Vorbild Frankreich

Die Politik hat Frankreich als Vorbild entdeckt, entsprechend dem eigenem Gusto natürlich.

Die Franzosen lieben ihr Essen und geben auch mehr Geld als wir dafür aus, und genau diese Liebe zum Essen hat man entdeckt, um die Bauern zu retten. Diese Liebe zum Essen will man gern – manche sogar par ordre du mufti – uns allen ans Herz legen.

Diese Liebe macht man daran fest, wie viel wir für Essen auszugeben bereit sind. Mehr für gleiches Essen, bei gleicher Qualität und gleichen Produktionsbedingungen auszugeben bereit sein sollen. Denn wirklich um Qualität, um andere Produktionsbedingungen geht es nicht. Es geht nur darum, den Bauern zu helfen, deren Höfesterben zu verlangsamen, nicht einmal zu beenden.

Bessere Qualität, bessere Produktionsbedingungen und damit weniger Tierleid ist man gar nicht gewillt wirklich herzustellen. Bei dieser Debatte geht es einzig und allein um die Bauern und ihre Lebensgrundlage – ein Thema, welches mir wirklich am Herzen liegt, aber nicht so zu einem guten Ende gebracht werden kann, wie mit dieser Debatte beabsichtigt.

Der Mindestlohn in Frankreich beträgt 10,15 €, ist damit um fast 9 % höher als bei uns, was natürlich insgesamt das Lohnniveau anhebt, mehr Einkommen der breiten Masse zur Verfügung stellt. Den Mindestlohn gibt es dort seit Jahrzehnten, bei uns erst seit wenigen Jahren, weshalb auch insgesamt das Lohnniveau nie so erschreckend nach unten gehen konnte wie bei uns.

Die Renten sind in Frankreich erheblich höher als bei uns, schon deshalb, weil sich dort die Gewerkschaften eine Hartz-Gesetzgebung nicht hätten bieten lassen, diese Armut per Gesetz.

Und da wundert sich die deutsche Politik, da wundern sich die deutschen Medien, dass der Franzose immer noch an guten Nahrungsmitteln festhalten kann, mehr Geld dafür ausgeben kann, soll Frankreich nun zum Vorbild herhalten.

Mehr noch, wenn es um die Renten geht, den Sozialabbau, da sollen wir dann das Vorbild sein, ginge es nach Macron, dem französischen Schröder und dem überwiegenden Teil unserer Presse und Politik. Gern würde man nämlich sehen, dass auch die Franzosen weniger im Portemonnaie hätten, auch weniger damit dann für Nahrungsmittel ausgeben könnten (wenn man überhaupt so weit zu denken bereit ist, in der Lage ist), wohl auch deshalb, damit die schäbige Lohndrückerei hier bei nicht so sehr auffällt.

Mehr Scheinheiligkeit als dieser Tage in Deutschland geht nicht mehr, oder doch?

Ich glaube schon, wenn ich mir die Meinungsmacher in Politik, Wirtschaft und den Medien so anschaue. Deren Scheinheiligkeit wird noch lange keine Grenzen haben, gesetzt bekommen.

#Bigotterie

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

Ein Gedanke zu „Vorbild Frankreich“

  1. Ja, ein bisschen mehr Rotwein anstatt des Bieres wäre in der Tat eine glänzende Idee. Die meiste Zeit schiele ich eher mit einem Auge nach Skandinavien, wo mir zumeist die politische Landschaft mehr dem Menschen und weniger den Großkonzernen und Reichen dienlich scheint, als im feudalistischen Deutschland. Also danke für die Fakten zu unseren französischen Freunden (lustiger Weise die „Amis“ im französischen), Argumente zu haben ist ja nie verkehrt.

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