Jugend

Die Jugend in Großbritannien hat Europa gewählt, so lese ich in meiner Filterblase bei Facebook, aber auch in vielen Presseerzeugnissen. Hoffnung auf die Zukunft wird ebenso damit ausgedrückt wie Trost, dass es irgendwann einmal ein Zurück geben könnte.

Mir macht das weder Hoffnung noch spendet es mir Trost. Ich weiß auch gar nicht, warum ich Trost bräuchte, ist doch bisher nicht mehr geschehen, als dass in GB der bessere Geschichtenerzähler gewählt worden ist. Auch ist mir unklar, warum ich diese Hoffnung teilen sollte. War die EU wirklich so viel besser, als GB noch aktives Mitglied in ihr war? Ich hatte da andere Eindrücke. Ist es wirklich immer gut geworden, wenn die einst Jungen später dann das Sagen bekommen haben? Auch hier habe ich ganz andere Eindrücke gewonnen.

Als die 68er, die damals Jungen, auf die Straße gingen, war ich zehn Jahre alt und setzte schon in diesen jungen Jahren meine ganze Hoffnung auf diese Generation. Mir war es ein Gräuel, dass Lehrer mich und meine Mitschüler schlagen durften, dass ständig der Beruf des Vaters abgefragt wurde und viele Lehrer diesen dann dafür hernahmen, ob man für die höhere Bildung taugte oder nicht. Schnell begriff ich, wie prägend der soziale Stand für die eigene Zukunft war, wie ausschlaggebend der Lehrer dafür war, ob man erfolgreich sein konnte oder nicht. Der Mief und die Ungerechtigkeit der Bonner Republik waren für mich vom ersten Schultag an zu spüren.

Als dann die Alten in die Rente geschickt worden sind, die Regierung wechselte, hatte ich große Hoffnungen, und sie sind auch nicht enttäuscht worden. Heute weiß ich allerdings, dass es nicht die Jungen waren, die „lieferten“, sondern nur die anderen Alten. Heute weiß ich, dass die Jungen von damals nicht geliefert haben, was sie selbst versprochen hatten zu liefern, sondern anderes geliefert haben, als ich mir erträumte. Heute weiß ich, dass die Jungen von damals schnell alt wurden, als sie an die Macht gelangten.

Heute weiß ich, dass die Jugend keinen Trost spenden kann, wenn sie im Heute das Richtige fordert, weil man nämlich nie sicher sein kann, dass sie im Morgen auch das Richtige tun werden, wenn sie dann endlich die Macht erlangt haben werden.

Heute weiß ich, dass alles nur Momentaufnahmen sind und dass sich der Moment schnell verändern kann und damit auch die, die man in diesem Moment aufgenommen hat.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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