AfD-Verbot – alles nur Theaterdonner?

Ein AfD-Verbotsantrag wurde leider bisher immer noch nicht auf den Weg gebracht, da sich die Parteien nicht darauf verständigen können, Artikel 21 des Grundgesetzes anzuwenden und somit das Bundesverfassungsgericht entscheiden zu lassen, ob die Rechtsextremen in Blau nun Verfassungsfeinde sind oder nicht.

Das Für und Wider eines solchen Verbotsantrags habe ich ja vor einiger Zeit schon mal in einem Artikel abgewägt -mit dem Fazit, dass das wohl leider mit der CDU nicht zu machen sein wird.

Wobei es da ja tatsächlich noch aufrechte Demokraten bei der CDU zu geben scheint, so beispielsweise Daniel Günther, seines Zeichens Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Der spricht sich nämlich schon etwas länger für ein AfD-Verbot und die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens aus (s. hier). Damit stößt er natürlich in seiner Partei nicht nur auf Gegenliebe, aber immerhin ist so was schon mal ein Zeichen, wie ich finde.

Tja, und wenn dann deswegen ein bisschen Hoffnung aufkeimen sollte, dann kommt die SPD daher und reißt das zarte Pflänzchen gleich wieder aus. Die Sozen in Berlin haben nämlich gerade zusammen mit ihrem Koalitionspartner CDU (und natürlich wenig überraschend mit der AfD) gegen einen solchen Antrag zur Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gestimmt (s. hier) – und das gleich zwei Mal in verschiedenen Ausschüssen. Die Begründung: Im Koalitionsvertrag sei eben festgeschrieben, dass man immer zusammen abzustimmen habe. Formalitäten als Legitimation, um Faschismus nicht deutlich entgegenzutreten. Kann man sich echt nicht ausdenken, oder? Na ja, es gilt eben immer noch: Wer hat uns verraten …?

Ich stelle mir dabei mittlerweile nur langsam, aber sicher die Frage: Ist so ein Verbotsverfahren vonseiten der Parteien, die sich selbst noch als demokratisch bezeichnen, allerdings eben auch neoliberal sind, überhaupt gewollt? Oder sollen durch solche partiellen Zustimmungen, die dann im Endeffekt keine Auswirkungen haben, weil eben jemand anderes schon dagegen stimmen wird, vielmehr die eigenen Anhänger ruhiggestellt werden? Und dies, damit man zumindest den Eindruck erweckt, man würde den blaubraunen Faschisten nicht komplett kampflos das Feld überlassen? Also sozusagen etwas Theaterdonner zur Orchestrierung einer schleichenden rechtsextremen Machtübernahme im Sinne der Neoliberalen.

Dass nämlich der ganze Rechtsrutsch, den wir in den letzten Jahren erleben, nicht nur eine Folge von neoliberale Politik ist, sondern auch sehr im Interesse der Verfechter einer solchen Politik, habe ich ja bereits vor etwa neun Jahren in einem Artikel festgestellt und auch begründet. Seitdem hat sich die AfD etablieren können, hat sich sogar noch weiter radikalisiert, und alle anderen neoliberalen Parteien sind auch ein gutes Stück weit nach rechts gerutscht (s. hier). Wir haben mittlerweile einen Bundeskanzler, der offen rassistische Parolen raushaut, und einen Fraktionsführer der Kanzlerpartei, der schon offen davon spricht, als nächste Regierung eine Koalition mit der AfD anzustreben, wie er es in einem Video zum Thema Einbürgerung ziemlich klar gesagt hat:

„Das geht aber aktuell in der Koalition nicht, und deswegen: Erster Schritt ist gemacht, Turboeinbürgerung ist abgeschafft, wie wir es versprochen haben. Für alles andere müssen wir dann in einer nächsten, in einer neuen Regierung mit hoffentlich auch entsprechender Unterstützung dann werben.“

Tja, wen könnte Jens Spahn wohl damit meinen, wenn er davon spricht, dass es entsprechende Unterstützung geben könnte bei so einem Thema. Kleiner Tipp: mit Sicherheit nicht die Grünen oder die Linke …

Was auch dafür spricht, dass ein AfD-Verbotsverfahren von den neoliberalen Steigbügelhaltern der Faschistenhinausgezögert werden soll, ist, dass zurzeit noch eine Mehrheit der Deutschen das befürwortet. Das dürften aber immer weniger werden im Laufe der Zeit, denn die neoliberalen Medien tun derzeit reichlich viel dafür, Rechtsextremismus weiter zu normalisieren und die AfD bzw. ihre menschenverachtenden Ansichten zu legitimieren.

So warnte ja gerade der Bundespräsident als Hüter der Verfassung vor rechtsextremen Verfassungsfeinden, ohne dabei jedoch die AfD konkret zu benennen, und schon kreischen nicht nur die Blaubraunen Zeter und Mordio, sondern auch die vermeintlich bürgerliche Presse skandalisiert diese eigentlich in einer Demokratie ganz normale Aussage (hier gefunden auf Facebook):

Ich bin mit Sicherheit kein großer Fan des Agenda-Schmiede Steinmeier, allerdings ist es doch schon sehr bezeichnend, wenn er für eine Aussage, die sich explizit gegen Verfassungsfeinde richtet, dann als „kein Demokrat“ beschimpft wird.

Gut, so ist halt Springer, mittlerweile eben sehr offensichtlich auf AfD-Kurs, könnte man nun einwenden. Aber zum einen haben deren Postillen dann doch eine größere Reichweite als beispielsweise die Junge Freiheit, Compact, Tichys Einblicke oder andere rechte Schmuddel- und Hetzblätter und -portale. Daher wird der Springer-Dreck auch noch von vielen Menschen, die nicht rechtsradikal sind, ganz selbstverständlich gelesen – und die bekommen dann eben derartig rechtsradikales Gedankengut serviert.

Und es ist nicht nur Springer, sondern beispielsweise auch der Spiegel, der sich mit AfD-Narrativen hervortut, um so die Menschen gegeneinander aufzuhetzen (divide et impera als neoliberales Grundprinzip) und dabei Menschenhass im AfD-Style verbreitet (hier gefunden auf Facebook – das Statement dazu von Christina Christiansen ist auch sehr lesenswert):

Das Märchen vom faulen Arbeitslosen und Ausländer, die hier leben wir die Maden im Speck – da ist zwar so richtig gar nichts dran, aber wenn der Spiegel das schon schreibt, dann stimmt das ja vielleicht doch … Das dürfte zumindest der Gedankengang nicht weniger Leser dieses Schunds sein. Und damit ist man dann auch gleich schon wieder bei der AfD-Denke angekommen.

Und so wird die Demokratie gerade von neoliberalen Medien sturmreif geschossen, während die neoliberalen Politiker mit einem AfD-Verbotsantrag rumjonglieren wie mit einer heißen Kartoffel, um hier bloß nicht konkret voranzukommen. Und so kann man hinterher immer noch sagen: „Ja, wir wollten ja im Grunde, aber die anderen …“ Wie schon gesagt: Theaterdonner, mehr offenbar nicht.

Der Neoliberalismus führt direkt in den Rechtsextremismus – das war 2016 schon absehbar und bewahrheitet sich seitdem leider immer mehr. Wer also meint, dass neoliberale Partien, Politiker und Medien etwas dagegen unternehmen würden, der ist schon reichlich naiv und lässt sich von deren pseudodemokratischem Gebaren blenden.

Dass die AfD noch nicht verboten ist (bzw. noch nicht mal ein entsprechendes Verfahren auf den Weg gebracht wurde), obwohl selbst der nicht besonders linkslastige Verfassungsschutz dieser Partei gesicherte Verfassungsfeindlichkeit und Rechtsradikalität attestiert hat, belegt das leider sehr deutlich. Wehrhafte Demokratie ist für Neoliberale nämlich nur ein ärgerliches Hindernis beim Ausleben der eigenen Ideologie – dann doch lieber mit Faschisten paktieren.

Soll keiner hinterher sagen, man hätte das nicht wissen können …

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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