Interessantes aus KW 29/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Die künstlerische Form des Protests ist meist kreativ oder provokativ. Bei ttt lief ein sechsminütiger Bericht über die Aktivisten von „12thMemoRise„, welche einen modernen Islam vertreten und natürlich entsprechend angefeindet werden. Auch auf Ihrem YouTube-Kanal finden sich zahlreiche Videos über deren Aktionen und ein Trailer für die Dokumentation „Glaubenskrieger“ (lief am 19. 7. in der ARD). [Dirk]

2. Wird Linksextremismus verharmlost? Diese Frage wurde nach dem G20-Gipfel in Hamburg gestellt. Wie blind der Staat auf dem rechten Auge ist (und wie der Verfassungsschutz die rechte Szene sogar schützt), dass war bereits in den letzten Wochenhinweisen zu lesen (siehe den Beitrag zu „Blood & Honour“). Bei Frontal21 liefert ein zweiminütiger Bericht nun Zahlen zu der anfangs genannten Frage. Kurz, knackig und eigentlich auch voraussehbar. [Dirk]

3. Schon mal was von Framing gehört? Das ist ein sprachwissenschaftlicher Begriff, der beschreibt, wie Wörter mit bestimmten assoziierten Inhalten verbunden werden, die dann entsprechende Wertungen, Vorstellungen oder auch Vorurteile aktivieren. Roberto J. De Lapuente erklärt dieses Phänomen in einem Artikel auf neulandrebellen und zeigt auf, wie auch die negierende Verwendung von bestimmten Begriffen ungewollte Assoziationen auslösen kann. Wichtig, um politische Sprache analysieren zu können – und leider ist bei Oppositionspolitikern das Wissen um dieses Phänomen anscheinend oft nicht sehr ausgeprägt. [Karl]

4. Ein Artikel im Tagesspiegel beschreibt eine der unschönen Auswirkungen der Ökonomisierung des Gesundheitswesens: Vor allem ältere Patienten werden einer Studie (Barmer-Krankenhausreport) zufolge immer öfter in Krankenhäusern in erster Linie nach wirtschaftlichen und nicht nach medizinischen Gesichtspunkten behandelt – was durchaus für den einzelnen Patienten eine gesundheitliche Verschlechterung zur Folge haben kann. Woran man mal wieder sehen kann: Gesellschaftlich relevante Infrastruktur gehört in öffentlich Hände! [Karl]

5. In einem Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik beschreibt Nadja Ziebarth vom BUND den desaströsen Zustand der Weltmeere aufgrund von Plastikmüll. Dabei zeigt sie die verschiedenen Arten von Plastik mit ihren spezifischen Problemen auf und weist zudem auf Lösungsmöglichkeiten hin, um dieser zerstörerischen, für Umwelt, Mensch und Tier gefährlichen Verschmutzung entgegenwirken zu können. Klar wird in jedem Fall: Es muss schnell etwas geschehen, und dabei kann jeder auch bei sich selbst anfangen. [Karl]

6. Und noch mal die Blätter für deutsche und internationale Politik: Dort wird in einem Artikel von Hauke Brunkhorst beschrieben, was die zwölf Jahren unter Angela Merkels marktfundamentaler Regierung angerichtet haben, und diese Bilanz fällt alles andere als positiv aus. Neben der zunehmenden Spaltung Europas ist diese Politik nämlich auch verantwortlich für das Erstarken rechtsnationalistischer Kräfte in ganz Europa. Sehr lesenswerte und detaillierte Beschreibung, die einem sinnvolle Hintergrundinfos zum Verständnis des derzeitigen politischen Status quo liefert. [Karl]

7. Nach den Randalen beim G20-Gipfel wird ja nun von vielen Medien und Politikern ein härteres Vorgehen gegen Linksextremismus gefordert. Dabei geht die größte Terrorgefahr in Deutschland immer noch von Rechtsextremisten aus, wie ein Artikel in der Stuttgarter Zeitung belegt. Darin geht es um eine Serie von rechten Terroranschlägen, die seit etwa einem Jahr in Neukölln vor allem lokale Politiker, Flüchtlingshelfer oder wer sonst noch als links gilt oder sich öffentlich gegen Rechtsextremismus äußert. Schon interessant, dass auch die mediale Resonanz bezüglich dieser Terrorserie kaum vorhanden ist – erst recht im Vergleich zu dem, was über die G20-Ausschreitungen berichtet wurde. Ach ja: Fahndungserfolge der Polizei bisher: null. [Karl]

8. Es geht immer offensichtlicher weiter in Richtung Totalitarismus, und Bayern geht voran. Klingt alarmistisch? Na ja, was da gerade im bayrischen Landtag beschlossen wurde und in der Süddeutschen Zeitung in einem Kommentar von Heribert Prantl scharf kritisiert wird, ist in jedem Fall etwas, das man eher in Ländern wie der Türkei oder Polen erwarten würde: Die sogenannte Vorbeugehaft war bisher auf 14 Tage begrenzt und kann nun auf einen unendlichen Zeitraum ausgedehnt werden. Das Brisante daran: Es reicht aus, als Gefährder eingeschätzt zu werden, ohne dass man eine Straftat begangen hat, um auf diese Weise weggesperrt zu werden. Rechtsstaat ade, kann man da nur sagen. [Karl]

9. In dieser Woche beschäftigte sich Panorama in der gesamten 30-minütigen Sendung mit dem G20 in Hamburg und den daraus resultierenden Fragen zum Thema Gewalt (sowohl vonseiten der Polizei als auch durch Radikale und Randalierer). Da die Sendung dabei vielschichtig und in mehrere Beiträge unterteilt ist, kann und möchte ich die komplette Sendung empfehlen. [Dirk]

10. Die Automobilindustrie – des Deutschen liebster Wirtschaftszweig. Nach dem Abgasskandal steht nun die nächste Sauerei ins Haus: Laut einem Artikel auf Spiegel Online haben die fünf größten deutschen Autobauer (BMW, Mercedes-Benz, VW, Audi, Porsche) über Jahre hinweg illegale Absprachen getroffen und so wie eine Art Kartell agiert. Tja, das sind dann die Konsequenzen des ja angeblich immer ach so effektiven freien Marktes, wenn nämlich die sinnvollen Regulierungen nicht mehr greifen und Marktmacht massiv missbraucht wird. [Karl]

11, In einem Artikel auf Telepolis beschreibt Tomasz Konicz, was den User nun beim Relaunch von Google News, immerhin die meistgenutzte Nachrichtensuche im Internet, erwartet: ein reduziertes Angebot, das auf weniger Quellen zugreift und weniger Detailtiefe bei einzelnen Themen bietet. Das ist natürlich ganz im ökonomischen und politischen Interesse derjenigen, die gern wieder die Deutungshoheit über die Informationsflut im Internet zurückhaben möchten. Gut also für große Verlage, schlecht für alternative Medien und den Nutzer, der so ein Stück weiter in die Verblödung geschickt wird. [Karl]

12. Passend zum vorherigen Hinweis: Auch Facebook plant ein Nachrichtenabo für seine User, die dann Artikel und Meldungen von bestimmten Verlagen bekommen, wie ein Artikel auf Netzpolitik.org berichtet. Die Medienkonzerne würden dann die Abogelder bekommen, Facebook hingegen die Zahlungsinformationen der Nutzer. Das ist nicht nur datenschutzrechtlich sehr bedenklich, sondern führt zu einer weiteren Fokussierung von User-Interessen auf einige wenige Medien. [Karl]

13. Die EU-Kommission beabsichtigt, das umstrittene Monsanto-Pestizid Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen. Passend dazu: ein etwa fünfminütiger Bericht der ARD-Sendung titel, thesen, temperamente (ttt). Darin geht es um den Fotografen Pablo Piovano, der in Argentinien Fotos von Menschen gemacht hat, die aller Voraussicht nach aufgrund des immensen Einsatzes von Glyphosat erkrankt oder missgebildet sind. Piovano sieht Glyphosat zweifelsohne als Verursacher dieses Leids von so vielen Menschen, er spricht sogar von einem Völkermord. Harter Stoff, aber angesichts der angestrebten erneuten Glyphosat-Zulassung extrem wichtig, sich derartige Folgen vor Augen zu führen. [Karl]

14. Tom Wellbrock geht in einem Artikel auf neulandrebellen, ausgehend von den Ausschreitungen in Hamburg beim G20-Gipfel, dem Phänomen der Gewalt in unserer Gesellschaft auf den Grund. Dabei analysiert er, wieso es zu einem stetig anwachsenden Gewaltpotenzial kommt und warum es verkehrt ist, dieses als außerhalb der Gesellschaft stehend zu betrachten, da auf Wut basierende Gewaltbereitschaft nämlich sehr wohl politisch induzierte gesellschaftliche Ursachen hat. Wellbrocks wenig erbauliche Prognose: Die Gewalt wird noch weiter zunehmen … [Karl]

15. Der verheerendste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, das Oktoberfest-Attentat von 1980, ist nach wie vor nicht hinreichend aufgeklärt worden. Nun könnte ein bisschen mehr Licht ins Dunkel kommen, da das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, dass Informationen über V-Männer, die von den Grünen und Linken angefragt wurden, auch an den Bundestag herausgegeben werden müssen, wie aus einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hervorgeht. Bisher hatte die Bundesregierung stets die Geheimdienste gedeckt, bei denen es nun wahrlich nicht verwunderlich wäre, wenn sie bis zum Hals mit in diesen mörderischen Anschlag mit drinsteckten. [Karl]

16. Über geplante Reduzierungen oder sogar ein Abschaffung von Bargeldzahlungen haben wir ja schon öfter berichtet. Nun berichtet ein Telepolis-Artikel von den Maßnahmen, die von Finanzkonzernen unternommen werden, um bargeldlose Zahlungen zu forcieren. Etwas mehr in die Tiefe geht zum gleichen Thema Jens Berger in einem Artikel auf den NachDenkSeiten, in dem er nicht nur die Funktionsweise von bargeldlosen Bezahlmethoden beschreibt, sondern auch genau darstellt, wie viel Geld einige Firmen damit verdienen – und zukünftig noch in viel größerem Maße zu bekommen hoffen. [Karl]

17. Jakob Augstein führte in der Freitag ein interessantes Interview mit Andrej Holm, in dem es um die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt in Berlin geht. Diese sind teilweise so dramatisch, dass immer mehr Menschen in ihrem Lebensstandard massiv abrutschen, da sie so viel Geld für Miete ausgeben müssen. Was man dagegen machen könnte, erläutert Holm ebenfalls. Und diese Entwicklung der Mieten ist ja nicht auf Berlin beschränkt, sondern in nahezu allen deutschen Ballungsräumen zu beobachten. [Karl]

18. Die Tourismusbranche in Griechenland boomt. Eigentlich eine gute Nachricht für das von der durch die Troika verordneten Austeritätspolitik gebeutelte Land. Allerdings kommt dieses Wachstum nur in den wenigsten Fällen den Beschäftigten zugute, die zu einem großen Teil unter miserablen Arbeitsbedingungen zu leiden haben, wie ein Artikel auf Spiegel Online berichtet. So sieht’s leider aus, wenn Marktfundamentalismus auf Menschen mit existenziellen Notlagen trifft … [Karl]

 

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Kollektiv

Gemischte Beiträge mehrerer Autoren.

Ein Gedanke zu „Interessantes aus KW 29/2017“

  1. Der erste Tipp dieser Wochenhinweise war eine Doku, die im Rahmen der Sendung ttt angekündigt wurde. Nachdem ich diese Doku nun komplett gesehen habe, rate ich von deren Konsum ab: Auch wenn der Mut und die Intention dieser Aktionen bewundernswert ist, so geht es doch um die One-Man-Show eines Egomanen (mit psychopathischen Zügen). Ich würde dem Hassan raten, mal mehr auf die anderen (insbesondere seinen großen Bruder) zu hören und sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Das „Wir“ kommt hier leider komplett zu kurz.

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