Die AfD darf nicht zur TV-Runde zu den Landtagswahlen im SWR

Und das auf besonderen Wunsch von SPD und Grünen. So wird es zumindest gerade in einigen Medien (z. B. in der Zeit und der FAZ) berichtet. Das Aufheulen der Rechtspartei und ihrer Anhänger ist da schon vorprogrammiert: Alle gegen uns, wir werden ausgegrenzt usw. Das ist fatal, wie ich finde, denn so wird wieder nur ordentlich Wasser auf die „Wir sind die armen Opfer“-Mühlen der AfD-Agitatoren gekübelt.

Dabei ist auch hier wieder alles nicht ganz so eindeutig, wie es die Überschriften suggerieren möchten, und das Ganze wirft leider auch mal wieder kein besonders gutes Licht sowohl auf unsere Medien als auch auf die Politik.

Zum einen ist es nämlich nicht so, dass nur die AfD nicht zu der TV-Runde eingeladen ist, sondern eben alle aktuell nicht im Landesparlament vertretenen Parteien, also auch die FDP und die Linke, die nun durchaus ja auch schon in dem einen oder anderen Bundesland im Parlament vertreten sind und sich somit ebenfalls Chancen ausrechnen dürften, bei den anstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg über die 5-Prozent-Hürde zu kommen. Das wird aber nur am Rande erwähnt, und ein bekanntes journalistisches Mittel, um eine Botschaft zu vermitteln, ist es ja, diese vor allem in der Überschrift herauszustellen, da eben viele nur diese und maximal den Anrisstext lesen – und dort kommt nur die AfD vor, die aus Protest von Grünen und SPD nicht eingeladen werden soll.

Und wie diese Botschaft ankommen wird, ist auch schon absehbar: Der links-grüne Mainstream grenzt die AfD aus! Was für Märtyrer, die sich da einer Zensur erwehren müssen, weil die anderen Partien die Wahrheit eben nicht verkraften können! Fatal, wie ich finde, die AfD in dieser Legendenbildung auch noch zu unterstützen und denen genau das Futter zu liefern, auf das sie warten, um ihre Anhänger so in ihrem verschrobenen Weltbild bestätigen zu können. Und da kann mir keiner erzählen, dass dies bei professionellen und in Deutschland führenden Medien wie der Zeit und der FAZ nur Zufall oder Unachtsamkeit ist …

Worauf der FAZ-Artikel noch hinweist: 2011 wurden wohl auch Grüne und Linke als nicht im Landesparlament vertretene Parteien eingeladen zu diesen TV-Runden vom SWR, allerdings wird dort (journalistisch m. E. etwas unsauber) nicht gesagt, auf welches Bundesland sich das nun bezieht, denn in Baden-Württemberg waren die Grünen ja nun zu dem Zeitpunkt schon vertreten. Ein durchaus berechtigter Hinweis, der aber trotzdem nicht entkräftet, dass eben FDP und Linke dieses Mal auch nicht eingeladen wurden. Da könnte man eher fragen, ob denn nun diese Änderung, wieder nur bisher im Landtag vertretene Parteien in der Runde zu Wort kommen zu lassen, eventuell mit der AfD zu tun hätte – das wäre dann durchaus ein diskussionswürdiger Ansatz, wie ich finde. Aber das geschieht ja leider nicht.

Neben diesem medial Fauxpas (um es mal nett zu formulieren) hat dieser Vorfall natürlich auch eine politische Dimension, denn die Aussagen von Malu Dreyer (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne) und dessen Stellvertreter Nils Schmid (SPD) stehen ja nun mal so im Raum, dass sie mit der AfD nicht vor einem Fernsehpublikum diskutieren wollen. Irgendwie ist das natürlich menschlich auch verständlich, denn AfD-Politiker zeigen sich ja in der Regel in Fernsehdiskussionsrunden ausgesprochen argumentationsresistent und sind vor allem darauf aus, sich selbst gut darzustellen (man denke nur an Björn Höckes dümmlichen Auftritt mit der Deutschlandfahne bei Günther Jauch in der ARD, womit er allerdings bei seinen Anhängern punkten konnte). Das sind keine angenehmen Diskussionspartner.

Andererseits ist es schon traurig, wenn Politiker nicht in der Lage sind, solchen Gestalten etwas entgegenzusetzen. Angriffspunkte gäbe es da genug, zum Beispiel dass AfDler ja durchaus schon häufiger in der Öffentlichkeit gelogen haben (s. dazu beispielsweise hier, hier und hier), sodass man erst mal grundsätzlich jede Aussage von denen in einer Diskussion anzweifeln sollte, zumal deren Gefasel ja in der Regel bei einer guten Vorbereitung auch schnell widerlegbar ist. Dann würde es sich auch empfehlen, nicht die Dampfplauderer von der AfD die Themen bestimmen zu lassen, sondern selbst die Initiative zu ergreifen und diese mal auf inhaltliche Punkte festnageln, zum Beispiel dass deren wirtschaftspolitische Vorstellungen sich eben genau gegen die Anhängerschaft der „kleinen, einfachen Bürger“ richten. Und schließlich sollte man auch zu einer Verbaleskalation bereit sein und sich nicht immer nur vor derartigem Vorgehen von AfDlern wegducken. Auch die Konsequenzen für die extrem exportorientierte deutsche Wirtschaft bei Wiedereinführung der D-Mark (ja nach wie vor eine wirtschaftspolitische Kernforderung der AfD) können mit ein bisschen volkswirtschaftlichem Wissen und rhetorischem Geschick kurz und bündig dargelegt werden, um so die AfD als das zu überführen, was diese Partei ist: eine inhaltsarmselige Ansammlung von rechten Aufwieglern. Aber dazu haben heutige Politiker anscheinend nicht das nötige Format …

So ist schon klar, wer nun als eigentlicher Gewinner aus diesem Vorfall hervorgeht: die AfD, die genau das geliefert bekommt, was sie für ihre eigene Legendenbildung braucht. Diejenigen in Deutschland, die sich zu Recht von der Politik abgehängt fühlen (und das sind ja immer mehr, da braucht man sich nur die stetig sinkenden Wahlbeteiligungen anschauen, s. dazu auch diese Interview mit Chantal Mouffe im Tagesspiegel) und die vielleicht eigentlich nicht mal politisch nach rechts tendieren, werden durch so was von der AfD angesprochen, da man sich vermeintlich gemeinsam in der Ausgrenzung erkennt. Um der AfD also weitere Wähler zuzuführen, braucht es genau eine derartige Täppischkeit von Medien und Politik. Oder steckt da vielleicht sogar Absicht dahinter …?

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

2 Gedanken zu „Die AfD darf nicht zur TV-Runde zu den Landtagswahlen im SWR“

  1. Ein Leserbrief hierzu erreichte uns von Mathias Schmitt:

    Ich meine du hast den richtig stellenden Punkt benannt: einige Politiker waren nicht bereit mit den afdlern in einer Fernsehrunde aufzutreten. Daraus wurde dann gemacht, dass die Sender die afd-Gestalten nicht einladen wollen. In diesem Falle hat die Berichterstattung die Kausal-Kette einfach mal verkürzt.

    Ich finde es auch ausgesprochen schwach, dass einige Politiker der etablierten Parteien anscheinend nicht fähig sind die afdler in einer Diskussion als das entlarven können, was sie sind: Demagogen ohne umfassendes Politik-Konzept.

    Und sich dann über die Medien-Politik Polens aufregen.

  2. Nachdem nun Julia Klöckner, die Spitzenkandidatin der CDU in Rheinland-Pfalz, ihre Teilnahme an der TV-Runde abgesagt hat, da sie die Ausgrenzung der AfD nicht akzeptabel findet, ist auch spätestens klar geworden, wer von diesem ganzen Vorfall profitieren wird: die CDU.

    Denn schließlich bedeutet ein Einzug der AfD in ein Parlament in aller Regel, dass es für Rot-Grün nicht mehr zur Mehrheit reichen wird. Nach der zunehmenden Selbstdemontage der SPD in den letzen Monaten (vor allem dank Sigmar Gabriel) dürfte erst mal auf absehbare Zeit die CDU bei Wahlen immer als stärkste Fraktion dastehen, sodass man sich den Juniorpartner aussuchen kann aus FDP, Grünen oder SPD.

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