Die Tricks der Öl- und Gaskonzerne

Der NDR zeigte heute die sehenswerte Reportage „Die Tricks der Öl- und Gaskonzerne“ (ca. 45 Minuten), die einen mit einem unguten und wütenden Gefühl zurücklässt. Jo Hiller, der sonst die Sendung Markt moderiert, machte sich an die Recherche zu Folgen für Mensch und Umwelt von Öl- und Gasbohrungen in Norddeutschland, vor allem in Niedersachsen. Was er dabei herausfand, ist in der Tat ein reichlich starkes Stück.

Zunächst einmal wird die wohl für viele überraschende Erkenntnis präsentiert, dass es weitaus mehr Öl- und Gasförderstädten in Niedersachsen gibt, als man gemeinhin annimmt – und auch als viele der Menschen, die in unmittelbarer Nachbarschaft von diesen Dingern leben, erahnen. Dabei ist man auch gar nicht zimperlich, wenn beispielsweise in Wasserschutzgebieten nach Gas gebohrt wird.

Dafür werden häufig Flächen von den eigentlichen Besitzern quasi zwangsenteignet, da diese an die Energiefirmen zu verpachten haben, ob sie das nun wollen oder nicht. Als Dankeschön werden dann die Flächen kontaminiert, da die Öl- und Gasbohrung eben eine recht schmutzige Angelegenheit ist, die große Umweltschäden produziert. So findet man in unmittelbarer Umgebung der Anlagen beispielsweise hohe Mengen des extrem giftigen Quecksilbers im Boden – für diejenigen, die dort dann Landwirtschaft betreiben, ist das nicht eben angenehm.

Doch auch die Menschen selbst haben zu leiden, denn die Krebsfälle in der Nähe von Bohranlagen haben mitunter groteske Ausmaße angenommen. So werden in dem kleinen Ort Bellen mit 50 Einwohnern mittlerweile 14 Krebskranke gezählt. Wenn man sieht, wie hier Leben von Menschen, die einfach nur das Pech haben, an der falschen Stelle zu wohnen, ruiniert werden, dann macht das schon sprachlos.

Durch Sprachlosigkeit zeichnen sich auch die Konzerne aus, die für die ganze Sauerei verantwortlich sind, denn von denen war im niemand zu einer Stellungnahme bereit. Lediglich von einem Verband der Erdöl- und Gasunternehmen gab es von einem Hansel ein paar Allgemeinplätze, die natürlich nichts anderes aussagten, als dass von den Bohrungen keine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgehen. Da die Betroffenen von der Politik ziemlich im Regen stehen gelassen werden, können sich die Unternehmen also so sicher sein, dass sie mit ihrem Kram einfach durchkommen, dass sie sich nicht mal genötigt fühlen, auf Anfrage zumindest Rechenschaft über ihr Tun abzugeben – willkommen in der marktkonformen Demokratie.

Wenn man nun noch bedenkt, dass Deutschland mal weltweit führend war in der Entwicklung der Technologien zur Nutzung der erneuerbaren Energien, dann fragt man sich umso mehr, wie es denn sein kann, dass immer noch auf Teufel komm raus fossile Energieträger aus der Erde geprökelt werden und dabei in Kauf genommen wird, dass Menschen und Umwelt massiv zu Schaden kommen.

Eine eher frustrierende Sendung, die zeigt, dass es bei diesem Geschäftsmodell bis auf ein paar Konzerne eigentlich nur Verlierer gibt. Insofern bezeichnend für das, was bei uns im Land so richtig schiefläuft, und das in zunehmend größerem Maße.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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