Energieimporte

Ständig werden ja absurde Behauptungen von Anhängern der fossilen Energieträger vorgebracht, dass Deutschland in hohem Maße von Stromimporten aus dem umliegenden Ausland abhängig sei – am besten noch mit dem Verweis, dass daran nur der Atomausstieg schuld sei. Das ist natürlich alles kompletter Unfug, denn dabei werden ein paar Aspekte gezielt ausgeblendet, um die eigene Klientel schön weiter dumm zu halten.

Zum Ersten hat die EU ja nun bekanntermaßen einen offenen Binnenmarkt, und der gilt eben auch für Strom. Tja, und wenn der Strom dann gerade in Frankreich etwas günstiger ist als in Deutschland, dann wird eben zugesehen, dass man hierzulande Strom aus Frankreich bezieht. Andersrum passiert das auch – so funktioniert nun mal der freie Warenverkehr. Also im Grunde nichts Besonderes, es sei denn, man möchte Stimmung gegen erneuerbare Energien machen, die ja angeblich so unsicher seien, dass Deutschland von anderen Ländern abhängig würde, damit hier nicht die Lichter ausgingen.

Und dann kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, der zeigt, wie irrational die Diskussionen auf diesem Feld geführt werden. Auf der Facebook-Seite von Captain Futura entdeckte ich neulich nämlich folgende Grafik:

Na so was! Tja, das kommt eben dabei raus, wenn man sich nicht nur auf Stromimporte bezieht, sondern die Energieversorgung mal ein bisschen umfassender betrachtet. Dann sieht man nämlich, dass die ständig problematisierten Stromimporte nicht mehr sind als ein Fliegenschiss im Vergleich zu den Importen an fossilen Energieträgern. Bis auf die extrem dreckige und klimaschädliche Braunkohle muss Deutschland da nämlich so gut wie alles importieren: Öl, Gas, Steinkohle – und als noch AKWs betrieben wurden, ist auch das Uran in der Regel nicht aus hiesigem Abbau gekommen, sondern musste aus anderen Ländern eingeführt werden.

Nun ist diese importierte fossile Energie nicht nur klimaschädlich und luftverpestend, sondern kommt häufig auch noch aus Ländern, deren Regierungen nicht so richtig cool sind. Saudi-Arabien zum Beispiel. Oder Russland. Oder mittlerweile auch die USA. Oder Katar. Oder Iran. Irgendwie sind die wenigsten Länder, die fossile Energieträger exportieren, demokratisch, rechtsstaatlich und insofern tolle Geschäftspartner. Wie unsicher das dann sein kann, sich auf derartige Leute verlassen zu müssen, hat man ja gesehen, nachdem Russland die Ukraine angegriffen hat und dann eben kein Gas mehr von dort (zumindest auf direktem Wege) nach Deutschland kam.

Und da wird das große Empörungsdonnerwetter, was immer wieder um die Stromimporte gemacht wird, vollends absurd: Es ist also offenbar für diejenigen, die das bemängeln, nicht in Ordnung, von befreundeten Nachbarländern, die demokratische Rechtsstaaten sind und mit denen Deutschland zudem gemeinsam in der EU ist, ein wenig Strom zu beziehen, wohingegen es komplett o. k. ist, von irgendwelchen despotischen Ländern das 80-Fache an Energieträgern zu erwerben.

Da mag man sich nun bei nüchterner Betrachtung die Frage stellen, wie es angehen kann, dass so ein offensichtlicher Zusammenhang ständig komplett ausgeblendet wird und die dermaßen hinters Licht Geführten das nicht bemerken. Und dann landen wir schnell beim schnöden Mammon, denn diejenigen, die nach wie vor mit diesen fossilen Energieträgern eine Menge Geld machen, haben ein großes Interesse daran, eine Energiewende zu verhindern – und investieren jede Menge Schotter in Lobbyismus, in Korruption oder auch in entsprechende mediale Berichterstattung. In diesem Zusammenhang sei immer wieder auf das hervorragende Buch „Männer, die die Welt verbrennen“ von Christian Stöcker verwiesen.

Insofern ist das mal wieder ein schönes Beispiel daran, wie man Menschen auf manipulative Art und Weise dumm hält, indem man eben einfach einseitig auf etwas fokussiert, dabei Informationen weglässt und einen Gesamtzusammenhang komplett ausblendet. So funktioniert leider immer öfter heutzutage nicht nur Politik, sondern auch viel zu viele Medien arbeiten auf diese Weise (zuvorderst natürlich der ganze Springer-Rotz, aber das sind leider nicht die Einzigen).

Und dann reden alle über einzelne Aspekte einer komplexeren Realität, wenn nicht gleich sogar nur über komplette Nebelkerzen.

Für Rechtspopulisten und andere Wahrheitsverdreher sind das die besten Voraussetzungen, damit sie möglichst viele Wahlstimmen abgreifen können und so Menschen dazu bringen, gegen ihre eigenen Interessen zu stimmen.

Wenn Euch also mal wieder jemand mit der Geschichte von den ach-so-vielen deutschen Stromimporten kommt, dann wisst Ihr jetzt zumindest, was Ihr darauf erwidern könnt. ;o)

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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