Im Wahlkampf treiben Politiker sich auf allen möglichen Veranstaltungen rum, um auf Stimmenfang zu gehen und sich unter die Leute zu mischen. So auch Philipp Amthor, Bundestagsspitzenkandidat der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Und bei so einer Gelegenheit hat er dann auch ein schönes Foto machen lassen – mit offensichtlichen Rechtsextremisten.
Dieses Foto machte dann auch schnell die Runde im Internet, nachdem es beispielsweise von der Antifaschistischen Linken Bochum per Twitter geteilt wurde. Pikanterweise sehen die beiden Gestalten, mit denen Amthor da in die Kamera grinst, nicht nur auf den ersten Blick aus wie Neonazis, sondern einer von beiden trägt auch noch ein T-Shirt mit der Aufschrift „Solidarität mit Ursula Haverbeck“ – also einer verurteilten Holocaust-Leugnerin.
Doch seht selbst:
Gerade bei dem Typen links könnte man auch ohne das T-Shirt bei seiner Gestaltung des Seitenscheitels und der Barttracht darauf kommen, dass der vielleicht ein bisschen rechts drauf sein könnte, oder?
Aber Philipp Amthor wäre nicht er selbst und auch nicht in der CDU, wenn er für so einen derben Fehler mal geradestehen würde (ich denke da nur an seine Korruptionsaffäre im letzten Jahr – s. dazu hier und hier -, die für ihn ja auch null Konsequenzen hatte). Stattdessen kommt eine Ausrede von ihm, wie sie dümmlicher nicht sein kann (s. hier):
„Hätte ich die T-Shirt-Aufschrift bemerkt, hätte ich das Foto natürlich nicht gemacht.“
Für wie dämlich hält der Typ eigentlich die Leute? Ich meine, das ist nun keine ellenlange Inschrift da auf dem T-Shirt, das sind vier Wörter, dazu muss man nicht mal mit dem Lesen anfangen, sondern das erkennt man auf einen Blick. Und dass er nicht weiß, wer Ursula Haverbeck ist, glaube ich nicht, wo er sich doch selbst immer als Experte für Innenpolitik bezeichnet.
Oder interessiert sich Amthor so wenig für die Leute, die auf ihn zukommen, dass er diese nicht mal eines Blickes würdigt, bei dem ihm dann ja wohl die T-Shirt-Aufschrift schon ins Auge hätte springen müssen?
Ach ja: Das „Foto“ hätte er dann „natürlich nicht gemacht“, wenn er die Aufschrift bemerkt hätte, aber ansonsten wäre ein kleiner undokumentierter Smalltalk mit dem freundlichen Möchtergern-Adolf von nebenan schon drin gewesen, oder wie?
Und was Amthor dann auf seinem Facebook-Account dazu schreibt, macht das Ganze auch nicht eben besser:
Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll: dass er das erst mal mit der BILD bekakelt. Gut, sei’s drum, muss jeder wissen, welches journalistische Niveau er für seine Rechtfertigung nutzen will. Oder dass er nicht „gewusst [hat], dass es sich um Rechtsextreme handelt“. Der Typ hat doch schon eine Brille – was braucht er denn dann noch, um die beiden Vögel als Rechtsextreme zu erkennen? Und als Krönung dann noch die auch in Kreisen von AfD und anderen Rechtsaußen beliebte Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus (s. dazu hier).
Also mal zusammengefasst: Ein für seine erzkonservativen bis reaktionären Positionen bekannter Politiker redet mit einem ausgesprochen rechtslastigen Hetzblatt darüber, dass er als wackerer Streiter gegen Extremisten offensichtliche Neonazis nicht als solche erkennt, relativiert dann eben noch mal den Rechtsextremismus – und schwafelt dann etwas davon, dass ihn „gewisse Kreise in einen falschen Kontext rücken […] wollen“.
Nee, nee, da gibt es nichts zu rücken, in diesen Kontext hat sich Amthor schon selbst befördert.
Aber natürlich finden sich dann auch gleich auf Amthors Facebook-Wall genug CDU-Trolle, die ihn herzhaft verteidigen. Hier mal drei Beispiele, die zeigen, welche Argumentationsarmut dort vorherrscht, aber dafür mit Nibelungentreue zu kompensieren versucht wird:
Ganz gutes Anschauungsmaterial für all diejenigen, die sich fragen, was das denn bloß für Leute sind, die tatsächlich immer noch CDU wählen …
Vor allem erinnert mich das auch ganz stark daran, was AfD-Jünger immer gern so posten, wenn ihre Parteigranden mal wieder in ein verbales Fettnäpfchen getreten sind.
Abschließend noch ein sehr treffendes Statement zu dieser ganze Chose und Amthors armseliger Reaktion von Marina Weisband, das ich auf der Facebook-Seite von Bonobo entdeckt habe:
Hätte ich nicht gestern erst einen Artikel über die Arroganz der Macht in Bezug auf Armin Laschet geschrieben, hätte ich das heute doch glatt auch mit Philipp Amthor als Protagonisten thematisieren können …