Interessantes aus KW 43/2018

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Dass die Geflüchteten den deutschen Steuerzahler sehr viel Geld kosten würden, ist ein beliebtes „Argument“ in rechten und auch sogenannten bürgerlichen Kreisen. Diese Aussage basiert allerdings auf einigen Denkfehlern, die ein Artikel auf Telepolis offenlegt. Zudem wird das Geld, was für die Transferleistungen für Geflüchtete ausgegeben wird, dort auch noch in Relation gesetzt zu Geldern, die durch Steuerhinterziehung und -vermeidung jedes Jahr den öffentlichen Kassen vorenthalten werden. Da weiß man dann auch gleich, warum ausgerechnet diejenigen, die von solchen Steuerbetrügereien profitieren, so gern die Geflüchteten als Sündenböcke präsentieren. [Karl]

2. Für der Freitag führte Jakob Augstein ein lesenswertes Interview mit Sahra Wagenknecht, in dem es natürlich um ihre neue Bewegung „Aufstehen“, aber auch um die „Unteilbar“-Demo und die AfD-Wähler geht. Wagenknecht bezieht darin erfreulicherweise deutlich Stellung gegen Rassismus und Nationalismus (was ihr ja beides immer wieder vorgeworfen wird) und erläutert nachvollziehbar, warum Sozialpolitik zurzeit nur von einzelnen Staaten gestaltet werden kann: Es gibt schlichtweg keine überstaatlichen Organisationen, die dafür zuständig wären. [Karl]

3. Zweimal was Interessantes von Der Volksverpetzer, beides zum gleichen Thema: der medialen und öffentlichen Aufmerksamkeit in Bezug auf skandalisierte Meldungen über Geflüchtete und den Cum-Ex-Skandal, dessen immer größerer Schaden gerade aktuell wieder durch die Presse ging. Wie ein Artikel von Thomas Laschyk nämlich feststellt, wird Letzteres nur mal kurz zu wenig nachhaltiger Aufregung genutzt, die allerdings wohl deutlich größer wäre, wenn Geflüchtete einen derartigen Milliardenschaden angerichtet hätten. Und Nasir Ahmad beschreibt in einem Artikel anhand von einigen Beispielen, wie sehr die Medienlandschaft dazu beiträgt, dass auf deutsche Straftäter wesentlich weniger fokussiert wird als auf nicht deutsche. So bekommen AfD und Co. immer mehr Futter geliefert für ihre Angstmacherei. [Karl]

4. Rayk Anders hat sich in einem Beitrag seines Videoblogs Headlinez mit den Portalen beschäftigt, welche die AfD in einigen Bundesländern online gestellt hat und in denen Schüler ihre Lehrer melden sollen, wenn diese nicht im Sinne der AfD unterrichten. Was darunter zu verstehen ist, ist wenig überraschend und natürlich mal wieder einseitig fremdenfeindlich und rassistisch – und offenbart, dass die AfD von einer Meinungspluralität gar nichts hält (wie bei Faschisten halt üblich). Zudem stellt Rayk jedoch fest, dass die Funktionalität dieser Onlinepranger praktisch so gut wie nicht gegeben ist, da die AfD derartige Beschwerden eh nur auf dem üblichen Amtswege weiterleiten kann. Es geht also mal wieder vor allem um plumpes und provokantes Marketing der Rechtspartei. [Karl]

5. Noch immer dominiert das Bild (gerade auch durch BILD) von Hartz-IV-Empfänger(innen), die den ganzen Tag faulenzen und RTL2 schauen die öffentliche Sichtweise. Die bekommen die Miete gezahlt und machen sich dann ein schönes Leben. Dass es aber praktisch immer schwieriger wird, überhaupt Wohnraum zu finden, der noch vom Jobcenter komplett finanziert wird, steht auf einem anderen Blatt. Ein achteinhalbminütiger Bericht auf panorama3 (NDR) zeigt, wie häufig die „angemessenen Mieten“ eben nicht mehr ausreichend sind. Was ist an „Grundsicherung“ so schwer zu verstehen? [Dirk]

6. In einem anderen Beitrag auf panorama3 (NDR) geht es um die öffentlichen Verkehrsmittel und wie diese in Städten attraktiver gemacht werden können. Neben dem zehnminütigen Bericht finden sich noch zahlreiche Informationen auf der Beitragsseite. In Zürich wurde zur Reduzierung des Verkehrs bereits vor Jahrzehnten ein radikaler Ansatz befeuert: Es wurden Parkplätze gestrichen, Ampelphasen verlängert und die Nutzung des Automobils schlichtweg unattraktiver gestaltet (natürlich nicht ohne die öffentlichen Verkehrsnetze gleichsam attraktiver zu machen). Dann mal zu! [Dirk]

7. Kritik am sogenannten UN-Migrationspakt kommt zurzeit leider vor allem von der AfD, dabei wäre es auch von Links sinnvoll, sich dagegen zu positionieren. Norbert Häring erläutert in einem Artikel seines Blogs, wieso dieser Pakt eben nicht das halten wird, was offiziell verlautbart wird, sondern vielmehr weiter dazu führen wird, die Wirtschaft der Länder der nördlichen Hemisphäre auf Kosten des globalen Südens anzukurbeln. Wobei es auch im Norden etliche Verlierer dieser Entwicklung geben wird, da diese eben nur auf Konzerninteressen ausgerichtet ist. Na ja, wenn schon die Bundesregierung maßgeblich an der Gestaltung so eines Pakts mitwirkt, dann kann da ja auch nichts Vernünftige bei rauskommen … [Karl]

8. Die AfD profiliert sich ja vor allem durch Angstmacherei. Dabei besteht eher Anlass, vor AfDlern Angst zu haben, wie zwei Meldungen belegen: Ein Artikel auf regensburg-digital berichtet von einem Vorfall nach einer AfD-Veranstaltung, bei der AfD-Mitglied Tim K. mit einer Schreckschusspistole auf Gegendemonstranten geschossen hat, und laut einer Meldung der Frankfurter Rundschau hat ein AfD-Wahlhelfer in Frankfurt nach einem Streit mit einem Passanten eine scharfe Pistole gezogen. Und mit dem Messer können die es auch, wie aus einem Artikel in der Hamburger MoPo hervorgeht: Bereits im September ist da ein AfD-Mitglied an einem Wahlkampfstand mit dem Messer auf eine Mann losgegangen. [Karl]

9. Über den Cum-Ex-Skandal kann man gar nicht oft genug berichten, zumal ja viele der Mainstream-Medien das Thema weitgehend totschweigen. Damit befasst sich auch ein Artikel auf VICE, in dem der Frage nachgegangen wird, warum wir uns über vermeintlichen „Kleinigkeiten“ aufregen und es deswegen öffentliche Diskussionen gibt, der größte Steuerbetrug in der europäischen Geschichte hingegen bisher noch in keiner einzigen Talkshow thematisiert wurde. Klar, da wurde ja auch die Kriminalität derjenigen offensichtlich, die gern mit ihren Machenschaften im Dunkeln bleiben und auch alle (medialen und politischen Möglichkeiten zur Verschleierung haben. [Karl]

10. Die Bundesregierung will den Solidaritätszuschlag schrittweise abschaffen, um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. Warum dieses Ansinnen so eine dreiste Lüge ist, erläutert Ulrike Herrmann in einem Kommentar in der taz, denn schließlich zahlen vor allem höhe Einkommen diese Abgabe. Also mal wieder Politik für diejenigen, denen es eh schon gut geht, und die SPD macht brav und fleißig dabei mit. Besonders perfide: Das Ganze soll erst 2021 umgesetzt werden, sodass sich dann die nächste Regierung mit den fehlenden Einnahmen rumärgern darf. [Karl]

11. In einem Artikel für der Freitag entwirft Stephan Schulmeister zwei Szenarien, wie der Neoliberalismus, dessen Scheitern immer offensichtlicher wird, zu Ende gehen könnte. Dabei liefert er zunächst einmal einen historischen Abriss, der darstellt, wie diese Ideologie überhaupt ihre (wirtschafts-)politische Dominanz entfalten konnte, um dann die derzeitige Sackgasse aufzuzeigen, in die man sich damit manövriert hat. Dieser langfristige Blick erlaubt dann auch eine stimmige Analyse und daraus abgeleitete Prognosen. [Karl]

12. Facebook und YouTube haben in den USA kurz vor den dort anstehenden Wahlen zum Repräsentantenhaus die Kanäle von etwa 800 kritischen oppositionellen Seiten gelöscht. In einem Artikel auf Telepolis beleuchtet Jörg Gastmann nun nicht nur die Hintergründe dieses zutiefst antidemokratischen Vorgehens, sondern zeigt auch auf, welche Konsequenzen dies für den öffentlichen Debattenraum, den Facebook und YouTube ja in quasi monopolistischer Art und Weise darstellen, haben dürfte. Da wird dann die Forderung nach einer demokratisch kontrollierten öffentlichen digitalen Social-Media-Infrastruktur nachvollziehbar. [Karl]

13. In der EU ist Geldwäsche im ganz großen Stil nach wie vor an der Tagesordnung, wie ein Artikel von Harald Schumann im Tagesspiegel berichtet. Doch liegt der Fehler hierbei einmal nicht bei der EU, sondern bei den Regierungen der Einzelstaaten, die aus nationalem Egoismus (man will schließlich keinen Geldfluss ins Land unterbinden) die EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche nicht wirklich umsetzen. Es wäre also sinnvoll, in einem gemeinsamen Binnenmarkt auch gemeinschaftliche Institutionen zu schaffen, die Derartiges unterbinden könnten – allein es fehlt offensichtlich der politische Wille dazu. [Karl]

14. Leider wenig Überraschendes geht aus einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hervor: Nachdem in den deutschen Ballungszentren doe Mieten in den letzten Jahren explodiert sind, ziehen nun auch kleinere Städte nach, sodass die Menschen auch dort immer mehr Geld fürs Wohnen ausgeben müssen. Kein Wunder, denn die Mietpreisbremse ist ja nun nicht mehr als ein Papiertiger, und aufgrund der niedrigen Kapitalmarktzinsen drängen immer mehr Investoren mit hohen Renditeerwartungen in den Wohnungsmarkt. So wird das Begleichen der Miete für immer mehr Menschen zu einer existenziellen Bedrohung – und die Umverteilung von unten nach oben wird so auch noch weiter forciert. [Karl]

15. Die „Neuen deutschen Medienmacher“ haben einen Preis aufgerufen: die Goldene Kartoffel. Diese Auszeichnung ist allerdings wenig schmeichelhaft für ihren Empfänger, denn sie wird an Journalisten und Radaktionen verliehen, die sich durch besonders diskriminierenden und einseitige Berichterstattung auszeichnen. Kein Wunder also, dass der erste Preisträger laut einem Artikel in der taz BILD-Chefredakteur Julian Reichelt ist. Herzlichen Glückwunsch! [Karl]

16. In einem Artikel auf ze.tt von Zeit Online plädiert Jessica Wagner für ein Drei-Tage-Wochenende. In einigen Ländern (Schweden, Neuseeland) wurde damit ja schon positive Erfahrungen gemacht, und nun belegt Jan De Neve von der Universität Oxford mit seiner aktuellen Forschung, dass eine solche Arbeitszeitverkürzung nicht nur die Work-Life-Balance der Angestellten verbessern, sondern auch deren Produktivität erhöhen würde. Klingt logisch: Wer zufriedener ist, arbeitet auch konzentrierter und effektiver. Leider dürfte es dennoch schwierig sein, am Dogma der 5-Tage-40-Stunden-Woche zu rütteln. [Karl]

17. Unschöne Aussichten! In Brasilien könnte heute der Rechtsradikale Jair Bolsonaro zum Präsidenten gewählt werden. Der machte bereits in der Vergangenheit durch diskriminierenden Aussagen gegenüber Frauen, Homosexuellen und Schwarzen von sich reden und findet die ehemalige Militärdiktatur richtig prima. Nun hat er gerade aktuell, wie aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung hervorgeht, seinen politischen Gegnern gedroht, sie nach einem Amtsantritt zu inhaftieren oder aus dem Land zu jagen. Nach dem Staatsstreich der Neoliberal-Marktradikalen um Noch-Präsident Temer vor gut zwei Jahren droht Brasilien nun als Reaktion darauf in den offenen Faschismus abzurutschen. [Karl]

18. Der Soziologe Michael Hartmann hat häufig Interessantes zu sagen. So auch in einem Interview mit Kontrast.at, in dem er den häufig verwendeten Begriff „Elite“ konkret definiert, die dazugehörigen Menschen beschreibt und deren demokratiegefährdendes Treiben eindeutig benennt. Die Entwicklung der letzten Jahre geht problematischerweise nämlich dahin, dass sich die Eliten zunehmend aus sich selbst rekrutieren und somit immer weniger Bezug zum Leben von „normalen“ Menschen haben, auf das sie durch ihre Entscheidungen jedoch großen Einfluss nehmen. [Karl]

19. In einem Artikel auf den NachDenkSeiten äußert sich Albrecht Müller sehr zu Recht kritisch dazu, dass die beiden Chefredakteure von ARD und ZDF, Kai Gniffke und Peter Frey, der Einladung zu einer AfD-Veranstaltung gefolgt und die rechtsextreme Partei somit ein Stück weit „geadelt“, zumindest ihr den Anschein von politischer Normalität verliehen haben. Das ist nicht nur gute Werbung für die AfD, sondern zudem auch noch ein fatales politisches Zeichen für potenzielle AfD-Koalitionspartner (vor allem CDU/CSU). Und vermutlich dürfen wir uns dann zukünftig auf noch stärker AfD-freundliche Berichterstattung und viele Einladungen in Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender gefasst machen. [Karl]

20. Und weil es nach wie vor wichtig ist, soll auch noch mal darauf hingewiesen werden, dass laut einem knapp fünfminütigen Beitrag vom Deutschlandfunk (liegt auch in transkribierter Form vor) die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Naumburg im Fall Oury Jalloh, der in einer Dessauer Polizeizelle aller Wahrscheinlichkeit nach ermordet wurde, demnächst eingestellt werden sollen. Ob die Wahrheit hier wohl jemals ans Licht kommen wird? [Karl]

21. Eine absolut informative und spannende 58-minütige Doku lieferte arte vor einigen Tagen: „Fake America Great Again“. Die französische Dokumentation aus diesem Jahr zeigt auf, wie Donald Trump mit 77.000 Stimmen zum Präsidenten wurde, obgleich er fast drei Millionen Stimmen weniger als Hilllary Clinton erhielt. Ein geschickt eingefädelter Clou über das System der Wahlmänner mithilfe von Investor Robert Mercer, Breitbart News, der Datenfirma Cambridge Analytica und Facebook. Noch bis Januar 2019 in der Mediathek zu bestaunen. [Dirk]

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