Gestern standen wir noch am Abgrund – heute sind wir schon einen Schritt weiter

Da kann man sagen, was man will: Angela Merkel ist und bleibt PR-Vollprofi. Mit einem „Ich war’s“ und einem „Es tut mir leid“ lenkt sie die wogende Masse dorthin, wo es schön ist. Man wird quasi gezwungen, Respekt zu zollen, anerkennend zu nicken. Sicher, wirklich schön sei das alles natürlich nicht, aber sie habe Größe gezeigt. Das ist irgendwie rührend, macht einen sogar etwas stolz …?

 

O. k., jetzt können gern alle wieder aufwachen aus der klebrigen Stimmung.
Angela Merkel hätte genug Gründe, um eine saftige Entschuldigung rüberwachsen zu lassen. Aber ich pfeife komplett auf solche (PR-)Gesten. Sie hat einen Job, und sie hat zu liefern.

Sie liefert aber nicht.

Stattdessen werden Ideen und Maßnahmen wie „Osterruhe“ aus dem Hut gezaubert, die nicht umsetzbar sind. Nicht genug durchdacht, aha. Keine Zeit gehabt? Unglaubwürdig.

Wer lebt denn (freiwillig) von der Hand in den Mund? Wir alle müssen unser Leben vorausschauend planen, soweit das eben geht. Eine Krise kommt schon mal unangekündigt daher, und dann heißt es mal wieder: umdenken, neue Lösung finden. Wenn das nach ein paar Wochen und Monaten nicht weiterhilft, ist wohl insgesamt etwas nicht im Lot mit der generellen Richtung. Das sagt selbst das Arbeitsamt. Nun aber fix einen neuen Job suchen. Immer noch keinen gefunden? Dann wohl lieber mal eine Umschulung machen, oder?

Was hat das mit Angela Merkel zu tun? Viel.
Es gibt eine Krise zu bewältigen, das erfordert Management. Schlimm genug, dass es immer noch nicht klar zu sein scheint, wieso Inzidenzwerte wo und wieso nach oben oder nach unten gehen.
Umso wichtiger ist die Vorbereitung auf verschiedene Szenarien. Zeit genug war da, Geld genug ist da, Erkenntnisse hätten gewonnen werden können.

Stattdessen bekommt man „Strategien“ aufgetischt, die bei – sprichwörtlich – Nacht und Nebel „erarbeitet“ werden. Spontan halt. Ist das der Weg, um mit dieser Krise umzugehen nach über einem Jahr?

Vielleicht ist es mal wieder an der Zeit, das recht sachliche Wort „Krise“ in seine Bestandteile aufzudröseln: Es geht um Menschenleben, Frau Merkel. Um Leben im wahrsten Sinne für die, die gerade darum kämpfen. Es geht um Existenzen und Zukunftsperspektiven, die gerade regelrecht wegbrechen.

Wie zynisch ist das, sich hinzustellen, sich zu entschuldigen und dafür anschließend noch gefeiert zu werden. Dabei offenbart Merkels heutiger Auftritt nur eins, nämlich die Bankrotterklärung an ihr Krisenmanagement.

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Tina

Jahrgang 1972, Linkshänderin, mal nett, mal launisch, mag Nudeln, Vodka und Hunde. Meine Texte sind abhängig von Tagesform (siehe Stichwort "launisch") und Tagesaktualität. Grundsätzlich treiben mich Themen wie "Gerechtigkeit" und "Gemeinschaft" um bzw. wie wir als Gesellschaft gut miteinander leben können, ohne Hackordnung, ohne Menschen zurückzulassen.

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