Interessantes aus KW 36/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Roberto J. De Lapuente befasst sich in einem Artikel auf neulandrebellen mit dem Wahl-O-Mat, der sich zurzeit ja großer Beliebtheit in Deutschland erfreut – oder vielmehr mit Ergebnissen, die dabei eine extrem hohe Übereinstimmung aufweisen. Diese sieht er nämlich durchaus kritisch, da er der Ansicht ist, dass in jeder Partei auch Platz für Streit und Diskussion über unterschiedliche Meinungen und Perspektiven sein muss, was er dann noch am Beispiel von Die Linke erläutert, da ihm diese Partei am Nächsten steht. Da ist schon einige dran … [Karl]

2. Alice Weidel von der AfD hat eine politische Talkrunde im ZDF vorzeitig verlassen – und das Ganze sieht sehr nach einer Inszenierung aus, wie ein Artikel in der taz darstellt. Nur wenige Minuten, nachdem Weidel so mal wieder die von Rechten stets gern bemühte Opferrolle einnehmen konnte, kam nämlich schon eine anscheinend vorgefertigte Pressemitteilung der Rechtspartei raus, die diesen Vorfall thematisierte. Tja, wenn man inhaltlich nichts zu bieten hat, dann muss man eben auf reine Provokation und Skandalisierung setzen – schlimm nur, dass es genug Wähler gibt, die auf diese plumpe Taktik reinfallen. [Karl]

3. Es wird immer offensichtlicher, dass wir in Europa unseren noch vorhandenen Wohlstand mit aller Gewalt gegen Menschen aus dem globalen Süden verteidigen. So berichtet ein Artikel auf Spiegel Online davon, dass nun auch schutzbedürftige Flüchtlinge von Libyen aus in Lager im Niger überführt werden sollen, zudem wird mit EU-Geldern eine 5000 Man starke Militäreinheit der Staaten Mali, Niger, Tschad, Mauretanien und Burkina Faso aufgebaut, die darauf achten soll, dass die Fluchtroute vom Niger nach Libyen möglichst weitgehend abgeriegelt wird. Die Festung Europa wird immer weiter auf Kosten des Menschenrechts ausgebaut … [Karl]

4. Mal wieder positive Nachrichten aus Portugal. Der Aufwärtstrend unter der dortigen Linksregierung geht unvermindert weiter, seitdem diese die von der Troika verordnete Austeritätspolitik beendet hat, wie ein Artikel des Kontrast Blogs berichtet. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Wirtschaft wächst, das Budgetdefizit konnte reduziert werden – und die Zustimmung der momentanen Minderheitsregierung steigt zusehends. Dass Wolfgang Schäuble diesem keynsianischen Weg noch vor zwei Jahren ein schnelles Scheitern prognostiziert hat, zeigt, wie wenig Ahnung dieser verbohrte Ideologe von Wirtschafts- und Finanzpolitik hat. [Karl]

5. Die AfD mal wieder: Wie aus einem Artikel von LobbyControl hervorgeht, hat sich Bundessprecher Jörg Meuthen wie auch schon andere AfD-Politker Anzeigen und Plakate von der Schweizer Goal AG sponsern lassen und dies nicht als Parteispende deklariert. Meuthen versteigt sich dabei in immer mehr Unstimmigkeiten beim Abstreiten dieses Vorgangs, der einer illegalen Parteispende entspricht. Sollte die AfD mit diesem Modell tatsächlich durchkommen, dann wäre der intransparenten Finanzierung von Parteiwerbung Tür und Tor geöffnet. Diese Partei richtet also selbst dann schon Schaden an, wenn sie gar nicht an der Regierung ist … [Karl]

6. Noch mal LobbyControl: Auf deren Webseite wird zur Bundestagswahl ein Parteiencheck zum Thema Lobbykontrolle präsentiert. Neben den zurzeit im Bundestag vertretenen Parteien werden auch die diesbezüglichen Standpunkte von FDP und AfD vorgestellt, zudem gibt es auch noch einen kurzen Hinweis auf Kleinparteien, die das Thema im Wahlprogramm haben. Wer also der Ansicht ist, dass Konzerne und Unternehmen zu viel Einfluss auf die Politik haben, der sollte sich diesen Überblick genau anschauen, bevor er seinen Stimmzettel abgibt. [Karl]

7. Der Statistiker Gerd Bosbach fordert in einem Artikel in der Zeit das Verbot von Wahlprognosen vor Wahlen, da diese auf verschiedene Art und Weise das Wahlverhalten und damit auch das Wahlergebnis beeinflussen würden. Zudem würde, so Bosbach, die Fixierung auf Zahlen und Rankings von den Inhalten ablenken, diese sogar in den Hintergrund drängen und so zu einer Entpolitisierung führen, was wiederum schädlich für die Demokratie sei. Interessante und nachvollziehbare Ansichten eines „Insiders“. [Karl]

8. Aserbaidschan ist zwar offizielle eine Demokratie, allerdings scheint Präsident Alijew dort eher wie ein Monarch zu herrschen, der sich und seine Familie zudem recht hemmungslos bereichert und Opposition nicht wirklich zulässt. Nun berichtet ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung von einem Geflecht von Konten und Briefkastenfirmen, über das Zahlungen beispielsweise auch an ein italienisches Mitglied des Europarates und den CSU-Bundestagspolitiker Eduard Lintner gingen – die sich immer wieder bei Kritik an Alijews Führungsstil für Aserbaidschan und seinen Herrscher aussprachen. Das Ganze hat solche Ausmaße angenommen, dass in Brüssel dafür ein eigener Begriff kreiert wurde: Kaviardiplomatie. [Karl]

9. Der Wissenschaftsblog scinexx erklärt eine Studie des Max-Planck-Instituts (erschienen im Journal of Experimental Psychology). Dabei geht es darum, wie sehr Musik unser Empfinden beeinflusst und selbst die Berührungen von Robotern bei angenehm empfundener Musik als angenehmer empfunden werden. Sehr interessant, da die Wirkung von Musik bisher scheinbar wesentlich unterschätzt wurde. Musik als sozialer Kitt. [Dirk]

10. Eine Metastudie der University of Sussex in Großbritannien kommt zu der Erkenntnis, dass Hunderte von Studien der vergangenen zwei Jahrzehnte über die soziale Intelligenz von Primaten völlig falsch eingeschätzt wurden, so ein Artikel auf grenzwissenschaft-aktuell. Die Parallelen im Vergleich mit den wissenschaftlichen Studien vor über 100 Jahren und der Überlegenheit der Nordeuropäer gegenüber den asiatischen und afrikanischen Völkern liegt nahe. Auch damals wurde einfach von der eigenen Überlegenheit ausgegangen, was nicht gerade einer wissenschaftlichen Herangehensweise spricht. Also wieder typisch menschlich: Was wir nicht verstehen, muss primitiver sein als wir. [Dirk]

11. ZAPP #1: Wie die Wahlprogramme der Großparteien mit dem Thema Medienpolitik in Zeiten der digitalen Revolution umgehen, zeigt ein viereinhalbminütiger Beitrag im Medienmagazin des NDR. Hier geht es vor allem um den Umgang mit den Medien und Journalisten, z. B. in Bezug auf den Informantenschutz und natürlich das Thema des Rundfunkbeitrags. Natürlich handelt es sich bei Wahlprogrammen um zugespitzte und verkürzte Slogans, aber das Thema komplett zu verschlafen ist auch eine Aussage für sich. Fernsehen ohne die Öffentlich-Rechtlichen würde es bei mir gar nicht mehr geben! [Dirk]

12. ZAPP #2: Wie YouTube die Schere zwischen Werbeplattform und reinem Unterhaltungsmedium unvorteilhaft vergrößert, zeigt ein zweiter, knapp vierminütiger Beitrag aus der gleichen Sendung. Gerade die YouTuber, die ihren Kanal nicht nur auf werbebasierten Inhalten aufbauen (z. B. Kosmetikartikel bewerben oder die neusten Computerspiele vorstellen), haben trotz steigender Zuschauer sinkende Einnahmen. So wird es Konzernen erleichtert, ihre Inhalte steriler darzustellen, und YouTuber mit politischen Inhalten werden aus dem Informationsgeschäft gedrängt. Warum sollte YouTube als Weltkonzern auch gegen seine kommerziellen Interessen handeln?! [Dirk]

13. ttt #1: Der Philosoph Richard David Precht macht sich kurz vor der Bundestagswahl Gedanken zu einem der größten Themen unserer Zeit: die Arbeit und die ungleiche Verteilung von Reichtum. In einem sechsminütigen Interview wirft er nicht nur Fragen auf, sondern bietet auch Lösungsansätze über vereinfachte Steuerkonzepte und die Verteilung der Arbeit. Die Idee, dass sich die Verteilung der Arbeit auf die Aristokratie beschränkt („umgekehrte Aristokratie“), während diese früher eben gerade die nicht arbeitende Schicht waren: spannend! Visionär.  [Dirk]

14. ttt #2: Der Dokumentarfilm „The End of Meat“ des Filmemachers Marc Pierschel beschäftigt sich mit dem Ressourcenverbrauch der Fleischindustrie und den tatsächlichen und möglichen Folgen für die gesamte Menschheit. Wir verfüttern derzeit ca. 50 % des weltweit angebauten Getreides an die Tiere, die wir später essen werden. Außerdem sind die gesundheitlichen Folgen des massiven Fleischkonsums ein weltweites Problem, dass letzten Endes alle betrifft. Die Verteufelung scheint mir kein realistischer Weg, aber über das Maß der Dinge sollte auch hier intensiv nachgedacht und gesprochen werden. [Dirk]

15. Die PARTEI hat gut 30 AfD-Gruppen bei Facebook infiltriert, nun übernommen und entsprechend umgestaltet, was für einige Erheiterung in den sozialen Medien gesorgt hat. Nun gibt allerdings Thomas Laschyk in einem Kommentar auf Mimikama zu bedenken, dass man auf diese Weise zwar einige Lacher generiert, die AfD allerdings auch in ihrer Opferhaltung bestärkt und somit deren Wähler bestimmt nicht davon abhält, die Rechtspartei zu wählen. Interessante Gedanken, die zeigen, wie schwierig der Umgang mit der AfD tatsächlich ist. [Karl]

16. Im Juli 2016 erschoss Ali David Sonboly in München neun Menschen. Diese Tat wurde und wird in der offiziellen Lesart nach wie vor als Amoklauf gewertet, obwohl, wie ein etwa sechseinhalbminütiger Bericht des MDR-Magazins FAKT aufzeigt, der Täter eindeutige rechtsextreme Äußerungen im Vorfeld getätigt hat. Und auch derjenige, von dem Sonboly die Tatwaffe bekommen hat, ist ein offensichtlicher Nazi, der sogar angab, im Vorfeld von der Tat, bei der nur türkischstämmige Menschen umgebracht wurden, gewusst zu haben. Aber das sind alles keine Gründe, dieses Attentat als Rechtsterrorismus einzustufen. So macht man sich in Bayern eben die Welt, wie sie einem gefällt … [Karl]

17. Auf den NachDenkSeiten findet sich eine sehr amüsant geschriebene Polemik von Werner Rügemer, in der sich der Autor Gedanken über die Menschen macht, die Merkel wählen. Dabei zeigt er nicht nur auf, was Merkel und ihre Regierung alles verzapft haben, sondern weist auch nach, warum es für die meisten Menschen in Deutschland einfach komplett absurd ist, Merkels CDU zu wählen, da diese nämlich keine Politik macht, die den Interessen des Großteils ihrer Wähler entspricht. Volltreffer! [Karl]

18. In ihrer Kolumne in der taz macht sich Sonja Vogel ein paar Gedanken dazu, wie sehr der Rechtsextremismus bereits wieder verbreitet ist und auch vor allem in den Staat hineinreicht. Anlass dazu gibt ihr nicht nur das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen, das vor 25 Jahren stattfand, sondern auch die schleppende bis gar nicht vorangehende Aufklärung des NSU-Komplexes sowie aktuelle Ereignisse wie Kungeleien von der CDU mit AfD und sogar NDP, Mordlisten, die bei einem Rechtsanwalt und einem Polizisten mit wahrscheinlich rechtem Hintergrund in Rostock gefunden wurden, oder auch der Umgang der Polizei mit dem Waffenarsenal eines verstorbenen Hamburger Rechtsextremisten. [Karl]

19. Claus Hulverscheidt widmet sich in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung den Bestrebungen der großen und quasi monopolistischen Konzerne Amazon, Apple, Google, Facebook und Microsoft, auch in anderen Marktsegmenten als ihren angestammte Fuß zu fassen. Dabei beschreibt er treffend die Problematik (auch aus wirtschaftlicher und nicht nur sozialer Sicht), die sich ergibt, wenn mit extremen materiellen Kapazitäten ausgestattete Konzerne in branchenfremde Wirtschaftsbereiche einfallen, und appelliert nicht nur an die Politik, sondern auch an jeden Einzelnen, dieser schädlichen Ausprägung einer an sich normalen Entwicklung entgegenzuwirken. [Karl]

20. Ulrike Herrmann bringt Wirtschaftliches mal wieder kompakt und gut verständlich auf den Punkt: In einem Kommentar in der taz zum steigenden Butterpreis zeigt sie auf, mit welcher Selbstverständlichkeit Kartelle unseren Alltag dominieren – und wie weltfremd die überwiegend herrschende Wirtschaftswissenschaft ist, wenn sie immer noch von einem freien Markt ausgeht. Für Konzerne ist nämlich ein auskömmliches Miteinander wesentlich lukrativer als ein echter Konkurrenzkampf, der ja dem angeblich freien Markt immer noch fälschlicherweise zugeschrieben wird. [Karl]

21. Im ZDF lief letzte Woche eine Dokumentation mit dem Titel „Radikale von Links – die unterschätzte Gefahr“, mit der sich Lisa Ecke in einem Artikel in der taz kritisch befasst. Diese Doku bedient nämlich vorzüglich das von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und anderen Rechten nach dem G20-Gipfel verschärft verbreitete Narrativ, dass in Deutschland vor allem Linksextremismus eine Gefahr sei – wobei dann Rechtsterrorismus gleichzeitig schön verharmlost wird. Lisa Ecke weist nun die sachlichen Mängel dieses ZDF-Machwerks nach, und diese sind derartig eklatant und einseitig, dass einem da doch wieder die unschöne Vokabel „Staatsfernsehen“ einfällt. Na ja, den „Lügenpresse“-Krakeelern dürfte man sich mit derart miesem Fernsehjournalismus ja eher anbiedern … [Karl]

22. Jens Wernicke hat gerade das Buch „Lügen die Medien?“ veröffentlicht, in dem sich auch ein auf Rubikon präsentiertes Interview des Autors mit Professor Rainer Mausfeld findet, dem es sich ja immer zuzuhören lohnt. Darin wird ausführlich die Situation von Medien im Neoliberalismus reflektiert, und Mausfeld zeigt systemische Ursachen auf, warum wir in vielen Medien stets die gleiche Sichtweise präsentiert bekommen, die eben diejenige unserer herrschenden Eliten ist. Essenzieller Stoff zur Medienkritik, der sich mit Grundlagen beschäftigt, statt nur an der Oberfläche zu kratzen, wie es ja rechte Medienschelte (die auf diese Weise eben auch systemstabilisierend wirkt) stets tut. Ist zwar viel Text, lohnt sich aber, das komplett durchzulesen! [Karl]

23. Zum Anschluss noch ein kleines fünfeinhalbminütiges Videos von Rayk Anders zu einem Thema, dass ich treffender nicht hätte erdenken können: Guttenberg-Comeback. Es war so klar, dass man ja nur etwas RTL2 über die Sache wachsen lassen muss, und die Leute vergessen und verdrängen wirklich erstaunlich viel. Das i-Tüpfelchen ist tatsächlich die Tatsache, dass der „komplett generalüberholte Gutti“ nun eben einen Bart trägt! Da kann der ja nicht mehr der weichgespülte, blaublütige, abschreibende Taugenichts sein, der er vor sechs Jahren noch war. Im Gegensatz zu anderen Politikern, die erst nach ihrer Politikerkarriere zu Lobbyisten werden (und meist gegen die Interessen der Bevölkerung für die Interessen von Großkonzernen eintreten), hat er diesen fragwürdigen Seitenwechsel sogar zwischengeschoben. „Volksnah“ wie „Volkswagen“ … [Dirk]

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