Julia Friedrichs: Ideale

Der Untertitel Auf der Suche nach dem, was zählt gibt die Intention der Autorin recht gut wieder. Ausgangspunkt dieses Buches ist eine Silvesternacht, in der die Journalistin und Bestsellerautorin (Gestatten: Elite) Julia Friedrichs am Bett ihres noch nicht mal einjährigen Sohnes steht, diesen beim Schlafen beobachtet und sich fragt, wie die Welt wohl aussehen wird, wenn er mal alt sein wird. Ausgehend davon, versucht sie zu ergründen, welche Ideale Menschen haben, die sie selbst als tatsächliche oder potenzielle Vorbilder sieht. Dabei führt sie Gespräche mit recht unterschiedlichen Personen, zum Beispiel Gerhard Schröder, Rezzo Schlauch, Hans-Christian Ströbele, Ingo Schulz und Günther Grass, aber auch mit nicht berühmten Leuten, wie einer Kindergärtnerin, einem Hedgefonds-Manager oder einer Chirurgin (Alice Schwarzer weigert sich allerdings beharrlich, mit Julia Friedrichs zu sprechen). Hierbei kommen sehr verschiedene Sichtweisen vom Idealismus zutage.

Das Buch ist dabei nicht in Interviewform geschrieben, sondern die Gespräche sind eingebettet in die eigenen Überlegungen der Autorin. Sie selbst nimmt sich nämlich auch einiges vor, um die Welt zu einem besseren Platz machen zu können. Und im Laufe ihrer Erkundungen stellt sie zudem recht interessante Betrachtungen an, beispielsweise zu den Cayman Islands oder zur Anti-Gutmenschen-Kampagne. So bleibt die Lektüre stets abwechslungsreich und kurzweilig.

Julia Friedrichs versucht, den unterschiedlichen Sichtweisen Raum zu geben, sodass diese sich ausführlich darstellen können. Sie reflektiert dabei, inwiefern sich das mit ihren Vorstellungen von Idealen deckt, und wertet natürlich irgendwann auch, wobei ich nicht den Eindruck habe, dass sie hierbei leichtfertig vorgeht. So ergibt sich interessanter Blick darauf, was Menschen antreibt, Dinge zu machen, und welche unterschiedliche Vorstellungen von Idealismus es gibt. Dabei wird dann allerdings auch schnell klar, dass einige Formen davon ausgesprochen destruktiv sind und die konstruktiven nicht unbedingt die sind, die sich kurzfristig für den Einzelnen besonders auszahlen.

Mich hat das Buch angeregt, mein eigenes Handeln zu reflektieren, darüber nachzudenken, was ich mache und was ich besser machen könnte. Und das ist, finde ich, schon mal ein sehr gutes Resultat, sodass ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen möchte.

Nähere Informationen zum Buch gibt es hier – aber bitte besser beim Buchhändler um die Ecke kaufen.

Print Friendly, PDF & Email

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Schreibe einen Kommentar