Interessantes aus KW 34/2019

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. In einem ausgesprochen lesenswerten Kommentar auf t-online.de befasst sich Lamya Kaddor mit dem Hass auf Greta, der in sozialen Medien und auch in rechten und konservativen Kommentarspalten immer unverhohlener aufscheint. Dabei analysiert sie nachvollziehbar, wie sehr es bei diesen Anfeindungen um den Erhalt von Privilegien, Deutungshoheit und auch Macht geht, und zeigt auf, dass man bei solchen Leuten mit Argumentation leider nicht weiterkommt, ihnen aber zu verstehen geben muss, dass sie zu einer Minderheit gehören, wenngleich zu einer leider sehr lauten. [Karl]

2. Olaf Scholz hat sich ja gerade als Kandidat für den SPD-Parteivorsitz ins Gespräch gebracht. Mal abgesehen davon, dass mit so einem konservativen Neoliberalen aus dem Parteiestablishment, der massiv zum Niedergang der SPD mit beigetragen hat, kein wirklicher Neuanfang der Partei zu erwarten ist, zeigt Albrecht Müller in einem Artikel auf den NachDenkSeiten auf, was man von Scholz zumindest alles nicht erwarten könnte, sollte er das Amt tatsächlich ergattern, und das ist nahezu alles, was zurzeit extreme Priorität auf der politischen Agenda haben sollte. Lesenswert dazu ebenfalls der in Müllers Artikel verlinkte Kommentar von Christian Bangel für die Zeit. [Karl]

3. Wie eng sich Wirtschaft und Politik vielerorts sind, das sieht man bei öffentlichen Auftritten, privaten Partys unter selbigen und an der Art und Weise, wie die Werbetrommel für diese „Leistungsträger“ gerührt wird. Meiner Erfahrung nach ist es aber auch so: Je enger diese verzahnt sind, desto weniger integer und basisdemokratisch sind diese Leute. Wie ZDFzoom nun in seinem 45-minütigen Bericht zur „Geheimakte Finanzkrise“ erzählt, sind Leute wie Josef Ackermann (Deutsche Bank) oder Peer Steinbrück (SPD) einfach nur Nutznießer und Schmarotzer der Gesellschaft. Sie leben nicht nur auf Kosten der Steuerzahler, sondern schaden demokratischen Prozessen und unterlaufen das in sie gesetzte Vertrauen. Teeren und federn, sage ich. [Dirk]

4. Eine Bilanzierung der ausufernden Polizeigewalt im Zuge der Gelbwesten-Proteste in Frankreich findet sich in einem Artikel auf Kontrast.at. Neben Hunderten von zum Teil schwer Verletzten sind bisher auch zwei Tote zu betrauern. Die Ermittlungen gegen Polizisten werden dabei verschleppt, deren Übergriffe werden von der Regierung bagatellisiert oder einfach abgestritten. Und als Krönung erhalten dann Polizisten, die im Verdacht stehen, Menschen  verkrüppelt oder sogar getötet zu haben, noch Ehrenmedaillen. Kann man da schon von einem totalitären Polizeistaat sprechen? Ich finde, schon. Interessant vor allem, dass man hierüber (im Gegensatz zu Übergriffen bei Demonstrationen in Russland) kaum etwas in deutschen Medien findet. [Karl]

5. Bis 2050 klimaneutral zu sein wird ja immer wieder als Ziel ausgegeben, um das Ziel, die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad hinausgehen zu lassen, zu erreichen. Nun haben allerdings neuste Berechnungen des noch vorhandenen CO2-Budgets, über die ein Artikel auf klimareporter berichtet ergeben, dass das bei Weitem nicht ausreichen würde, sondern dass die Netto-null-Emissionen von CO2 bereit 20 Jahre früher erreicht werden müssten, und selbst dann wäre keine hundertprozentige Gewährleistung gegeben, das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Wenn man sich die augenblickliche Klimapolitik anschaut, dann ist es leider komplett unrealistisch, dass die Menschheit hieran nicht scheitern wird. Schade eigentlich. [Karl]

6. Ich bin kein Freund der amerikanischen Außenpolitik und möchte eigentlich kein Teil einer Allianz sein, die Angriffskriege im Nahen Osten führt. Aber das bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass Russlands Politiker da die besseren und friedlicheren Demokraten hervor bringt oder friedlicher mit seiner Bevölkerung umgeht (gleiche Unterdrückung, anderes Handwerk). Über Proteste junger Menschen in Moskow berichtet der Weltspiegel (ARD) in einem 6-minütigen Beitrag. Die Gewalt gegen die eigene Bevölkerung scheint mir dort fast noch brutaler als in den USA, wobei ich dort den Umgang mit den afroamerikanischen Mitbürgern ausklammern muss (denn diese werden in den USA regelmäßig unbewaffnet von der Polizei erschossen). Wie wäre es mal als Weltmacht die Rolle des friedlichen und demokratischen Vorreiters zu übernehmen? [Dirk]

7. Ein Artikel in der Abendzeitung München berichtet von unhaltbaren Zuständen im Münchner Helios-Klinikum Pasing. Dort muss sich mitunter nachts ein einziger Pflegehelfer (also keine examinierte Pflegekraft) um 27 Patienten kümmern. Eine manierliche Patientenversorgung ist da natürlich nicht möglich. Was noch hinzukommt: Allem Anschein nach werden Pflegekräfte, die eine Überlastungsanzeige schreiben, von der Pflegedienstleitung massiv unter Druck gesetzt. Wenn man dann noch die dummen und inhaltsarmen Floskeln der Geschäftsführerin der Klink liest, dann weiß man, dass der Fisch dort massiv vom Kopf her stinkt. [Karl]

8. Neues vom Nichtskönner Jens Spahn (CDU), der leider zurzeit das wichtige Amt des Bundesgesundheitsministers ausübt. Gerade hat er einen Gesetzesentwurf präsentiert, wie aus einem Artikel im Stern hervorgeht, der formal eine bessere Betreuung von Beatmungspatienten bewirken soll, de facto aber wohl eher zu deren Entmündigung, da Zwangseinweisung in vollstationäre Einrichtungen, führen würde. Kein Wunder, dass etliche Verbände und Organisationen der Betroffenen Sturm gegen dieses Ansinnen (das wohl vor allem der Kostenersparnis und weniger dem Patientenwohl dienen soll) laufen. Zu den Kritikern gehört sogar der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel. [Karl]

9. Der Spitzenkandidat der AfD Brandenburg Andreas Kalbitz hat neulich mit einer Schülerin debattiert – und dabei reichlich schlecht ausgesehen. Er war unsachlich, beleidigend, diffamierend und ausfallend – also das übliche Programm, was man von Rechtsextremen eben so kennt. In einem Interview mit Spiegel Online schildert nun die 15-jährige Johanna Liebe, wie sie diese Debatte erlebt hat – und zeigt sich dabei deutlich reifer, erwachsener und thematisch beschlagener als Kalbitz. Und auch das sollte einen nicht wundern … [Karl]

10. Rayl Anders nimmt sich in einem achtminütigen Beitrag seine Video-Blogs der Stimmungsmache vonseiten der AfD gegen Greta Thunberg an. Ausgangspunkt ist ein Facebook-Posting von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen, in dem dieser nicht nur in der üblich plumpen Weise hetzt, sondern auch noch auf einen Artikel des unsäglichen rechten Schmierfinken Wolfram Weimer verweist. Natürlich sind diese ganzen Anschuldigungen gegen Greta schon längst widerlegt, aber das stört rechte Hetzer ja grundsätzlich nicht. Leider unterläuft auch Rayk zum Ende des Videos hin ein Fehler, wenn er sagt, dass fünf Menschen in die USA geflogen würden, um das Segelboot wieder zurück nach Europa zu bringen, denn aus einem Statement des Ankerherz-Verlags auf deren Facebook-Wall besagt, dass das so nicht der Fall ist. Trotzdem ein sehenswerter Beitrag von Rayk Anders! [Karl]

11. Gerade Rechte und Rechtsextreme reden ja immer noch von „Angela Merkels Flüchtlingspolitik“. Dass diese eigentlich nie etwas mit diesem rechten Narrativ zu tun hatte, wird nun gerade mal wieder mehr als deutlich anhand eines Artikels von Pro Asyl, in dem ein Überblick über die rechtlichen Auswirkungen des gerade beschlossenen „Hau-ab-Gesetzes“ (offizieller Titel: Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht) gegeben wird. Das ist menschenverachtend und hat wenig damit zu tun, was ich unter Demokratie und Rechtsstaat verstehe, sondern zeigt reichlich totalitäre Züge. Eklig! [Karl]

12. Dass die AfD vor allem in den ostdeutschen Bundesländern so stark ist, liege an der dortigen DDR-Vergangenheit – das ist zumindest eine weit verbreitete Erzählung. Einen etwas differenzierteren Blick wirft Wolfgang Engler in einem Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik auf dieses Phänomen, und vor allem berücksichtigt er dabei auch die Zeit seit 1989, die die Menschen wesentlich mehr geprägt haben als das Leben in der ehemaligen DDR. So ist es vor allem der rücksichtslose Umbau der Gesellschaft, in dessen Zuge die neuen Bundesländer quasi als marktradikales Experimentierfeld missbraucht wurden, der für das heutige weit verbreitete rechte und rechtsextreme Denken verantwortlich ist. Klingt sehr schlüssig, wie ich finde. [Karl]

13. Ich bin immer wieder fasziniert, wie fantasievoll und ungeniert die Politik den großen Konzernen und Bauherren den Weg ebnet, um ungeachtet der Bodenversiegelung Genehmigungen auszustellen. So ein siebenminütiger Beitrag bei Report Mainz (ARD) über das Ökopunkte-System, dass als Ablasshandel für finanzstarke Unternehmen dient (wie es ja z. B. auch im Emissionshandel der Fall ist). Und auf der anderen Seite wird es den privaten Vermietern schwergemacht, sich ökologisch zu verhalten, wie es mit dem Mieterstromgesetz laut einem ebenfalls siebenminütigen Beitrag in der gleichen Sendung der Fall ist. In diesem Fall sehe ich aber auch, dass ein Kompromiss schwer zu finden sein wird. [Dirk]

14. Mit dem Titel „Klimawandel: Flüchten oder Standhalten?“ widmet sich scinexx einem Beitrag aus dem Fachmagazin „Science“. Dort wird von einem geordneten und allmählichen Rückzug aus zukünftigen Überflutungsgebieten berichtet, der von Wissenschaftler als Maßnahme gegen den steigenden Meeresspiegel vorgeschlagen wird. So werden auch die Menschen in westlichen Industrieländer zu Klimaflüchtlingen und die heißesten und trockensten Regionen der Erde werden menschenleer oder bleiben den Ärmstern der Armen als Lebensraum. Natürlich nur, wenn man an den Klimawandel glaubt *zwinkersmiley*. [Dirk]

15. Ebenfalls auf scinexx findet sich ein Beitrag zum Umgang mit sogenannten Hass-Clustern. Dabei haben Forscher die Verknüpfungen und Struktur von Hassnetzwerken untersucht und internationale Zusammenhänge und Unterschiede herausgearbeitet. Allerdings finde ich die Vorschläge zum Umgang mit diesen Hass-Clustern zweifelhaft, weil gegen etwas zu arbeiten führt aus meiner Erfahrung selten zu einer Neutralisierung, sondern, um es mit den Worten der Ärzte zu sagen: „Gewalt erzeugt Gegengewalt, hat man Dir das nicht erklärt?“ Und zum gleichen Handwerkzeug wie Verbreiter und Erzeuger von Hasspostings zu greifen ist aus meiner Sicht keine produktive Option. [Dirk]

 

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Gemischte Beiträge mehrerer Autoren.

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