Vielfalt und Einfalt der Medien

Es gibt unzählige Tageszeitungen, Nachrichtensendungen und Apps, um sich auf dem Laufenden zu halten. Dabei sind die Unterschiede in Qualität, politischer Ausrichtung und Art der Präsentation teilweise gravierend und teilweise eben auch erschreckend gering. Wie sorge ich für einen weit gefächerten Medienkonsum und informiere mich vielseitig? Wie vermeide ich die sogenannte Filterblase und den Elfenbeinturm? Und welche Medien sollte ich besser meiden?

Um es kurz zu machen: Es gibt keine universelle Antwort, genauso wenig wie es eine universelle Quelle der Wahrheit gibt! Dabei ist die Komplexität der Information ein entscheidendes Kriterium, ob vielleicht eine Quelle ausreicht (bei Fußballergebnissen und Lottozahlen ist die Fehlerquote eher gering, und eine Quelle sollte langen). Sobald aber ein Sachverhalt zu beurteilen ist, der aus mehr als nackten Zahlen besteht, beginnt es knifflig zu werden. Dazu fällt mir auch gleich mal ein bekanntes Zitat ein:

Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.

– André Gide

Das Thema kommt hier immer wieder zur Sprache, sodass ich nun auch mal zum Punkt kommen möchte: Zu jedem Beitrag, der meiner Meinung entspricht, sollte ich zumindest einen Beitrag lesen, der eine komplett andere Meinung beleuchtet. Das kann einfach sein, wenn es z. B. um klassisch linke oder rechte Positionen geht. Um hier eine Einschätzung leisten zu können, hilft der „Medien-Navigator“ der Swiss Propaganda Research. Hier werden bekannte Tages- und Wochenzeitungen nach ihrer politischen und geopolitischen Ausrichtung in einem Diagramm dargestellt. In der PDF-Version gelangt man direkt zur Website der Zeitung und kann sich so schnell über die Suche zu einem Thema bei einem anders ausgerichteten Medium informieren.

Wie sehr die öffentliche Meinung von der Presse gelenkt wird, wurde gerade erst wieder an der einseitig russlandfeindlichen Berichterstattung in den Nachrichten der öffentlich-rechtlichen TV-Sender deutlich: der Fall Skipal. Einen sehr guten Bericht zum Thema hatten wir hier vor Kurzem in den wöchentlichen Hinweisen verlinkt, weshalb ich den Beitrag in den Blättern für deutsche und internationale Politik gern noch einmal verlinken möchte. Gerade bei dieser Diskussion fiel es mir in den vergangenen Tagen auf, wie einfach wir Menschen es uns machen, mehr aus dem Bauch heraus als mit dem Verstand zu argumentieren: Ist eine Zeitung oder eine Sendung gegensätzlich zu meiner Meinung positioniert, finde ich schnell Gründe, dieses Medium für unseriös zu erklären (wobei von mir favorisierte Medien sich vielleicht schon den gleichen Schnitzer erlaubt haben, der dort aber toleriert worden ist).

Einen unterhaltsamen, informativen und natürlich kritischen Beitrag zum Thema lieferte der Schweizer Historiker Daniele Ganser mit einem einstündigen Vortrag Anfang März in Basel. Der Titel „Können wir den Medien vertrauen?“ zeigt dabei schon, dass es um die kritische Hinterfragung populärer Leitmedien geht. Es geht eindeutig nicht um die Verteuflung der Leitmedien, sondern um den kritischen Blick und die eigene Reaktion auf Bilder und Schlagzeilen. Vor allem der Hinweis auf die überschaubare Anzahl an Presseagenturen und deren Einheitsbrei hatte ja auch Die Anstalt kürzlich prima verwurstet. Da von Vielfalt zu schreiben ist wahrlich eine Farce von mir.

Am Ende stehen immer der eigene Kopf und die Schranken, die wir selbst errichtet haben und nun verteidigen. Da wir unsere gefestigte Meinung als Teil unseres Selbstbildes wahrnehmen, werden gegenläufige Meinungen und Kritik an unserer Meinung als Angriff auf unsere Person gewertet und entsprechend abgestraft. Wenn ich also höre, dass z. B. in Darmstadt „die Flüchtlinge 2 % der Bevölkerung ausmachen, aber für 11 % der Sexualdelikte verantwortlich sind“, dann suche ich sofort nach Gegenargumenten und stehe der Aussage sehr kritisch gegenüber. Anders herum nehme ich jeden möglichen Bestechungsvorwurf an Spitzenpolitiker dankend in meine Meinungsbibliothek auf. Auch hier hilft nur die kritische Selbstreflexion, um auch unangenehmen Sachverhalten eine Chance auf einen gewissen Wahrheitsgehalt zu geben. Wie in den meisten Fällen stehen wir uns auch bei diesem Thema mehr selbst im Weg, als dass wir andere dafür verantwortlich machen können …

 

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

3 Gedanken zu „Vielfalt und Einfalt der Medien“

  1. Fun fact: Wie schnell unser Gehirn Informationen einsortiert, war mir in jungen Jahren an den Hieroglyphen aus Abydos aufgegangen: Sieht man sich das Bild rechts an, dann könnte man glatt von Zeitreisen oder Visionen ausgehen, da scheinbar aktuelles Kriegsgerät gezeigt wird. Eine kurze Recherche bringt aber schnell Licht ins Dunkel …

  2. Ein Kommentar den ich unter einem kabarettistischen Beitrag zum Journalismus auf YouTube lesen durfte, möchte ich dem comicbelesenen Lesern auch nicht enthalten: „Funny, isn’t it, that our world needs Clark Kent a lot more than Superman.“ … Touché

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