… und ums Schnitzel, den Burger, das Geschnetzelte und was es sonst noch so an Fleischprodukten gibt, die nicht mehr unbedingt aus Fleisch bestehen müssen.
Denn vorgestern hat das EU-Parlament mit den Stimmen der konservativen EVP (der auch die CDU/CSU angehört) und der extremen Rechten beschlossen, dass vegetarische Fleischersatzprodukte nicht mehr so bezeichnet werden dürfen wie ihre Pendants aus Fleisch (s. hier). Das muss zwar noch von den 27 einzelnen EU-Staaten so gebilligt werden, und da ist es fraglich, ob dieser Unfug dann auch tatsächlich zur Umsetzung kommt. Bezeichnend für den Zustand der CDU/CSU ist der Vorgang aber allemal.
Nicht nur sieht man daran, dass sich die CDU mittlerweile in puncto Kulturkampf strikt an der Seite der Rechtsradikalen befindet, sondern es wird auch deutlich, wie lobbyistenhörig und verlogen die Union mal wieder agiert.
Natürlich ist es kein Wunder, dass eine Partei, deren Bundeskanzler im Wahlkampf bei McDonald’s zum Futtern war, die einen Vorsitzenden ihres lokalen bayrischen Ablegers hat, der sich öfter an Wurtsbuden Fast-Food-Fleisch reingiert, als seiner Abgeordnetentätigkeit nachzugehen, und die einen Schlachter mit fragwürdigem Geschäftsgebaren zum Bundeslandwirtschaftsminister ernennt, ein Herz für Fleischesser und die Fleischindustrie hat. Und die Fleischerzeuger sehen es natürlich gar nicht gern, dass immer mehr Menschen auf fleischlose Alternativen zugreifen.
Was also machen? Genau, den Anbietern von vegetarischen Schnitzeln und Co. möglichst viele Stöcke in die Speichen stecken. Und zwar indem man denen untersagt, ihre Produkte so zu benennen, wie es am naheliegendsten ist.
Das ist auf so vielen Ebenen vollkommen dämlich, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll …
O. k., dann probier ich’s mal: Hier wird also eine innovative und zukunftsträchtige Branche zurechtgestutzt und behindert. Hat ja mit der Solar- und Windenergie oder bei der Autoindustrie mit dem Beharren auf dem Verbrenner statt einer Umstellung auf E-Autos auch so richtig gut geklappt. Das wird nun alles anderswo hergestellt und muss beispielsweise aus China importiert werden. Ist also keine richtig schlaue Idee, bei einer auf Export ausgerichteten Wirtschaft die Branchen zu drangsalieren, die Dinge herstellen, die Menschen in anderen Ländern lieber haben wollen als überholten Kram, an dem Ewiggestrige immer noch festhalten wollen. Hat ja dann auch Zehntausende Arbeitsplätze in der Solar- und Windenergiebranche gekostete und die deutsche Autoindustrie in eine Krise gestürzt, weil die eben auch von ewiggestrigen Betonköpfen gemanagt wird, die lieber Abschaltautomatiken für Abgastests entwickeln ließen statt günstiger elektrischer Kleinwagen.
Dann ist viel Fleischkonsum in vielerlei Hinsicht problematisch. Zum einen natürlich für die dafür immer noch oft in quälerischer Massentierhaltung eingepferchten Tiere, dann sind die durch die Massentierhaltung geförderten Antibiotikaresistenzen ein großes Problem, zudem ist viel Fleischkonsum schlecht fürs Klima aufgrund der damit verbundenen hohen CO2-Emissionen, und die Nitratbelastung des Grundwassers, die vor allem auf die Tierhaltung zurückzuführen ist, ist auch nicht eben toll. Wenn es also Menschen, die gern Fleisch essen, aber aus ethischen Gründen darauf verzichten oder zumindest ihren Fleischkonsum reduzieren wollen, Produkte angeboten werden, die ein ähnliches Geschmackserlebnis bieten, nur eben auf pflanzlicher Basis, dann sollte das eigentlich gefördert statt behindert werden.
Kommen wir zur sprachlichen Ebene: Wenn jemand ein Brathähnchen aus Soja nachformt (hab ich echt so schon gesehen), dann könnte ich für diesen Fall schon verstehen, dass man das eher nicht „Brathähnchen“ nennen sollte. Bei Wurst, Schnitzel, Burger und Co. sieht das hingegen komplett anders aus, denn es gibt ja kein Wurst- oder Schnitzeltier, dass genauso aussieht wie eine Wurst oder ein Schnitzel, sondern mit diesen Begriffen wird die Form bezeichnet. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, eine Kackwurst zu essen, und Schnitzel kommt eben daher, dass da was abgeschnitten wurde von einem größeren Stück. Warum sollte man nun also etwas Wurstförmiges nicht Wurst und etwas in Schnitzelform nicht Schnitzel nennen? Das ergibt überhaupt keinen Sinn.
Zudem sind ja auch für andere Konsumgüter Bezeichnungen üblich, die doppeldeutig sind. Scheuer- oder Sonnenmilch sollte man nicht in den Kaffee schütten, Leberkäse hat nichts mit Käse zu tun (und meistens auch nichts mit Leber), Bockwurst kommt nicht vom Ziegenbock, Farmersalat enthält keine klein geschnittenen Landwirte, mit Nuss-Nugat-Creme sollte man sich besser nicht die Hände eincremen, Kinder-Schokolade ist keine Nascherei für Kannibalen, Eischnee fällt nicht vom Himmel, Fleischtomaten sind rein pflanzlich und so weiter und so fort. Alles kein Problem, das richtig zu verstehen – aber ausgerechnet bei einem Veggie-Schnitzel sollen die Verbraucher nun nicht wissen, was es damit auf sich hat? Christoph Sieber hat das in einem kleinen Video auf seiner Facebook-Wall sehr gut zusammengefasst – und benennt auch deutlich, dass es dabei nicht um die Verbraucher, sondern um knallharte wirtschaftliche Interessen geht.
Vor allem: Wovor soll der Verbraucher denn unbedingt geschützt werden? Wenn nun wirklich jemand nicht rafft, dass ein als „Veggie-Schnitzel“ bezeichnetes Produkt kein Fleisch enthält, welcher Gefahr wäre derjenige dann ausgesetzt, wenn er dann das Ding tatsächlich essen würde? Explodieren Fleischfanatiker etwa, wenn sie eine größere Menge Tofu zu sich nehmen? Vermutlich eher nicht. Vielmehr sind solche vegetarischen Alternativen in der Regel wesentlich gesünder als Fleischprodukte, in denen oft genug beispielsweise Antibiotika enthalten sind, die nämlich nicht in der Zutatenliste aufgeführt sind.
Dabei gäbe es ja durchaus im Lebensmittelbereich Sachen, die reguliert werden könnten. Beispielsweise richtig irreführende Bezeichnungen, so wie Schwarzwälder Schinken, der nie auch nur in die Nähe des Schwarzwaldes gekommen ist, oder Pfirsichtee, in dem keine Spur von Pfirsich, sondern nur Zucker und künstliche Aromen enthalten sind. Und dann könnte man auch eine verpflichtende Lebensmittelampel einführen, wie von NGOs wie Foodwatch schon länger gefordert wird, damit die Verbraucher auf einen Blick erkennen können, wie gesund oder ungesund ein Lebensmittel ist. Ach ja, eine Begrenzung des Zuckeranteils für kinderspezifische Nahrungsmittel wäre auch eine tolle Sache.
Und nun ratet mal, wer bei solchen Regulierungsvorschlägen immer auf der Bremse steht und verhindert, dass derartiger Verbraucherschutz umgesetzt wird. Genau: die CDU/CSU. Wie unglaublich verlogen kann man eigentlich sein, wenn man nun diesen Blödsinn der Schnitzel- und Wurstbezeichnung von Veggie-Produkten als Verbraucherschutz verkaufen möchte?
Das ist nichts anderes als Kulturkampf, denn von Rechtsaußen wird ja so was immer schon gefordert, die haben’s ja eh nicht so mit Veggie-Sachen – ist denen zu modern. Ich denke da nur an Alice Weidel, die mal bölkte, dass sie sich ihr Schnitzel nicht verbieten lassen wolle. Das wollte zwar auch niemand machen, aber immerhin hat es gereicht, um ein bisschen „Jawohl!“-Gegröle beim verblödeten blaubraunen Anhang zu erzeugen.
Und damit hat es sich dann mit der CDU-Verlogenheit noch lange nicht. Die haben ja gerade die Mehrwertsteuer für Gastronomiebetriebe gesenkt, angeblich um diese in den heutigen krisenhaften Zeiten zu unterstützen. McDonald’s und Co. wissen schon, warum sie Merz und Söder immer schön ihre ranzigen Bulettenbrötchen verabreicht haben. Und nun wäre, sollte das Benennungsverbot tatsächlich umgesetzt werden, das vor allem für kleine Restaurantbetriebe im Verhältnis sehr teuer, neue Speisekarten drucken zu lassen, auf denen dann eben nicht mehr „vegane Currywurst“ oder „vegetarisches Schnitzel“ stehen darf. Wie toll das für solche Betriebe ist, hat das Restaurant Palmengarten auf seiner Facebook-Wall sehr treffend kommentiert:
Ich hoffe, dass möglichst viele Restaurants auch so Haltung zeigen und den Quatsch dann einfach nicht mitmachen würden.
Und dann spricht Maurice Höfgen in einem kurzen Facebook-Video auch noch etwas an, was man dabei ebenfalls bedenken sollte: Wie albern ist es eigentlich, dass sich das EU-Parlament ernsthaft mit so einer Lappalie beschäftigt und eine Abstimmung deswegen durchführt? Und das muss nun ja noch weiterverhandelt werden mit den Regierungen der 27 Mitgliedsländern. Wenn der Spruch „Gibt es denn nichts Wichtigeres zu tun?“ irgendwo mal passen würden, dann wohl an dieser Stelle. Im Grunde wirklich peinlich …
Die CDU ist ja sonst immer dafür, möglichst nicht in den freien Markt einzugreifen, und sträubt sich gegen jede Art von Verbraucherschutz, wenn dadurch Unternehmensinteressen gefährdet werden könnten. Auch palavert man von deren Seite aus gern von zu viel Bürokratie – nur um jetzt einen bürokratischen Eingriff in die Lebensmittelregale vorzunehmen, der keinem Verbraucher, sondern nur rechten Kulturkämpfern etwas bringt. Da ist sie dann schon wieder, die CDU-typische Verlogenheit.
Und was noch hinzukommt: Gerade vonseiten der CDU und der Rechten, die nun im EU-Parlament für diesen Mumpitz gestimmt haben, erlebt man ja ansonsten wenig Bereitschaft, Begriffe nicht mehr zu verwenden, die von anderen Menschen als diskriminierend empfunden werden können, so wie beispielsweise „N….kuss“ oder „Z…….schnitzel“. Da geht dann die abendländische Kultur den Bach runter, wenn man stattdessen „Schaumkuss“ oder „Balkanschnitzel“ sagt, und es wir gekeift, dass die Sprachpolizei einem vorschreiben möchte, wie man zu sprechen hat. Ähnliches ist beim Gendern zu beobachten – nur dass das eben niemandem vorgeschrieben wird, aber von Rechten dann, so zum Beispiel in Bayern, ausdrücklich verboten wird.
Aber logisch: Die Linken und die Grünen sind ja die Sprachpolizei, die immer nur alles verbieten wollen. Ja, nee, is‘ klar …
Wer wirklich glaubt, dass er mit diesem korrupten und verlogenen Haufen ernsthafte Politik machen kann, der zieht sich die Hose auch mit der Kneifzange an. Kein Wunder, dass die CDUler sich immer mehr an die noch bescheuerteren AfDler ranwanzen. Das wird ein Spaß, wenn dann verlogene Dummheit mit noch verlogenerer Komplettverblödung die Marschrichtung vorgibt hierzulande in absehbarer Zukunft.
Soll keiner sagen, dass man nicht ahnen konnte, was da kommen wird …
Auch der satirische Postillon hat sich mit dem Unfug auseinandergesetzt und präsentiert 29 weitere irreführende Bezeichnungen, die die EU neben „Veggie-Wurst“ verbieten muss. Sehr amüsant – allerdings nicht ganz so albern wie die Realität.