Interessantes aus KW 9/2021

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Die Sendereihe Mit offenen Karten (arte) zeigt Sachverhalte in 10 bis 15 Minuten auf und bringt (oft natürlich entsprechend vereinfacht) diese doch meistens gut auf den Punkt. Der Sender ist eine deutsch-französische Kooperation, und gerade deshalb fand ich die Sicht auf das aktuelle Deutschland spannend. Neben einer Menge Fakten zeigt die 13-minütige Folge aber auch, wie das Bild der Deutschen in Frankreich wahrgenommen wird. Es reichte für das eine oder andere „Aha?!“. [Dirk]

2. Wie sehr Geld korrumpiert, sieht man besonders eindringlich bei Viktor Orbán (Ungarns Regierungschef): Begann er seine politische Karriere als Vorsitzender der Jugendorganisation der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei und Mitbegründer des Bundes Junger Demokraten, ist er heute ein stereotyper Oligarch, der vor Vetternwirtschaft und Protzbauten nicht eine Sekunde zurückschreckt. Wie erschütternd es derzeit in Ungarn aussieht, zeigt ein 6-minütiger Beitrag beim auslandsjournal (ZDF). [Dirk]

3. Jede Woche Neues aus dem Wirecard-Untersuchungsausschuss. Diesmal berichtet ein Artikel in der Berliner Zeitung über den Auftritt von Franziska Folter von der Deutschen Bundesbank. Die junge Frau hatte bereits 2016 eine zutreffende Analyse erstellt, die aufzeigte, dass bei dem Finanzunternehmen einiges im Argen liegt. Konsequenzen? Keine, und das, obwohl ihr Papier in der Hierarchie weiter nach oben gereicht wurde. Damit straft sie also all jene Lügen (bis hin zum Bundesfinanzminister Olaf Scholz), die bisher immer meinten, man hätte das Desaster ja nicht heraufziehen sehen können. [Karl]

4. Corona betrifft ärmere Menschen ungleich stärker als Reiche. Zu diesem Schluss kommt ein neunminütiger Bericht von Panorama (ARD). Aus Großbritannien und den USA liegen dazu schon Zahlen vor, in Deutschland ist das nur ansatzweise in Bremen und Berlin der Fall. Dennoch zeichnet sich diese Tendenz klar ab, was auch nachvollziehbare Gründe hat: Arme Menschen haben grundsätzlich eine schlechtere Gesundheit, leben in beengteren Verhältnissen und können seltener im Homeoffice arbeiten. Der Soziologe Nico Dragano bestätigt diesen Zusammenhang von Armut und schlechterer Gesundheit in einem Interview mit der taz auch noch einmal. Besonderer Schutz für diese so neu identifizierten Zielgruppen wäre also angebracht – aber arme Menschen gehen der CDU ja leider nun mal eh immer schon am Allerwertesten vorbei. [Karl]

5. Dass die BILD lügt, ist nichts Neues. Allerdings steht ja nie zur Debatte, wenn es mal wieder um das Thema Bekämpfung von Fake News geht, Springers hetzende Dreckschleuder dichtzumachen. Wie dringend notwendig das wäre, geht aus einem Artikel auf der Website der Blätter für deutsche und internationale Politik hervor, in dem dargestellt wird, wie man bei BILD die Aussagen des Blätter-Redakteurs Albrecht von Lucke verfälscht und so ins komplette Gegenteil umgekehrt hat. Aber klar: Springer darf natürlich weiter Fake News verbreiten, dafür ist Friede Springer ja auch eine gute Freundin von Angela Merkel. [Karl]

6. In seiner Kolumne auf Spiegel Online befasst sich Thomas Fricke mit dem Rückzug von Lars Feld aus dem Gremium der sogenannten Wirtschaftsweisen. Dabei zeigt er auf, dass die Aufregung, die gerade deswegen in vielen Medien herrscht, vor allem ein Kennzeichen von ökonomischen Unverstand ist, da nämlich dabei davon ausgegangen wird, dass es nur eine ökonomische Wahrheit gäbe, die eben von Lars Feld vertreten wird. Dass der wirtschaftswissenschaftliche Mainstream mittlerweile leider komplett unserer Zeit hinterherhinkt und nur noch ewiggestrigen Unfug produziert, spricht Fricke zwar nicht explizit aus, es klingt aber m. E. in seinen lesenswerten Zeilen durchaus mit an. [Karl]

7. Ein sehr gelungener 8-Minuten-Beitrag zu unserem „Recycling“  lief bei extra3 (NDR) mit Christian Ehring. Während Corona ist der Plastikmüll durch die Verpackungen von Bestellungen und das ganze gelieferte Essen nicht zurückgegangen, im Gegenteil. Und nachdem es ein internationales Abkommen gegen den Export des eigenen Recyclingmülls gibt, geraten europäische Müllschleudern zusätzlich unter Druck. Sehr nett von unserer Regierung, dass energiehungrige Unternehmen den Plastikmüll ohne entsprechende Abgasfilteranlagen verbrennen dürfen, um so Kosten zu senken. Sehr nett ist das für die Luft und die Lebewesen, die diese Luft atmen, allerdings nicht, aber Lobbyisten scheinen die gewichtigeren Wählerstimmen zu haben und auch eine andere Luft zu atmen, denn so blöde wird ja niemand sein, seine eigene Vergiftung zu befeuern. [Dirk]

8. Oh, schon wieder ein „Einzelfall“ von Rechtsextremismus bei der Bundeswehr. Diesmal haben ein Hauptgefreiter, sein Bruder und sein Vater eine Menge Waffen und Munition bei sich auf dem Grundstück gehortet und versteckt, die Polizei fand dort auch rechtsextremes Propagandamaterial, wie aus einem Artikel des Tagesspiegels hervorgeht. Darin wird auch berichtet, dass die Zahl der rechtsextremen Vorfälle bei der Bundeswehr deutlich gestiegen ist im letzten Jahr – aber klar, es gibt dort natürlich ganz gewiss kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus (*sarkasmusmodusaus). Was muss erst geschehen, damit der Saustall mal ordentlich ausgemistet wird? [Karl]

9. Die miese Bezahlung in der Altenpflege ist ja schon reichlich oft thematisiert worden. Um dem Abhilfe zu schaffen, sollte nun ein allgemeiner Tarifvertrag für die Altenpflege eingeführt werden – und das stand auch schon kurz vor dem Abschluss. Doch dann hat laut einem Artikel in der taz ausgerechnet die katholische Caritas das Ganze noch scheitern lassen, vermutlich weil man um eignen Sonderrechte bei der Entlohnung der Beschäftigten fürchtet. Da sollte sich die Caritas-Führungsebene vielleicht mal fragen, was denn der Name von ihrem Verein eigentlich genau bedeutet. [Karl]

10. Ein weiterer ehemaliger Fallmanager des Jobcenters kritisiert laut einem Artikel auf gegen-hartz.de die Sanktionspraxis gegen Transferleistungsempfänger. Der Mann sollte es ja wissen, denn immerhin hat er 15 Jahre genau in diesem Metier gearbeitet. Die über solche Sanktionen angestrebte Forderung von Eigeninitiative der Betroffenen trete fast nie ein, wohingegen Menschen vielmehr in für sie unpassende Jobs gezwungen werden. Was hinzukommt: Die meisten Sanktionen werden nicht wegen Leistungsmissbrauchs verhängt, sondern aufgrund von Bagatellen wie Meldeversäumnissen und Ähnlichem. Eine menschenverachtende Praxis, die m. E. abgeschafft gehört! [Karl]

11. Julia Friedrichs hat ein Buch mit dem Titel „Working Class“ geschrieben, in dem sie sich mit den Menschen beschäftigt, die trotz Arbeit arm sind. Und das werden nämlich immer mehr, was vor allem daran liegt, dass gleichzeitig immer mehr Menschen von Kapitaleinkünften leben, wofür ja wieder jemandem ein Teil seines Verdienstes vorenthalten werden muss, um diese Rendite zu finanzieren. In einem Gespräch mit Shelly Kupferberg von Deutschlandfunk Kultur (elf Minuten – liegt auch in transkribierter Form vor) erläutert die Autorin ihr Anliegen, was Appetit auf das Buch macht. [Karl]

12. Einen sehr direkten Einblick in das Leben als Obdachlose gibt ein Interview in der taz mit Caroline M., die eine Zeit lang auf der Straße lebte und nun als Obdachlosenlotsin arbeitet und damit die Klientel betreut, der sie selbst angehört hat. Die 47-Jährige schildert, wie sie obdachlos wurde, welche Gefahren es dabei gerade auch als Frau gibt und wie schwierig es ist, aus der Situation wieder herauszukommen. Obdachlosigkeit hat ja leider in den letzten Jahren massiv zugenommen in Deutschland, daher ist das ein wichtiges Thema, über das noch immer viel zu viele Klischees im öffentlichen Denken vorherrschen. [Karl]

13. Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein Überwachungsfan ist, der alle Bürger als potenzielle Feinde ansieht, ist ja nichts Neues, dennoch überraschen seine Absichten, einen umfassenden Überwachungsstaat zu implementieren, dann doch immer wieder aufgrund ihrer Radikalität. So berichtet ein Artikel von Netzpolitik.org von dem Bestreben des Bundesinnenministeriums (BMI), in die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes eine Pflichtangabe von persönlichen Daten für Nutzer von Internetkommunikationsdiensten hineinzuverhandeln. China lässt grüßen. Christian Stöcker fordert daher zu Recht in seiner lesenswerten Kolumne auf Spiegel Online zu diesem Thema: „Entlasst Horst Seehofer!“

14. Die Corona-Pandemie und das Pleiten-Pech-und-Pannen-„Krisenmanagement“ der Bundesregierung haben aufgezeigt, dass das Klischee der Deutschen als gute Organisatoren nicht zutrifft. Ein Artikel in der taz führt nun die Punkte auf, die offensichtlich schiefgelaufen sind, und das ist schon einiges. Wobei ich mich ja nach wie vor frage, ob das wirklich alles nur Inkompetenz und Unfähigkeit sind, die dem zugrunde liegen, oder nicht vielmehr das Bestreben, die für einige wenige sehr lukrative Epidemie noch möglichst weit zu verlängern. [Karl]

15. Ein Artikel auf Zeit Online berichtet über eine Forderung der Berliner Ärzte, die dort die Gesundheitsämter leiten und eine Abkehr von einem starren überregionalen Inzidenzwert bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie befürworten. Dafür gibt es m. E. nachvollziehbare Argumente, vor allem finde ich es sinnvoll, dass diese Mediziner auch Aspekte wie  beispielsweise die „Kollateralschäden“ bei Schülerinnen und Schülern in ihre Überlegeungen miteinbeziehen. Interessanter und wichtiger Diskurs, wie ich finde. [Karl]

16. Zum Abschluss noch ein etwas älterer, aber dennoch ausgesprochen interessanter Artikel von KONTRAST.at aus dem Februar 2020, in dem es um das weltgrößte genossenschaftlich geführte Unternehmen Mondragón geht. Neben der Geschichte wird auch erläutert, was diese Genossenschaft so besonders macht und wie deren Modell mittlerweile auch schon in Cleveland (USA) und Preston (Großbritannien) erfolgreich übernommen wurde. Zufrieden Angestellte, geringe Gehaltsdifferenzen, weltweiter Erfolg – so kann’s gehen, wenn Unternehmen als solidarisches Mittel zur Steigerung des Allgemeinwohls gesehen werden und nicht nur als Mittel, den eigenen Profit zu maximieren. Absolut nachahmenswert! [Karl]

 

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