Die schmuddeligen Handlanger der Eliten

Rassismus und sich selbst als „besorgte Bürger“ titulierende Rechtsaußen sind zurzeit ausgesprochen präsent in der deutschen Öffentlichkeit, was ja auch bereits in meinem Artikel von letzter Woche zum Kommentar von Anja Reschke angesprochen wurde. Nachdem Reschkes Statement ja doch recht viele positive Reaktionen provoziert hatte, fand ich es zunächst etwas verwunderlich, dass nicht mehr Medien, Politiker und auch Prominente auf diesen Zug aufspringen und sich deutlich gegen diesen spürbaren Rechtsruck in Deutschland positionieren. Doch schon bald überlegte ich mir, dass dieser neue weit verbreitete bürgerliche Rechtsextremismus unseren sogenannten „Eliten“ doch eigentlich ganz gut in den Kram passt …

Schon Ingo Schulze deutete dies in seinem Kommentar Die nützlichen Idioten in der Zeit vom 3. Februar dieses Jahres an:

Für konservative und regierende Parteien sind Pegida-Demonstranten eine bequeme Opposition, denn die eigentlichen Fragen werden nicht gestellt. Pegida sind die nützlichen Idioten. Mit dem Hinweis auf sie können Gesetze verschärft und kann grundsätzliche Opposition diskreditiert werden.

Nun ist es mittlerweile nicht nur so, dass die falschen Fragen gestellt werden, sondern bei den ganzen Flüchtlingsfeinden wird vielmehr auch komplett der Fokus weg von eigentlich Ursachen hin zu Sündenböcken verschoben. Die Flüchtlinge sind für diese Typen das eigentliche Übel, wieso diese hier ankommen, interessiert nicht. Das Symptom wird so zur Ursache. Gedanken darüber, dass diese Menschen aus ihren Ländern flüchten, da unsere Verbündeten, teilweise mit deutscher Unterstützung, ihre geopolitisch Interessen recht skrupellos verfolgen und dadurch massiv Schaden anrichten (Irak, Afghanistan, Syrien, Libyen …), dass Deutschland einer der größten Rüstungsexporteure der Welt ist, auch in politisch nicht stabile Gegenden, aus denen die Menschen dann vor der Anwendung deutscher Waffen flüchten, dass europäische und nordamerikanische Konzerne gerade in Afrika vielen Menschen ihre Existenzgrundlage rauben, um dort rücksichtslos Bodenschätze abzubauen oder Palmölplantagen aus dem Boden zu stampfen, werden gar nicht erst zugelassen. Und damit sind die Verursacher der Fluchtursachen fein raus, denn sie können einfach so weitermachen wie bisher.

Auch aktuelle viel und heiß diskutierte Themen wie TTIP oder die betonköpfige Griechenland-Politik von Schäuble und Merkel geraten zunehmend aus dem öffentlichen Fokus, wenn die Schlagzeilen von brennenden Flüchtlingsunterkünften, Hassparolen skandierenden Mobs und polternden CSU-Politikern dominiert werden. Diese sind übrigens nicht die Einzigen, die die rechtslastige Stimmung weiter anheizen, auch aus Großbritannien sind vom Premierminister und vom Außenminister, wie aus einem Artikel der taz hervorgeht, fremdenfeindliche Töne in Richtung der Flüchtlinge zu hören – alles Wasser auf die Mühlen der bürgerlichen Rassisten!

Und auch die Medien tun fleißig mit, wie ich ja auch schon an den Beispielen Spiegel online und Focus im oben bereits verlinkten Reschke-Artikel aufzeigte. Irgendwo muss die Masse der sogenannten „besorgten Bürger“ ja auch ihre Ressentiments herhaben, denn die wenigsten dürften irgendwelche rechten Postillen mit Mikroauflagen oder rechte Webseiten lesen, sondern eher BILD und Co. zur medialen Information nutzen. Tja, und wenn eben kontinuierlich und penetrant Stimmung gegen „faule Griechen“ und „den Islam“ angeheizt wird, dann züchtet man sich auf diese Weise eben ein gewaltiges grundsätzlich fremdenfeindliches Potenzial heran, das gegen alles, was irgendwie anders als man selbst aussieht, eingestellt ist.

Und noch auf eine andere Weise profitieren unsere sogenannten „Eliten“ vom neuen rechten Mob: Kritische Stimmen werden mundtot gemacht, da sie, wie auch schon in dem Reschke-Artikel geschildert, massiv bedroht und eingeschüchtert werden. Und diese schreiben ja meistens nicht nur gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit oder engagieren sich für Flüchtlinge, sondern sind auch bei anderen Themen nicht unbedingt elitenhörig. So entledigt man sich also lästiger Stimmen, die sich gegen die neoliberale Ideologie zu Wort melden, ohne sich selbst die Finger schmutzig machen zu müssen, da dies eben schon vom rechten Pöbel auf ruppige Art, über die man dann sogar noch ein wenig die Nase rümpfen kann, erledigt wird. Dass die vermeintlichen Protestler gegen das Establishment von rechts damit genau diesem einen willkommenen Dienst erweisen, übersteigt dabei dann allerdings wohl in der Regel deren Horizont.

Fazit: Es ist nicht nur so, dass ein Erstarken des Rechtsextremismus quasi ein „Abfallprodukt“ des neoliberalen Marktradikalismus ist, sondern dieser wird, so wie es aussieht, sogar noch mehr oder weniger offensichtlich gefördert, da er den Eliten sehr dienlich ist. Soll sich der Pöbel doch gegenseitig an die Gurgel gehen – solange kann man schön ungestört weitermachen und immer mehr Menschen ins Elend stürzen, ohne dass es jemanden interessiert.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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