Beatrix von Storch und das gespaltene Verhältnis zu Wahrheit

Und mal wieder macht die AfD bzw. jemand aus deren Führungsriege in unangenehmer Weise auf sich aufmerksam. Diesmal ist es die erzkonservative Beatrix von Storch, die für die AfD im EU-Parlament sitzt. Sie sollte bei einer Veranstaltung der AfD in der Stadthalle Bayreuth auftreten und berichtete dann gestern Folgendes auf ihrem Facebook-Account:

+++Aktualisierung+++

Morgen werde ich NICHT in der Stadthalle Bayreuth auftreten. Denn nach einem linksradikalen Angriff heute Nacht auf den Veranstaltungsort, die öffentliche Stadthalle, hat diese nun gerade den Vertrag gekündigt und die Veranstaltung abgesagt. Wie nennt man das, wenn Gewalttäter andere Meinungen niederknüppeln und Angst und Schrecken verbreiten, so dass es zu solchen Absagen kommt? ‪#‎erschüttert‬

Das klingt ja erst mal recht dramatisch, allerdings sollte die AfD aufgrund der sehr rechten Einstellung etlicher ihrer Mitglieder ja doch auch solche Anfeindungen gewohnt sein. Bei dem „Angriff“ handelt es sich übrigens um ein paar Schmierereien und Graffiti an der Wand der Stadthalle (FCK AFD und NAZIS RAUS), was natürlich in der Tat nicht so ganz die feine Art ist und durchaus den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt, aber das martialische Weltuntergangsgeschwafel von Storch irgendwie auch nicht so wirklich rechtfertigt, wenn sie (ebenfalls auf ihrem Facebook-Profil) schreibt:

Morgen werde ich in der Stadthalle Bayreuth auftreten. Heute Nacht kam nun der erste Anschlag auf den Veranstaltungsort: Diese armesligen Intoleranten, diese dummdoofen, linksradikalen Vollpfosten. Sie tolerieren keine Meinung, die von ihrer abweicht. Demokratischer Diskurs? Oh nein. Einschüchtern. Gewalt androhen. Angst verbreiten. Sachschäden anrichten. Klima vergiften. Man stelle sich vor, diese Schlägerbanden hätten das Sagen in Deutschland. Was ich mir wünsche? Dass es einen ‪#‎Aufschrei‬ der Anständigen gibt, der Demokraten, der Grünen, der Linken, der Roten, der Schwarzen- all derer, die NICHT unserer Meinung sind, aber andere Meinungen nicht totschlagen und mit Gewalt ausrotten wollen, sondern die bereit sind zu diskutieren. WO BLEIBT DER???

Blöderweise erfüllt Storch die Ansprüche an einen anständigen Demokraten selbst nicht mal ansatzweise, denn das, was sie hier verbreitet und zur Stimmungsmache gegen politisch Andersdenkende nutzt, entspricht leider nicht der Wahrheit. Der Bayrische Rundfunk schreibt zur Ursache der Kündigung des Veranstaltungsvertrags vonseiten der Stadt Bayreuth in einem Artikel auf der Webseite des Senders Folgendes:

Die Stadt Bayreuth begründete die Kündigung damit, dass die AfD für den Vortrag als öffentlich und für jedermann zugänglich geworben hatte. Bei Abschluss des Mietvertrags sei die Stadt Bayreuth davon ausgegangen, dass es sich wie bei einer Vorgängerveranstaltung im Jahr 2013 um eine rein parteiinterne Veranstaltung ohne Zugang von Dritten handeln würde.

Interessant: Die AfD ist also zu dämlich, ihre Veranstaltung korrekt anzumelden, und nun wird ein Sündenbock gesucht, der der Partei politisch gerade mal gut in den Kram passt. Dass Storch dabei noch die Moralkeule schwingt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Verlogenheit ist nicht moralisch, aber das scheint in dieser Partei wohl kaum jemanden zu interessieren.

Wohlgemerkt: Ich bin klar der Ansicht, dass Wandschmierereien nicht zu einem politisch konstruktiven Diskurs beitragen, und finde die daher als Mittel der Meinungsäußerung auch nicht sehr geeignet, zumal es eben auch immer mit Kosten für den verbunden ist, dessen Wand da als Fläche herhalten muss. Das Verhalten von Beatrix von Storch hingegen ist jedoch um einiges verabscheuungswürdiger, da sie, die selbst gegen alle möglichen Menschen hetzt, die nicht in ihr reaktionäres Weltbild passen, sich nun erst mal wieder sofort in die Opferrolle katapultiert: überall Komplotte, um die arme AfD mundtot zu machen. Das ist so billig, wie es leicht zu durchschauen ist – und trotzdem gibt es immer noch genug Trottel, die dieser schlechten Karikatur einer demokratischen Partei hinterherlaufen.

Insofern bin ich geneigt, als Fazit zu schreiben: Jede Veranstaltung der AfD, die aus welchen Gründen auch immer abgesagt wird, ist ein Gewinn für die Demokratie und die Weltoffenheit, von der wir zurzeit wahrlich eher etwas mehr als weniger in Deutschland gebrauchen können.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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