Coronahilfe: Erste Filterung

Während der ersten Welle hatte ich Coronahilfe beantragt, da nach zwei Monaten meine Umsätze um über 50% eingebrochen waren und die Frist ablaufen würde (die Einnahmen im dritten Monat des Förderzeitraums konnte man entsprechend nicht abwarten). Die Stadt zeigte sich schnell und unkompliziert bereit und glich den kompletten Verlust (hochgerechnet auf alle drei Monate) aus. „Toll“, dachte ich mir so.

Nun wollte die ausführende Bank (HCS) bis zum Ende August entsprechend Rückmeldung, wie man das Geld ausgegeben hat, die Förderung also aus Sicht der politischen Entscheider „richtig“ genutzt wurde. Aus den Medien haben die meisten Menschen ja bereits erfahren, dass die Förderung nicht für Künstler:innen, Solo-Selbstständige oder Freiberufler:innen geeignet ist. Nun also die praktische Erfahrung, bei der laut telefonischer Auskunft eben „zur ersten Filterung“ nur bestimmte Fixkosten angegeben werden sollten. Das bedeutet in meinem Fall:

  • Solo-Selbstständige dürfen sich, im Gegensatz zu kleinen Unternhemen mit Angestellten, keine 1.180 Euro „fiktiven Unternehmerlohn“ anrechnen. Oder anders gesagt: Solo-Selbstständige (und Künstler, etc) müssen nichts essen, keine Miete zahlen und auch alle anderen Fixkosten sind nur existent, wenn man sie steuerlich als Arbeitsmittel absetzt. Nur arbeite ich aus meinen privaten Räumen heraus und fahre mit dem ÖPNV und darf die Kosten entsprechend auch nicht angeben (im Gegensatz zum Firmenwagen, den man angeben darf).
  • Es werden zwar alle Einnahmen herangezogen, aber Ausgaben für gekaufte Güter, die dem Kunden in Rechnung gestellt werden, dürfen nicht als Ausgabe gegengerechnet werden. Kaufe ich also ein Notebook für z. B. 650 Euro (was dann in der Homeofficephase häufig der Fall war), richte dieses ein (z. B. für 100 Euro) und stelle dem Kunden das Gerät und die Dienstleistung in Rechnung (in diesem Fall also 750 Euro), dann habe ich laut deren Rechnung 750 Euro verdient (anstatt 100 Euro), da die Ausgaben für das Notebook nicht einbezogen werden.
  • Die Stunden, die man damit verbringt alle Angaben sorgfältig zusammen zu suchen und zu prüfen sind verlorene Arbeitszeit oder eben Freizeit, nicht aber die Arbeitszeit einer bezahlten Fachkraft für solcherlei Dinge.

Da bin ich mal gespannt, was da die kommenden Wochen noch kommt an „Filterungen“ und ob ich am Ende eine Menge Papierkram hatte und die Förderung dann doch weitestgehend zurück zahle. Vielleicht hätte ich das Papier für die Anträge lieber verzehren sollen, dann wäre das Papier auf jeden Fall für etwas gut gewesen ;)

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

2 Gedanken zu „Coronahilfe: Erste Filterung“

  1. Gerade kam ein Schreiben der IFB (Hamburgerische Investitions- und Förderbank) mit der Bitte mir die Förderung in Höhe von 6.500 Euro zurück zu zahlen (da 2.500 Euro als Coronahilfe nicht nachweispflichtig zu sein scheinen). Gut so, dann hat der Papierkrieg ein Ende.
    Ja, wer essen und wohnen muss darf seine Ausgaben nicht verrechnen, aber Dienstwagen und Dienstflugzeug, Homeoffice mit eigenem Büroraum (was nur bei einer entsprechend überdimensionierten Wohnung geht) und fiktive Mitarbeitergehälter für Familienangehörige sind abzugsfähig. Danke, Wohlstandsgesellschaft, wo auch immer Du stecken magst!

  2. Das ist wirklich unglaublich, bestätigt aber das, was ich mir bei diesen Hilfszahlungen eh schon gedacht habe: Das ist nur Populismus, der niemandem helfen sollte, aber eben dazu dient, den Transfer von öffentlichen Geldern zu Konzernen im Zuge der Pandemie zu legitimieren.

    Ach ja: Ich als Freiberufler habe übrigens erst gar keine Unterstützung bekommen, und das, obwohl meine Umsätze auch um etwa die Hälfte zurückgegangen sind …

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