CDU-AfD-Koalition?

Letzte Woche ließ der Vorsitzende der Hannoveraner CDU-Stadtratsfraktion Jens Seidel verlauten, dass er eine Koalition mit der AfD nicht kategorisch ausschließen möchte (wie beispielsweise der NDR auf seiner Webseite berichtet). Daraufhin gab es zwar empörte und ablehnende Reaktionen von seinen Parteikollegen, die sich eine Zusammenarbeit mit der AfD so gar nicht vorstellen können, doch ich dachte mir da schon: Mal sehen, wenn jetzt einer mit dem Thema angefangen hat, dann werden vielleicht auch bald noch weitere folgen …

Und damit sollte es dann auch nicht allzu lange dauern, denn gerade mal eine gute Woche später meldete sich der ehemalige CDU-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfberater von  Exkanzler Helmut Kohl zu Wort, der dem MDR gegenüber äußerte (leider nicht mehr online aufrufbar), dass man 2017 nach der Bundestagswahl die AfD auch in Koalitionsverhandlungen einbeziehen müsste.

Nun könnte ich mir vorstellen, dass bei jedem weiteren CDUler, der eine solche mögliche Koalition mit der AfD befürwortet, die Gegenstimmen zunehmend weniger werden. Und wenn man darüber mal ein bisschen nachdenkt, dann ergeben sich auch durchaus interessante Schlüsse. Im Hinterkopf sollte man dabei behalten, dass ich ja vor einiger Zeit schon mal in einem unterströmt-Artikel darauf hinwies, dass die AfD für die CDU ein sehr nützliches politisches Phänomen darstellt.

Ich will jetzt gar nicht mal so weit gehen und behaupten, dass die AfD nur zum Schein quasi von der CDU gegründet wurde (auch wenn Parteigründer Bernd Lucke ja selbst langjähriges CDU-Mitglied war), aber es erscheint mir nicht eben abwegig, dass die CDU sich schon ganz bewusst die AfD zunutze macht.

Das wäre ja aber auch durchaus sehr raffiniert: Da sieht man zu, dass diejenigen, die unzufrieden sind und sich abgehängt fühlen, sich zu einer Partei bekennen, die sich selbst als Alternative bezeichnet, aber letztlich doch sehr dem Establishment verbunden ist. Das schwächt die wirkliche Opposition im Land, und schon bald kann man dann mit dieser neuen Partei koalieren und hat so die Frustrierten nicht nur von einer wirklichen politischen Alternative abgebracht, sondern sie auch noch in den eigenen Wählerfundus integriert.

Da die AfD-Führung in erster Linie von Karrieristen besetzt ist (s. dazu diesen taz-Artikel), würden diese in einer Koalition vermutlich recht leicht zu händeln sein: Man bietet denen ein paar schöne Posten an, und die sind glücklich damit und nerven dann nicht mit irgendwelchen Inhalten rum, welche die CDU ihren Wählern nicht verkaufen kann. Und da die AfD in ihren Wahlprogrammen ja genug Punkte stehen hat, die sich mit CDU-Positionen decken, könnten ihre Politiker in so einer Koalition ihren Wählern dann auch noch als vermeintlichen Erfolg verkaufen. Zudem ist die CDU ja auch immer gern mal zu ein paar rechten politischen Zugeständnissen bereit, wie man ja in den letzten Monaten beispielsweise in der Asylpolitik beobachten konnte.

Strategisch wäre ein solches Vorgehen schon ziemlich brillant, auf politisch-inhaltlicher Ebene allerdings dann doch ausgesprochen schäbig, wie ich finde.

Vor diesem Hintergrund wäre dann auch die große Präsenz und durchaus freundliche Berichterstattung, der sich die AfD in vielen regierungsnahen Medien schon seit Längerem erfreuen darf, nicht mehr so verwunderlich. Gerade da gab es ja dieser Tage einen Vorfall, den Silke Hasselmann in einem Kommentar für den Deutschlandfunk kritisch beschreibt: Da wurde Jörg Meuthen, zweiter Vorsitzender der AfD, von etlichen Medien aufgrund eines verkürzten und damit verfälschenden Zitats in die Nähe der NPD gerückt.

Ich kann mir ja immer nur schwer vorstellen, das professionellen Journalisten so was nicht bewusst ist, wenn sie derartige Verfälschungen veröffentlichen. Ich als Blogger käme da zumindest nicht wissentlich auf die Idee, Aussagen so zu entstellen, zumal man ja im digitalen Zeitalter davon ausgehen kann, dass so was auch recht schnell rauskommt – was ja nun auch prompt der Fall war.

Und dann stell ich mir die Frage: Warum machen Journalisten so was? Ist das nicht schon fast eine absichtliche oder zumindest grob fahrlässige (wie gesagt: Letzteres bei Profis für mich kaum vorstellbar) Unterstützung für die AfD, damit die an ihrem Opfermythos weiterstricken kann und deren Anhänger sich bestätigt fühlen, dass alle Medien der AfD nur Böses wollen?

Könnte es also sein, dass diese Pro-Establishment-Medien die AfD als ausgesprochen nützlich für das Establishment klassifiziert haben und dieser nun auf derartige Weise genau das liefern, was sie zur Aufrechterhaltung ihrer Popularität braucht? Das würde zumindest zu der oben beschriebenen möglichen politischen Strategie der CDU passen. Und ganz auszuschließen ist ja nun auch nicht, dass der eine oder andere CDU-Politiker vielleicht mal dem einen oder anderen Alpha-Journalisten einen kleinen Hinweise gegeben oder eine entsprechende Bitte formuliert hätte – man kennt sich ja schließlich.

Insofern dürfte es interessant sein, in den nächsten Monaten zu beobachten, wie sowohl der Umgang vonseiten der CDU als auch der ihr nahestehenden Medien mit der AfD ausfallen wird. Ich hab da ja so durchaus eine Vermutung – oder besser gesagt: Befürchtung …

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

8 Gedanken zu „CDU-AfD-Koalition?“

  1. Und da meldet sich schon der nächste CDUler zu Wort, der sich an die AfD ranrobbt und eine Koalition mit der Rechtspartei als begrüßenswert darstellt: Diesmal ist es der sächsische Europaabgeordnete Hermann Winkler, der dieses Bündnis als sinnvoll erachtet, um eine „linke Republik“ zu verhindern, wie Spiegel online und die Berliner Morgenpost berichten.

    Die CDU rückt also nicht nur inhaltlich weiter nach rechts, sondern es fordern auch immer mehr Politiker aus ihren Reihen auch einen fromalen Rechtsruck durch eine derartige Koalition. Noch gibt es innerparteiliche Gegenstimmen, aber ich fürchte, fast, die werden in dem Maße weniger und leiser werden, wie sich weitere CDU-Politiker den Annährungsbemühungen an die AfD anschließen werden.

  2. Und nun ist in Sachsen-Anhalt genau das eingetreten, was ich vor etwa einem Jahr hier prognostiziert habe: Die CDU hat gegen ihre Koalitionspartner von der SDP und den Grünen gemeinsam mit der AfD einen Antrag der Rechtspartei durchgebracht, wie ein Artikel in der Huffington Post Deutschland berichtet.

    Dabei geht es um die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung von Linksextremismus – aber das Thema ist ja seit G20 auch ausgesprochen populär geworden.

    Schon interessant, dass auf Bundesebene immer von der CDU Koalitionstreue der SPD angemahnt wurde, wenn diese mit den Linken und Grünen im Bundestag ja theoretisch Sachen hätte verabschieden können, da diese drei Parteien eine Mehrheit haben, und nun auf Landesebene das anscheinend nicht so wichtig zu sein scheint.

    Es geht immer weiter nach rechts, und mittlerweile vonseiten der CDU auch ganz offen …

  3. Und weiter wanzt man sich vonseiten der CDU an die AfD ran, diesmal kommt eine entsprechende Stimme vom Bürgermeister des sächsischen Freiberg, wie ein Artikel auf der Website des MDR berichtet.

    Zitat von Holger Reuter:

    Wenn sich die AfD stabilisiert und zu einer Politik kommt, die dem Bürger auch wirklich Wege zeigt, wie es besser werden kann, dann halte ich persönlich auch eine Koalition mit der AfD für möglich.

  4. Es wächst weiter zusammen, was zusammengehört: In Thüringen hat die CDU zusammen mit der AfD im Landtag gegen ein NSU-Mahnmal und einen entsprechenden Hilfsfonds für die Hinterbliebenen der Opfer der Neonazi-Mörder gestimmt. Hat zwar laut einem Spiegel-Artikel nicht gereicht, ist aber dennoch mehr als bezeichnend, finde ich.

  5. Und da wanzt sich der nächste CDUler an die AfD ran, wie aus einem Artikel im Nordkurier hervorgeht: Auch wenn Sascha Ott meint, dass er diese Aussage nur als Kommunalpolitiker tätigt, so ist doch klar, dass er als stellvertretender Vorsitzender der CDU Mecklenburg-Vorpommern doch anders wahrgenommen wird, wenn er davon spricht, dass man eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht kategorisch ablehnen dürfe.

    Na ja, bei den letzten Mätzchen der CDU kann man da nur sagen: Antidemokraten unter sich!

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