzgebung mittlerweile in keiner Weise mehr geeignet, dem gesetzwidrigen Treiben von transnationalen Konzernen Einhalt zu gebieten. [Karl]

18. In ihrer Kolumne im Onlinemagazin des Stifterverbandes Merton beschäftigt sich Ulrike Guérot mit der deutschen Reaktion – oder vielmehr Nicht-Reaktion – auf die viel beachtete Rede von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, in der er eine demokratische Reform der EU und Eurozone forderte. Da die Demokratie- und damit auch Legitimationsdefizite der Union eine Triebfeder für den Aufstieg rechter Parteien in Europa sind, wäre es also wünschenswert, wenn hier endlich mal von den führenden Ländern der EU Deutschland und Frankreich gemeinsam agiert würde. Allerdings will man in Deutschland leider schäbigerweise seine egoistischen Vorteile durch die Währungsunion nicht aufgeben, und gerade die Rechtpopulisten von der FDP (die wir ja wohl leider bald in der Bundesregierung sitzen haben werden) ätzen richtig gegen derartige Pläne. Schade eigentlich … [Karl]

19. Wie die Regierung weiterhin der Autoindustrie in die Hände spielt und den Umweltschutz schlicht und einfach ignoriert (wen interessiert schon, was morgen ist), zeigt ein neunminütiger Bericht der ARD-Sendung Panorama. Es ist schlicht und einfach unglaublich, dass die mitwirkenden Minister und sonstige Abgeordnete nicht wegen Betrugs angezeigt werden. Aus meiner Sicht gibt es da nichts hin und her zu deuten. [Dirk]

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