Knorr nennt „Zigeunersauce“ nun „Paprikasauce ungarische Art“ …

… und der rechte Mob tobt natürlich gleich mal wieder und sieht den Untergang des Abendlandes heraufziehen! Das war doch schon immer so, dass diese Tunke so hieß, das ist Tradition, das sei doch gar nicht diskriminierend, so lauten die vorhersehbaren „Argumente“, die jedoch allesamt nicht greifen.

So ist der Begriff „Zigeuner“ meines Wissens von „ziehende Gauner“ abgeleitet und von daher schon mal wenig schmeichelhaft. Aber vielleicht sollte man hier (wie auch sonst bei dem Thema immer) es denjenigen, die direkt davon betroffen sind, überlassen, festzustellen, ob etwas als diskriminierend wahrgenommen wird oder nicht. Da ich weiß, dass ich als weißer Mann nicht (rassistisch) diskriminiert werden kann (s. hier), habe ich mir nämlich schon länger abgewöhnt, anderen vorschreiben zu wollen, ob etwas für sie diskriminierend ist oder nicht.

Und das Ganze wäre ja nun auch im Grunde wirklich eine Lappalie: Knorr nennt eine Grillsauce um, und gut ist. Die wird ja dadurch nicht unleckerer, dass sie nun „Ungarische Art“ heißt, ist vermutlich ja immer noch das Gleiche drin.

Wenn sich dadurch nun also auch nur ein Mensch weniger diskriminiert fühlt, dann ist das doch schon mal was Gutes, wie ich finde!

Und dennoch ist das Thema reichlich präsent gewesen in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit. Das Groteske dabei: Die Welle, die deswegen gemacht wird, geht ja vor allem von Rechtsaußen aus – also von denen, die dann absurderweise stets meinen, dass es ja so viel Wichtigeres gebe, um das man sich kümmern sollte. Wobei ich mich dann frage, warum gerade die sich nun so intensiv damit beschäftigen …

Woran man dann also mal wieder sieht: Es geht Rechten nicht um inhaltliche Diskussionen, sondern nur darum, irgendwelche Stichworte aufzugreifen, die sie dann entsprechend in ihrer Hetze verwursten können.

Hier kann ich dann immer nur wieder auf die beiden hervorragenden Artikel von Volker Weiß und Franziska Schutzbach verweisen, die ausführlich dargelegt haben, warum man mit Rechten und Rechtsextremen, deren Ziel es vor allem ist, Diskussionen zu sabotieren und zu unterbinden, nicht diskutieren kann.

Ein weiterer Aspekt, warum Rechte auf den Erhalt von diskriminierender Sprache bestehen und unbedingt daran festhalten wollen, findet sich auf der Facebook-Seite von NoGörgida:

Auf der Facebook-Seite von Knorr bahnt sich tatsächlich ein shitstorm an, weil sich das Unternehmen in einer eigenen, freien Entscheidung gegen rassistische Sprache entschieden hat.

Deutsche möchten eben 2020 weiter N**er und Z****er sagen dürfen.

SOWAS regt sie auf! #Knorr

Merke

#Sprache Schafft Realität
#Macht durch Sprache

Darum verteidigen rechte Kräfte auch
#Rassismus, #Sexismus , #Ableismus, #Klassismus in der Sprache , wehren sich gegen #Gender gerechte Sprache oder andere Veränderungen in ihr.
Was sie eigentlich beschützen ist nicht den männlichen Arzt , Mohrenkopf oder Begriffe wie Behinderter, was sie eigentlich beschützen ist Macht. Denn Macht über benachteiligte Gruppen fängt beim Überlegenheitsdenken an . Die Realität dazu schafft Sprache.

Sprache diskriminierungsfrei zu gestalten ist darum in JEDER Kategorie von Ungleichheit eine Form der Machtverschiebung und somit Antidiskriminierung!

Wer ein streng hierarchisches Weltbild hat, in dem er selbst praktischerweise ganz oder zumindest ziemlich weit oben in der Hierarchie steht (was ich hier ja vor einiger Zeit schon mal ausgeführt habe), der braucht eben andere zum Herabschauen. Und dieses Herabschauen fängt bereits in der Sprache an, gerade bei deren alltäglicher Benutzung, da auf diese Weise eben solche Abwertungen (für viele) unbewusst transportiert und somit weiter manifestiert werden.

Insofern: alles richtig gemacht, Knorr! Und das rechte Pack (und hier benutze ich nun ganz bewusst eine abwertende Sprache) hat sich mal wieder als das gezeigt, was es ist.

Da sie nur eben leider immer lauter werden, sollten wir sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen versuchen, indem wir ihnen mit einer ähnlichen Abwertung begegnen, die dann allerdings auf ihren Haltungen, Äußerungen und Handlungen basiert und nicht, wie bei rassistischen und sexistischen Wörtern auf unveränderbaren Aspekten – ein wichtiger Unterschied, denn Ansichten kann man ändern bzw. sucht sie sich bewusst aus! Und ihnen so zeigen, dass sie es eigentlich sind, die in der gesellschaftlichen Hierarchie (zumindest aus Sicht zivilisierter, kultivierter und anständiger Menschen) ganz unten stehen sollten.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

2 Gedanken zu „Knorr nennt „Zigeunersauce“ nun „Paprikasauce ungarische Art“ …“

  1. Nicht zu Wort kommen lassen ist für mich ein zweischneidiges Schwert, aber eine Diskussion darum möchte ich hier nicht beginnen und wenn überhaupt auch nur persönlich in engem Kreis führen und nicht plakativ auf entsprechenden Plattformen. Ich finde auch, alles richtig gemacht, Knorr.
    Aber zum „nicht zu Wort kommen lassen“ haben sich diese Woche die Omas gegen rechts gezeigt, wie ein kurzer Bericht bei Frontal21 (ZDF) hier anschaulich zeigt. Mutige Menschen, davon kann es gar nicht genug geben. Ich freiere diese Omas und bin in Gedanken bei den Demonstrant*innen in Belarus.

  2. Davon, die nicht zu Wort kommen zu lassen, hab ich ja gar nichts geschrieben, sondern dass die leider immer mehr zu Wort kommen und so ihre Menschenverachtung immer weiter verbreiten können.

    Und leider wirkt das auch, wenn Du Dir mittlerweile das Diskussionsverhalten vieler Neoliberaler, die sich nicht als rechtsextrem sehen würden (CDUler, FDPler, SPDler, auch Grüne), anschaust, dann ist da kaum noch ein Unterschied zu den AfD-Jüngern und Co. auszumachen.

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