Meinungspluralität in deutschen Medien

Das rechte Spektrum in Deutschland hat den Begriff der Gleichschaltung der Medien in den letzten Monaten zunehmend für sich okkupiert: Bei den HoGeSa-Demos wurde Entsprechendes skandiert, vonseiten der Rechtsparteien NPD und AfD hört man immer häufiger diesen Vorwurf, und Udo Ulfkotte veröffentlicht bei dem rechtsesoterischen Kopp-Verlag ein Buch mit dem Titel Gekaufte Journalisten. Das ist eine unerfreuliche Entwicklung, da so eine berechtigte Medienkritik diskreditiert und in eine Ecke gerückt wird, in die sie nicht gehört.

Während der eher etwas unterbelichtete rechte Rand die Medien nämlich immer weiter nach links driften sieht, ist nämlich genau das Gegenteil der Fall, und dies hat durchaus unterschiedliche Ursachen.

Gerade vor wenigen Wochen wurde ja Gruner & Jahr von Bertelsmann geschluckt (s. hier), und diese Übernahme ist nur ein Teil einer generellen Entwicklung, die dazu führt, dass immer mehr Medien in den Händen von immer weniger Personen sind. Die Netzfrauen schrieben einen sehr aufschlussreichen Artikel hierzu, auf den ich ja auch schon einmal hier auf unterströmt hingewiesen habe. Hieraus geht hervor, dass ein Großteil der deutschen Medienlandschaft von gerade einmal fünf Konzernen kontrolliert wird, nämlich Bertelsmann, Axel Springer, Hubert Burda Media, Funke Mediengruppe und Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Hat der FAZ-Gründungsherausgeber noch in den 60er-Jahren mit seinem berühmten Zitat

Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.

den Nagel auf den Kopf getroffen, so dürften es mittlerweile deutlich weniger als noch 200 sein, die in erster Linie für die herrschende Meinung in unserem Land sorgen, da sie die sogenannten Leitmedien besitzen. Wie sich dies dann konkret äußert, ist hervorragend am Beispiel von Der Spiegel zu sehen. Wie wenig das Magazin noch mit der ursprünglichen Intention Rudolf Augsteins zu tun hat, wird von Jens Berger auf den Nachdenkseiten in dem Artikel Bye, bye, SPIEGEL! trefflich auf den Punkt gebracht. Und wenn man dann noch, beispielsweise in dem Artikel Geschäft mit der Dummheit der jungen Welt [Artikel leider nicht mehr verfügbar], sieht, wie Bertelsmann zurzeit massiv in den Bildungssektor drängt, kann einem nur noch angst und bange werden, denn dann kann wahrlich von einer Gleichschaltung gesprochen werden – nur dass diese nur bedingt aus politischem Kalkül, sondern eben vor allem unter ganz schnöden wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattfindet (eine Tatsache, die sich bei den rechten Medienkritikern so natürlich nicht findet).

Ein anderer Punkt ist der Arbeitsalltag von Journalisten, der sich mittlerweile doch sehr geändert hat. Umsatzrückgänge von Zeitungen/Zeitschriften haben zu Einsparungen geführt, was wiederum für die meisten Journalisten bedeutet, mehr Arbeit in weniger Zeit abliefern zu müssen. Dazu kommt ein gesteigerter Aktualitätsdruck: Eine Meldung zu bekommen und dann erst mal in Ruhe zu recherchieren, inwieweit diese auch tatsächlich zutrifft, wie die Hintergründe aussehen usw., ist kaum noch möglich, wenn ebendiese Meldung schon bei N24 im Ticker läuft und bei der Konkurrenz auf den Webseiten zu finden ist. Will man also nicht als journalistischer Kalter-Kaffee-Produzent gelten, muss die Sorgfalt zwangsläufig auf der Strecke bleiben. (Gabriele Krone-Schmalz beschrieb dieses Phänomen im April dieses Jahres schon recht deutlich in einem Interview mit dem NDR-Magazin ZAPP.) Als Resultat schreiben dann viele genau das Gleiche (teilweise auch mit identischem Wortlaut), was natürlich dazu führt, dass dies dann nicht nur eine weitere Verbreitung erfährt, sondern eben auch, selbst wenn die Meldung sich als falsch herausstellt, erst mal wegen ihrer Omnipräsenz als wahr wahrgenommen wird. Und dann kann es bei dem herrschenden Zeitdruck in der Branche natürlich auch schon mal passieren, dass nicht nur DPA-Meldungen, sondern eben auch PR-Texte, die über die DPA-Tochter news aktuell verbreitet werden, als redaktioneller Text erscheinen …

Und dann gibt es letztlich auch tatsächlich noch die Art von Propaganda, die in der Tat mit bewussten Falschmeldungen sowie dem Verschweigen von unpassenden anderen Meinungen und Tatsachen gezielt politisch agiert und Stimmung macht. In Bezug auf die Geschehnisse in der Ukraine habe ich ja schon vor einiger Zeit hier auf unterströmt in einem Artikel auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, und auch die Anstalt widmete diesem Thema eine Folge, allerdings ist hier der Streit um die Deutungshoheit der Geschehnisse ja noch in vollem Gange. Auch die Berichterstattung zum Thema GDL-Streik vor wenigen Wochen wies starke Züge von Kampagnenjournalismus auf, wie ich in diesem Artikel hier auf unterströmt darstellte, und wieder die Anstalt präsentierte in der April-Sendung die Verbindungen einiger deutscher Topjournalisten zu transatlantischen Lobbyorganisationen (Joffe und Bittner von der Zeit scheiterten mit ihrer Klage hiergegen recht kläglich, wie dieser Kommentar des NDR zeigt). Dass dies kein neues Phänomen ist, wird in dem Artikel Frieden muss gestiftet werden von Daniela Dahn in der aktuellen Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik deutlich erkennbar. In ihrer Beschäftigung mit dem Kosovokrieg schildert Dahn, wie vonseiten der Medien massiv und einseitig Einfluss auf die öffentliche Meinung genommen wurde: PR-Agenturen wurden mit großen Etats ausgestattet, um entsprechende Meinungen und Sichtweisen zu verbreiten und als Tatsachen zu verkaufen, dabei wurde auch vor gefälschtem Fotomaterial nicht zurückgeschreckt. Den unrühmlichen Höhepunkt fand dieses Vorgehen dann in dem NATO-Angriff auf den Hauptsitz der serbischen Radio- und Fernsehgesellschaft RTS, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen – alles, um unliebsame und nicht zum gewollten Tenor passende Bilder und Berichte zu unterbinden.

Wie man sieht, gibt es also einiges, was an unserer Medienlandschaft kritisiert werden kann (und muss), insbesondere was die mangelnde Meinungspluralität der sogenannten Leitmedien zu brisanten Themen betrifft. Dass die in der Regel unsachgemäße rechte Medienschelte so sehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt wird, sodass mittlerweile Begriffe wie „Mainstream-Medien“ (wie hier beim Rechtspopulisten-Bullshit-Bingo der NDR-Sendung extra 3) immer öfter als rechtspopulistisch gebrandmarkt werden, erweckt bei mir zumindest den Verdacht, dass auf diese Weise Kritik mundtot gemacht werden soll – und das wieder mittels Kampagnenarbeit unter dem journalistischen Deckmäntelchen.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

2 Gedanken zu „Meinungspluralität in deutschen Medien“

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