Buchtipp: Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs

Selten musste ich bei einem Buch so oft schlucken und erst einmal die Zahlen verdauen: Ernst Wolffs eindrucksvolle Abrechnung mit dem IWF (Internationaler Währungsfonds) und dem 1 % der Ultrareichen. Der Journalist, Drehbuchautor und vieles mehr beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der internationalen Wirtschaft und deren Auswirkungen. Er schreibt regelmäßig auf heise.de (Telepolis) und hat 2014 beim Tectum Verlag das hier vorgestellte Buch veröffentlicht.

Der Inhalt überrascht erst einmal wenig: Chronologisch wird das Wirken des IWF seit Planung der Organisation 1940 über deren beginnende Tätigkeit am 1. März 1947 in Washington bis hin zu aktuellen Geschehnissen in Zypern beschrieben. Dabei versteht es der IWF immer wieder, die Öffentlichkeit nicht gegen sich aufzubringen, obgleich seine „Strukturanpassungsprogramme“ in vielen Ländern Aufstände anheizten, die dann von deren Regierungen blutig niedergeschlagen wurden und werden. Diese Programme treffen stets durch Einsparungen an öffentlichen Mitteln die unteren Schichten und öffnen Spekulanten und Investoren durch Deregulierung des Finanzmarktes und Privatisierung der Infrastruktur Tür und Tor.

Zum Beispiel „Irland“: Nach dem starken wirtschaftlichen Aufschwung 1995-2007 traf das Land die sogenannte Wirtschaftskrise mit voller Wucht. Die Einsparungen waren z. B. Streichungen von 8 % der Stellen des öffentlichen Dienstes (24.750 gestrichene Stellen) und das Einfrieren ihrer Renten, Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21 % auf 23 % oder Senkung des Mindestlohns. Auf der anderen Seite verdiente ein Bankenchef 2012 im Jahr 1,4 Millionen Euro, die 17 bestbezahlten erhielten Boni in Höhe von 235 % ihres Gehaltes, und die Anzahl der Milliardäre im Land verdoppelte sich zwischen 2008 und 2013.

In diesem Buch lernt man Begriffe wie „Bail-out“ oder „Bail-in“ kennen und verstehen. Letzterer meint nichts anderes, als die Sparkonten der Kleinanleger zum Teil zu enteignen, um die Spekulanten und Investoren nach erfolgreichem Beutezug verlustfrei davonziehen zu lassen. Man versteht das Zusammenwirken und Agieren von IWF, Weltbank und anderen Finanzinstitutionen wie Goldman-Sachs oder Blackstone. Wolff erklärt die Rolle von Horst Köhler (ehemaliger Bundespräsident 2004-2010) als Direktor des IWF und die Abwicklung der Staatsbanken der DDR, die „größte Bankenbereicherung, die jemals auf europäischen Boden stattgefunden hat“. Und immer wieder wird aufgezeigt, wie skrupellos und gierig sich die Akteure dieses Spiels auf Kosten der mittleren und unteren Schichten bereichern. Es ist einfach „abartig“!

Trotzdem sehr spannend zu lesen und mit zahlreichen Fakten gespickt. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt nach diesem Buch, aber ich kann es fast jedem empfehlen! Vor allem denen, die „ihr Geld für sich arbeiten lassen“. Hier noch sein abschließendes Fazit des Kapitels „Schuldenberge, soziale Ungleichheit, Revolution“:

Wir können auf Grund des inzwischen erreichten Stands von Technik und Wissenschaft eine Gesellschaftsordnung schaffen, in der nicht mehr die grenzenlose Gier einer Minderheit, sondern die sozialen Bedürfnisse der Mehrheit im Mittelpunkt stehen. Wie diese Gesellschaft genau aussehen wird, kann nur die Zukunft zeigen, aber eines lässt sich von ihr schon heute mit Bestimmtheit sagen: Für Organisationen wie den IWF wird in ihr kein Platz sein.

Dem kann ich mich nur anschließen. Und wie wir diese Zukunft erreichen und welche Informationen dabei helfen können, findet sich hier auf unterströmt. ;)

„Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs“ von Ernst Wolff
Im Tectum Verlag 2014 erschienen, 234 Seiten
ISBN 978-3-8288-3329-6

Print Friendly, PDF & Email

Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

Schreibe einen Kommentar