Das Ende des digitalen Vertrauens

Endlich ist sie im Mainstream angekommen, der heiße Scheiß, die lang ersehnte Entlastung für aufwendige Recherchen und Vergleiche, die Antwort auf alle Fragen: „KI“ (künstliche Intelligenz). Was man nicht alles damit machen kann: Chatbots, digitale Autoren, realitätsnahe Bildkreationen, Videos und Stimmen. Was für die einen ein Segen der Entlastung ist, ist für die anderen das Ende des Vertrauens in das Internet.

Und da keimt bei mir ein Schimmer der Hoffnung auf: Wäre es möglich, dass dies der Anfang vom Ende der (un)sozialen Medien, digitaler „Freundschaften“ und Hetze im Netz ist? Der Mensch, das am wenigsten vernunftbegabte Lebewesen auf diesem Planeten, vielleicht sogar im uns bekannten Universum (Krieg, Mord, Selbstmord, Selbstzerstörung, Fettleibigkeit, Süchte, Religion, Ausbeutung, Zerstörung unserer Lebensgrundlage …). Und trotzdem: Wir halten uns für die Krone der Schöpfung. Und das, wo gerade einmal 0,002 % aller Menschen entscheidende Erfindungen oder gesellschaftlich relevante Ordnungssysteme erdacht haben und der Rest sich einfach göttlich fühlt, weil man auf seinem Smartphone bunte Steine in Reihe geklickt bekommt, das Schnitzel im Angebot für 2,99 Euro geschossen hat oder man überteuerte Produkte wie Schmuck, Mode und Sportwagen besitzt (was eigentlich eher zeigt wie minderwertig man sich als Person fühlt oder wie blöde man ist, für ein Produkt das 1.000-fache zu bezahlen, nur weil man es kann).

Sollte es an dieser Stelle noch nicht klar geworden sein: Meine Hoffnung ist, dass die Menschen aufhören, die digitale Welt als Grundlage der Realität anzunehmen und dem „digitalen Auswurf“ nur das Maß an Glaubwürdigkeit und Vertrauen entgegenbringen, welches eine Äußerung mir gänzlich unbekannter Personen auch in der Realität hätte oder aus Vernunft haben sollte. Nun kann man sich denken: „Hat der Kerl zu viel am Auspuff geschnüffelt?“ Möglicherweise. Ich möchte nicht zurück in die Steinzeit und verfluche nicht das Internet und die Globalisierung und schiebe nicht alle Probleme auf die (un)sozialen Medien und den ungezügelten Kaufrausch im Internet. Aber der verhältnismäßige Umgang mit Dingen die uns (kurzzeitig) befriedigen, ist nicht gerade unsere Stärke (denn Seitensprünge, Drogen- und Alkoholmissbrauch und „Unboxing“ zeigen das doch ziemlich deutlich).

Wenn wir also den unvernünftig günstigen Webshops, den unersättlichen Datingportalen und der unreflektierten Flut an Freundschaftsanfragen ein bisschen Enttäuschung und Misstrauen entgegenbringen würden (weil wir einsehen, von vorn bis hinten von KIs verarscht zu werden), vielleicht … ja gaaaaanz vielleicht ist das direkte, soziale, persönliche Umfeld doch wieder das Maß unseres Handelns und Dreh- und Angelpunkt unserer Lebenswelt?! Vielleicht übernehmen wir wieder Verantwortung für das, was direkt um uns herum geschieht?! Vielleicht …

Der Begriff „künstliche Intelligenz“ (bzw. „KI“) ist schon irreführend, denn laut Duden ist Intelligenz die „Fähigkeit [des Menschen], abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“. Denn die Zusammenfassungen der KI sind häufig nicht vernünftig und erst recht nicht abstrakt, aber dafür steht wohl das „Künstliche“ im Namen. Vielleicht sind wir irgendwann einmal auf der Evolutionsstufe, das „Künstliche“ vom „Wahrhaftigen“ zu unterscheiden. Und vielleicht ist heute der Anfang von diesem Neuanfang!? Vielleicht …

Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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