Es geht nicht um Menschenleben

Wer immer noch meint, bei den Maßnahmen wegen des Corona-Virus ginge es unseren Regierenden tatsächlich darum,  Menschenleben zu retten, der verkennt die Realität von deren Handeln, das sie seit Jahren praktizieren.

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum lassen sie dann Jahr für Jahr Tausende Hilfesuchende im Mittelmeer ersaufen?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum betreiben sie dann eine Landwirtschafts- und Handelspolitik, die jedes Jahr etwa 200.000 Pestizidopfer weltweit fordert?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum verweigern sie dann eine verpflichtende Einhaltung von Menschenrechten in Produktionsketten von transnationalen Unternehmen?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum führen sie dann kein Tempolimit ein, was jährlich viele Todesopfer verhindern würde, und verweigern den Ausbau des öffentlichen Verkehrswesens, was zu einer weiteren Reduzierung der Verkehrstoten führen würde?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum nehmen sie dann jährlich Zehntausende Tote in deutschen Klinken und Pflegeeinrichtungen durch multiresistente Keime einfach so in Kauf?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum hat dann ihre Austeritätspolitik in Griechenland Tausende Menschenleben gefordert, warum fordern die absehbaren Auswirkungen dieser Politik mit kaputt gesparten Gesundheitssystemen in Italien und Spanien nicht erst seit dem Corona-Virus, aber nun im besonders hohen Maße, zahlreiche Menschenleben?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum sponsern sie dann libysche Warlords, die Konzentrationslager unterhalten, in denen Menschen gefoltert, vergewaltigt, versklavt und auch ermordet werden?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum genehmigen sie dann Rüstungsexporte an Länder, die im Jemen eine humanitäre Katastrophe angerichtet haben? Oder warum genehmigen sie überhaupt Rüstungsexporte und sind bestrebt, die Militärausgaben beständig zu steigern?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum weigern sie sich seit Jahren so vehement, etwas gegen die Feinstaubbelastung in vielen Städten und Regionen zu machen, die europaweit jedes Jahr Tausende Tote fordert?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum sanktionieren sie dann keine Konzerne, die Menschen das Trinkwasser abgraben oder via Landgrabbing die Existenzgrundlage entziehen?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum sorgen sie dann nicht dafür, dass die Lebensmittel, die weltweit zur Genüge vorhanden sind, so verteilt werden, dass niemand verhungern muss? Warum erlauben sie stattdessen Spekulationen mit Nahrungsmitteln?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum haben sie dann noch nicht seit Längerem die Entwicklung eines Ebola-Impfstoffes forciert und halten ein System aufrecht, bei dem vielen ärmeren kranken Menschen (vor allem im globalen Süden) der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten verweigert wird?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum zaudern und blockieren sie dann bei Maßnahmen für einen wirksamen Klimaschutz, wo doch jetzt schon Menschen aufgrund der Veränderungen durch den Klimawandel sterben und zukünftig noch in viel größerem Maße sterben werden?

Wenn es diesen Leuten also um Menschenleben ginge, warum haben sie dann ein menschenverachtendes System wie Hartz IV installiert, das bei vielen Betroffenen zu Depressionen und bei einigen leider auch immer wieder zu Suiziden führt?

Diese Liste von Fragen könnte bestimmt noch weiter fortgesetzt werden. Mir reicht das allerdings schon aus, um die angebliche Sorge um Menschenleben, die ja als offizielle Marschroute des aktuellen Regierungshandelns kommuniziert wird, als reine Heuchelei zu erkennen.

Oder kann mir jemand sonst vielleicht die eine oder andere dieser Fragen sinnvoll beantworten?

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

2 Gedanken zu „Es geht nicht um Menschenleben“

  1. Ich könnte sie dir alle beantworten, ob du die Antworten dann als sinnvoll ansehen würdest, kann ich allerdings nicht voraussetzen.

    Eine Antwort will ich dir aber geben. Es geht immer um Interessen und nie um den einzelnen Menschen. Es geht vor allem beim staatlichen Handeln, insbesondere in einer Demokratie, um Interessen und deren Abwägung. Interessen kollidieren, das ist zwangsläufig und hier einen Ausgleich zu schaffen, darum geht es in der Politik, nie um den einzelnen Menschen, sondern immer um die Gruppe und die Interessen der möglichst Vielen.

    Was du hier aufzählst, dass sind moralische Ansprüche, die natürlich auch zu erfüllen sind, die aber nicht immer auch erfüllt werden können, eben weil sie nicht immer auch der Interessenlage entsprechen. Politik hat sich aber an der Interessenlage zu orientieren und nicht an den moralischen Ansprüchen einzelner. Politik hat sich vor allem auch an der Interessenlage der Bürger und Bürgerinnen des jeweiligen Staates zu orientieren und hat deshalb auch diese Interessenlage zum Maßstab zu nehmen, wenn sie international handelt.

    Politik handelt also für die Gruppe und nicht für die Gesamtheit. Das mag gefallen oder nicht, aber so ist es nun mal und eine Welt, in der das bald anders werden könnte, sehe ich nicht mal als Licht am Horizont. Deshalb den politisch Handelnden aber jegliche Moral abzusprechen, würde mir nicht einmal im Traum einfallen. Sie müssen Interessen wahrnehmen und das tun sie, wenn auch nicht immer die Interessen, die ich gern wahrzunehmen wüsste.

  2. Aha. Und mutliresistente Keime sind also im Interesse vieler? Spätestens da hört Deine Argumentation, die im Kern übrigens ein durchaus rassistisch-nationalistisches Element hat (im Sinne von, wenn woanders Menschen verrecken, ist das nicht so schlimm, aber wenn das bei uns der Fall ist, schon), auf, auch nur ansatzweise stimmig zu sein.

    Und Dinge wie Korruption oder Lobbyismus blendest Du dabei auch komplett aus.

    Zudem: Die Frage, ob man Menschenleben retten oder gefährden soll, ist immer eine moralische. Wenn ich diese einmal gelten lasse oder zur Handlungsmaxime erhebe, ein andermal allerdings völlig außer Acht lasse oder sogar noch überhaupt erst eine Verschärfung herbeiführe, dann muss man eben schon die Frage stellen, wie aufrichtig das Postulat, Menschenleben zu retten, tatsächlich ist.

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